Weitere Enthüllungen
Schon einmal Tree-Jumping trotz lähmender Höhenangst versucht oder mit einer Gruppe rückwärts aus fünf Metern angeseilt in die Tiefe gefallen? Dann hast Du wahrscheinlich noch kein Introduction-Training mitgemacht wie Tina es erleben durfte…
Eine Woche in Malvern
Das so genannte Introduction-Training in Malvern war eine abwechslungsreiche Woche. Mit dabei waren natürlich Vedana und ich, Conny und Martin aus Österreich, die in einem Projekt mit Behinderten arbeiten, Samar und Andrez aus Palästina, Katja und Peter aus der Slowakei, Johnny aus Polen, Solainne aus Frankreich, die auf einer Biofarm untergebracht ist, und Alessia und Elena aus Italien.
Beherbergt waren wir im Malvern Outdoor Center, etwa zwei Stunden nordöstlich von Slimbridge. Wir hatten ein gemütliches und zur Abwechslung sogar sauberes Häuschen für uns.
Nach den üblichen Im-Kreis-Sitzen-und-Kennenlern-Spielchen hatte ich zwar keine rechte Lust mehr, aber immerhin alle Namen im Kopf. Wir hatten dann täglich etwas "Unterricht" über unsere Rechte und Pflichten im EVS-Programm, Probleme bei internationaler Kommunikation und so weiter. War meistens doch ganz spannend.
Es gab auch ein paar Gruppenprojekte. Ich beschäftigte mich mit Elena, Conny und Solainne mit der keltischen Kultur. Was gut gepasst hat, denn Solainne kommt aus der Bretagne, wo es ja auch noch jede Menge Spuren der Kelten gibt. Die Präsentationen haben die Gruppen dann zum Glück alle nicht so ernst genommen und so wurde es ein großer Spaß. Und so konnte ich auch noch nicht verlernen, mit seltsamen Brainstorming-Ergebnissen und Polylux umzugehen.
Die Abende im Pub waren auch gute Unterhaltung mit Fußball auf Grossbildschirm, Pool und Dart. Außerdem haben wir einige nette Wanderungen in die Malvern Hills gemacht. Einmal hatten wir dabei die beste Sicht, um Zeugen eines Grossbrandes zu werden. Dann haben wir Fußball gespielt – Hackysacken kann hier niemand – und dabei gab’s eine kleine Karambolage und ich habe mir einen blauen Zeh geholt und war kurz bisschen weinerlich.
Mutproben
Aber am nächsten Tag war alles wieder gut. Und sogar noch besser, denn wir hatten unser Actvity-Programm. Dabei wurden wir alle mit Sicherheitsgurten umwunden und auf fünf Meter hohe Pfosten geschickt, um uns dann im Kreis an den Händen zu halten und nach hinten fallen zu lassen. Das war schon einmal ein Erlebnis, zumal ein Kreis gleich auseinander gefallen ist und wir erst mal kreischend ein Stückchen auf den Erdboden zugefallen sind.
Aber das Dickste kam noch: Tree-Jumping! Dafür klettert man eine wacklige Strickleiter zwölf Meter hoch in einen Baum, springt und wird erst kurz überm Boden vom Seil abgefangen. Mit meiner Höhenangst war das natürlich nicht das Allerschlauste. Und so stand ich mit zitternden Knien oben und wollte mich nicht mehr vom Fleck rühren. Und dann Augen zu und brüllen! Als ich unten war hab ich erst mal drei Stunden lang gegrinst. So high war ich ja schon lange nicht mehr.
Nach diesem Highlight musste sich unsere lustige Gruppe auch schon verabschieden. Ich schätze, es wurden ungefähr 100.000 Digitalfotos und davon 10.000 Gruppenfotos geschossen. Das hat schon irgendwann genervt. Aber es war schön, ein paar Tage mit anderen, motivierten Ausländern zu verbringen, die auch auf der verrückten Insel gelandet sind.
