Irische Erzählungen
Nach etwas erfolgloser Hochseefischerei war für Paul ein Daytrip angesagt. Per Bus ging es nach Ballycotton, einem kleinen irischen Fischerdörfchen, um Ruhe zu tanken. Eine Woche später folgte ein Wochenende in Galway, wo er eine beeindruckende Küstenlandschaft kennen lernte.
Ja, das ist nun mal so mit der Muse. Mal ist sie da, dann geht sie einfach und sagt nicht, wann sie wieder kommt, die blöde Kuh. Doch jetzt ist sie wieder da, und nun berichte ich wieder mal von meinem irischen Dasein. Gibt es nicht irgendein Buch, das „irische Erzählungen“ heißt… ... Nun chronologisch: Am vorletzten Donnerstag wurde wieder einmal vom Day Centre das sehr beliebte Fischen angeboten. Das heißt, dass einige Angestellte mit etwa acht ‚service usern’ zum Fischen fahren. Dieses mal gab es einen ganz besonderes Schmankerl: Wir waren nämlich Hochseefischen. Gegen zehn sind wir mit dem einem Kleinbus zum Hafen gefahren worden und sind dort auf ein kleines Boot gestiegen, mit welchem wir zum Ende der Bucht, an der Cork liegt, gefahren sind. Wir haben unsere Angeln ins Wasser gehalten in der Hoffnung, dass etwas anbeißt. Es hat sogar geklappt, wir haben zusammen etwa zehn Fische gefangen. Doch leider war mein Anteil dabei sehr gering. Kein Fisch wollte sich von mir herausholen lassen. Und noch eine Sache habe ich an diesem Tag gemerkt: Fischen ist ein todlangweiliger Sport. Man steht da so auf dem Dampfer und denkt sich: Könnte da jetzt bitteschön mal etwas passieren... „Mir ist langweilig, so schrecklich langweilig ohne Dich [, den Fisch]“. Da es ein schöner, sonniger Tag war, habe ich die Bootsfahrt viel mehr genossen als das Fischen an sich. Ich habe einige schöne Aussichten erblickt und lichtschreiberisch festgehalten. Komischerweise waren alle anderen voll begeistert davon, und wollen es so bald wie möglich wieder machen. Ich kann das nicht nachvollziehen, jedoch jedem das Seine. ... Am Wochenende darauf sind Andreas, Sebastian (beide aus Oldenburg) und ich nach Ballycotton gefahren. Ich habe nicht so recht die Ahnung, warum der Ort heißt, wie er heißt. Aber an der Baumwolle wird es wohl nicht liegen… Wir wollten einfach mal einen Tagestrip unternehmen und etwas anderes sehen als die Stadt. Ballycotton ist ein kleines, semitouristisches Fischerdörfchen östlich von hier. Vielleicht kann man durch den Busfahrplan auf die Größe einer Stadt schließen: Es fahren nur zwei Busse am Tag dort hin, welche wir verständlicherweise auch genommen haben. Nach einer einstündigen Busfahrt sind wir ausgestiegen und haben kaum glauben können, was wir hörten: Nichts! Es war dort totenstill. Nach drei Monaten in der Stadt ist man richtig begeistert, wenn man mal nichts hört. Keine anderen Menschen, keine Autos, keine Obdachlosen, Nichts. Da wir etwa sieben Stunden Zeit hatten, haben wir uns entschlossen, an den Klippen entlang zu laufen. Das war eine Art Vogelschau-Wanderweg. Wir waren etwa vier Stunden unterwegs, doch gelaufen sind wir vielleicht eine.
Zwischen Pausen machen und noch mehr Pausen machen haben wir Pausen gemacht und das Meer beobachtet, Photos gemacht, geschaut, wie kalt das Meer ist (ca. 12mm), und unsere mitgebrachten Snacks verzehrt. Nach einer Rundtour wieder im Ort angekommen haben wir uns im lokalen Tante-Emma-Laden verpflegt und sind dann in den Pub gegangen, um dort auf den Bus zu warten. Das Problem an dem Ganzen war, dass es in dieser Kneipe eine offene Feuerstelle gab, die sehr üppig genutzt wurde. Also, fünf Stunden an der frischen Meeresluft, ein voller Magen und sich dann in einen pupwarmen Pub setzten... Das haut sogar den Fittesten um, wie das beiliegende Bild beweist.
