Järgmine peatus: Linnu tee
„Tadaaa! Gestern konnte ich meine ersten zwei Monate (ich kann es noch gar nicht glauben) in Estland feiern! Seitdem ist Einiges passiert, und es wird wieder einmal Zeit, darüber Zeugnis abzulegen.“ Zum Beispiel von überraschenden Plattenbauwohnungen und sanften Frauenstimmen.
Tadaaa! Gestern konnte ich meine ersten zwei Monate (ich kann es noch gar nicht glauben) in Estland feiern! Seitdem ist Einiges passiert, und es wird wieder einmal Zeit, darüber Zeugnis abzulegen.
Wichtigster Punkt: Ich bin in meine endgültige Wohnung, besser gesagt WG, eingezogen. Und Überraschung: 1. Stock im Plattenbau, aber was für ein Komfort! Wir haben Waschmaschine mit integriertem Trockner, Mikrowelle, Fernseher, MP3-Stereoanlage, Wasserkocher und zwei Badezimmer für vier Leute. Denn ich wohne ja mit Catherine, Dwaine (beide aus den USA) und Steve aus England zusammen. Bis jetzt komme ich gut mit ihnen aus. Und so wird aus meinem europäischen Freiwilligendienst jetzt auch ein internationaler…;-) Nur mit dem Aufräumen und dem Putzen klappt es noch nicht ganz so gut, wir werden wohl bald einen Plan erstellen. Gut, dass ich vor dem Studium schon mal ein bisschen WG-Erfahrung sammele.
Mein Projekt läuft so weit ganz gut: Die Leute sind alle sehr nett, sie sehen viele Sachen sehr locker („Ach, es ist nicht schlimm, wenn Du heute nicht kommst.“ „Weißt Du, wir konnten Dein Geld für Oktober noch nicht überweisen, da unser Bankkonto überzogen ist.“ „Heute Abend ist eine Wodka-Party, willst Du mitkommen?“). Daran musste ich mich erst einmal gewöhnen.
Ich arbeite hauptsächlich mit meinem „Team“ zusammen, mit Jana, Rain und Ira. Sie helfen mir bei den Vorbereitungen für den Conversation Club am Wochenende, organisieren Treffen mit interessanten Gästen, die Exkursionen, beantworten meine Fragen rund um die Schule, wenn ich mal einen DVD-Player brauche, um dem Deutsch-Club „Good bye Lenin“ zu zeigen. Oder helfen, wenn ich wieder einmal vergessen habe, die Alarmanlage auszustellen, und mich nach fünf Minuten in tosendem Geheule mit ein paar russischen Security-Leuten wiederfinde.
Die Arbeit mit den Kindern an sich macht mir Spaß. Die Beteiligung ist zwar noch mäßig, aber Jana und Rain sagen immer, dass es für September und Oktober hier normal ist, da alle noch vom „relativ“ guten Wetter profitieren wollen, bis es von November an hier dunkel und ungemütlich wird. Ein bisschen habe ich davon auch schon Angst, aber mit einer ordentlichen Portion Optimismus werde ich das schon überstehen. Auch, und vor allen Dingen, weil ich schon ein paar gute Bekanntschaften und Freundschaften geschlossen habe.
Die Freiwilligen, die ich hier in Tallinn kenne, sind echt klasse, auch wenn sie alle verschieden sind. Da ist Svenja (svenschka), deren Einträge Ihr ja auch hier alle verfolgen könnt, und die EstYes-Freiwilligen, die „Endla 66“ wohnen. Diese Wohnung ist buchstäblich eine Bruchbude, mit einem kaputten Duschvorgang, ständigem Stromausfall, zerbrochenen Fensterscheiben, und vier mehr oder weniger verzweifelten Freiwilligen (Mark aus Ungarn, Isabelle und Laure aus Frankreich und seit Neuestem auch Corinna aus Bayern). Sie sind einfach nur klasse, und wir unternehmen viel zusammen: Joggen mit Laure (was ich schon seit mindestens einem Jahr nicht mehr gemacht hatte, Danke nach Frankreich…), regelmäßiges Mittagessen mit Mark und Isabelle und Tarot spielen (französisches Kartenspiel). Außerdem ist meine Wohnung auch nur fünf Minuten mit dem Trolleybus entfernt.
Apropos Trolleybus (ein „O-Bus“ würde man im Deutschen glaube ich sagen, auf jeden Fall ein sehr gängiges Transportmittel in Tallinn): Ich glaube ich habe mich in die Frauenstimme des Trolleybusses verliebt. Wenn sie die nächsten Haltestelle ansagt, besonders „Linnu tee“, könnte ich immer dahin schmelzen. „Järgmine peatus: Linnu tee“… Leider geht „Linnu tee“ immer recht schnell wieder vorbei, und des Öfteren hat es mich schon gereizt, einfach wieder auszusteigen, den Bus in die andere Richtung zu nehmen, und noch mal diesen weichen Klang zu hören: “Linnu tee“….das t fast so weich wie ein d gesprochen….Ein Traum!
Genau wie der Rest des Estnischen, auch wenn es schwer ist. Aber ich habe mich einfach in diese Sprache verliebt! Der Sprachkurs mit den anderen Freiwilligen, auch denen, die nicht aus Tallinn kommen, wie Anna aus Maidla und den Volunteers aus Imastu, am Freitag morgen ist zwar sehr nett, aber bei weitem noch nicht ausreichend für so eine komplexe Sprache. Daher haben Mark und ich überlegt, ob wir nicht noch einen zweiten Kurs zusätzlich machen sollten. Aber das ist Zukunftsmusik!
Apropos Musik: Ich habe einen Chor gefunden, und werde nächsten Dienstag das erste Mal hingehen. Bin schon aufgeregt! Bis dahin schwelge ich in Erinnerungen und träume von
„Järgmine peatus: Linnu tee“…