Unsere überragende Betreuerin Lorraine haben wir am letzten Abend im Pub zum Gitarrespielen angemeldet. Sie schien erst mal nicht so begeistert. Aber „Augen zu und durch“ sollte ja für jeden Mal das Motto sein. Und, als dann das schon oft gespielte christliche Lied die düstere Pubatmosphäre erhellte, hatten wir noch mal einen schön sentimentalen Abschiedsmoment.
Hallo Amrita
Dann haben wir eine neue Mitbewohnerin: Amrita aus Indien. Sie studiert Tiermedizin in der Nähe von London und wuselt hier im Labor mit den Blutproben rum. Außerdem kennt sie wunderbare zynische und verarschende englische Redewendungen, die ich alle lernen muss. Diese Woche hat sie ein indisches Dinner für uns vorbereitet, war absolute Spitze. Und sie hat ein paar interessante paranoide Theorien mit ins Hostel gebracht. Zum Beispiel, dass wir kein warmes Wasser aus der Leitung benutzen sollen, denn da wären ja Chemikalien drin. Und der Vorzeige Schilf-Wasserfilter vom Trust wäre ja durch das stagnierende Wasser ein Gefahrenherd sondergleichen und ein Kleinod der Freude für Bakterien, Viren und alles, was sonst noch Epidemien begünstigt.
Mit ihr war ich zu einem weiteren Event, dass meines Wissens nur Engländer zelebrieren: Cheeserolling. Der Hang ist steil, es wird ein Käse runtergerollt und ein paar Verrückte rennen oder fallen hinterher. Und wir schauten in der Hoffnung zu, ein paar spektakuläre Stürze zu sehen - wovon es dann auch einige gab.
Was war sonst noch?
In Slimbridge gehen gerade die besucherstärksten Tage des Jahres - Downy Duckling Days - zu Ende. Das ganze hatte den Vorteil, dass manchmal so viele Besucher-Gruppen durch die Gegend geführt wurden, dass wir teilweise unsere Arbeit nicht machen konnten.
Ansonsten hatte sich für mich eigentlich nicht viel geändert. Dann gab es eine Hundeshow auf dem Trustgelände, auch so eine englische Marotte. Jeder bringt seine Promenadenmischung mit, zieht sie im Kreis hinter sich her und dann gibt es Preise für das beste Schwanzwedeln und so weiter. Das ist eine gute Überleitung zu einer anderen englischen Eigenart, über die ich bisher nicht gewagt habe zu schreiben. Sie führen ihre Kleinkinder an der Leine! Dabei wirkt die Zugkraft zwar nicht ausschließlich auf den Hals, sondern auf das Oberkörperchen und es pieken auch keine Stacheln nachdrücklich in die zarte Haut. Aber der Anblick ist nach wie vor gewöhnungsbedürftig.
Mit Phoebe und Vedana hatte ich einen lustigen Shoppingtrip. Ich habe aus Versehen eine Sonnenbrille geklaut, als wir von einem Laden zum nächsten gehetzt sind, um eine zweite Hose für Vedana zu finden. Denn sie hat für ihren neunmonatigen Aufenthalt nicht so viele Sachen mitgebracht. Später hat Phoebe Nasenbluten gehabt – und mir ist auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen, als zum Kaffeestand zu rennen und in meinem holprigen Englisch irgendwas von einem Unfall zu babbeln um ein paar Servietten zu bekommen.
Jetzt teil ich mir glücklicherweise eine Weile das Zimmer mit Phoebe. Und ich bin ihr dankbar, dass sie ihre Wäsche in der Waschmaschine wäscht anstatt dass ich täglich neue, per Hand gewaschene Wäschestücke auf der extra zum Trocknen angemachten Heizung bewundern muss. Außerdem habe ich einfach mehr Zeit, mal alleine oder mit anderen Mitbewohnern rumzudusseln, da Phoebe ab und zu ihr eigenes Ding macht und gelegentlich ein paar Tage wegfährt.
Demnächst werde ich wohl auch etwas mobiler werden. Nächstes Wochenende will ich Gesine in Bournmouth besuchen und zwei Wochen später werd ich ein paar Tage bei meinen Lieben in Berlin verbringen können. Dann kommen auch schon bald Janchen, Jan, Mama und Papa zu Besuch. Muss Euch ja Alles zeigen!