Am letzten Wochenende habe ich mir einen Tag frei genommen und bin nach Galway gefahren, das in der Mitte der Insel an der Westküste liegt. Es leben dort acht Freiwillige, die dort mit Simon arbeiten, somit konnte ich kostenlos schlafen. Nach einem Arbeitstag und einer vierstündigen Busfahrt endlich angekommen bin ich sofort ins Bett gefallen. Am nächsten Morgen bin ich erstmal auf Auskundschaftungstour durch die Stadt gegangen. Galway ist sehr touristisch aber trotzdem schön. Das ist so der Ort, den jeder besuchen muss, der in Irland ist, vergleichbar mit dem Brandenburger Tor in Berlin. An diesem Tag bin ich Empfehlungen gefolgt und an die Nordküste der Bucht gefahren, an der die Stadt liegt. Leider war das nichts Besonderes.
Am nächsten Tag habe ich das richtige touristische Programm durchgezogen und bin an die Cliffs of Moher gefahren, vergleichbar mit dem Reichstag in Berlin... Gegen zehn ging es los und ich bereue nichts: Auf dem Weg zu den Cliffs ist der Bus durch eine Landschaft die sich The Burren nennt gefahren. Die Sonne hat in einem sehr steilen Winkel auf die Landschaft geschienen und es war eine Augenweide. Zwischen den ganz kargen, felsigen Hügelkuppen haben sich sattgrüne, mit Kühen bevölkerte Weiden erstreckt. Das war wirklich wunderschön da durch zu fahren. Ihr glaubt gar nicht, wie grün das war, vor allem mit dem Gedanken, dass es Mitte Dezember ist.
An den Klippen angekommen habe ich mich erstmal über die irische Genauigkeit aufregen müssen. Ich habe gehofft, dass ich etwa sechs Stunden Zeit habe, um die Klippen zu besichtigen, wie es auf dem Busfahrplan stand. Gut, dass ich noch mal den Busfahrer gefragt habe, ob der Abendbus auch wirklich fährt, sonst wäre ich wahrscheinlich immer noch auf dem Weg nach Hause. Den Abendbus gibt es nämlich nur im Sommer. Eine Stunde hatte ich, um mir diese Abgründe anzuschauen. Unter Zeitdruck ging es dann los, doch es hat sich gelohnt. Auf Fotos sieht man das nicht immer, aber es ist wirklich verdammt hoch: 230 m freier Fall. Echt atemberaubend! Leider wollte mir die Sonne auch keine schönen Photomomente gönnen, weswegen ich auf jeden Fall noch mal im Sommer diese Gegend besuchen muss. Hoffentlich ist dann die Sonne auf meiner Seite der Wolken und ich kann den Abendbus nehmen.
Leider sind die Klippen von zu verdammt vielen Leuten bevölkert, was aber auch verständlich ist. Es ist wirklich prachtvoll. Und dort wurde mir auch klar, woran man eine Touristenattraktion erkennt: Erstens muss man für den Parkplatz zahlen und zweitens haben fast alle Leute das falsche Schuhwerk an. Ich habe Frauen gesehen, die in Stöckelschuhen versucht haben, sich durch den Schlamm zu kämpfen (es war alles feucht und glitschig). Und in der Sekunde, wo der Bus losgefahren ist, ist dann auch die Sonne herausgekommen: „One thousand spoons, when all you need is a knife...“ Wenigstens war somit die sonnige Rückfahrt genauso wunderschön wir die Hinfahrt.
Wieder in Galway angekommen habe ich die Freiwilligen dort erst mal mit einer Lasagne als Dankeschön für die kostenlose Herberge (hoffentlich) verwöhnt. Anschließend bin ich dann mit einem Freiwilligen (Lukas aus Bamberg!) und Sebastian (Sebastian und Andreas kamen nach) in die Stadt, um zu schauen, ob das Gerücht stimmt, dass Galway die musische Hauptstadt Irlands ist. Lukas hat uns dann in das Roisin Dobh geführt, wo tatsächlich eine ziemlich gute Coverband gespielt hat. Als Ansage für ein Lied von Pink Floyd meinte der Sänger: „Stellt Euch jetzt vor, Ihr seid auf Drogen.“
Am nächsten Morgen, mittlerweile Sonntag, bin ich dann noch in die festlich dekorierte Stadt, und habe mich dort etwas herumgetrieben, Buchläden als Büchereien und CD-Läden als Jukebox missbraucht. Gegen Nachmittag bin ich dann in den Bus gestiegen und wieder nach Hause gefahren. Es war verdammt heiß im Bus: Irgendwie hat der Busfahrer gedacht, er muss die Temperatur im Bus der Durchschnittsgeschwindigkeit von 27km/h angleichen. Oder anders herum: Er darf nur so schnell fahren, wie hoch die Temperatur im Bus ist... Nach Galway sind es nämlich nur etwa 150km, doch der Bus brauchte über vier Stunden.
All in all ein schönes und relaxtes Wochenende, das Lust und Vorfreude auf den Frühling und Sommer gemacht hat, der sich hoffentlich zum größten Teil in Irlands Bussen abspielen wird.