Tere tulemast
Svenschkas Freiwilligendienst geht dem Ende zu. Daher hat sie sich schon einmal umgesehen, was sie danach tun könnte - am liebsten weiterhin in Estland.
Ja, ich habe schon lange nichts mehr geschrieben. Aber das hatte auch einfache Gründe: Es war so wie immer. Na ja, gut, nicht ganz. Ein paar Dinge habe ich doch erlebt. Zuerst einmal hatte ich Besuch von meinen Eltern über Weihnachten, das war mal etwas völlig anderes:
Ich musste aus meinem Wohnheim ausziehen, da es über Weihnachten geschlossen hatte. Also bin ich, nach einigem Hin und Her, in der Wohnung meiner Tutorin Oksana gelandet, während meine Eltern in einem kleinen Familienhotel untergebracht waren, dass nur 300 Meter von meiner Wohnheim entfernt lag. Heilig Abend waren wir in einem der wohl touristischsten Restaurants der Stadt essen (altes Hanseaten-Essen :-)) und haben Glühwein getrunken und dann bei meiner Tutorin (die nicht dort war, sondern ebenfalls ihre Familie besuchte) den Abend ruhig ausklingen lassen. Wir haben den Weihnachtsmarkt und die Feiertage genossen, waren in Helsinki und sind dann gemeinsam am 27. Dezember nach Hause geflogen.
Als ich am 8. Januar wieder zurück nach Tallinn kam, war ich schon sehr froh, wieder dort zu sein.
Im Januar habe ich dann einen Workshop für mein Jugendzentrum organisiert: T-Shirt-Making. Wobei sich das auch eher auf das Bemalen/Besticken/Verschönern schon vorhandener T-Shirts bezog und ein kleiner Erfolg war: Mädchen (die ausschließlich anwesend waren) sind zahlreich erschienen, alle angebotenen Plätze waren belegt. Liisi, die Jugendarbeiterin, hatte für den nächsten Tag eine kleine Modenschau organisiert, auf der die Mädchen dann ihre Werke dem breiten Publikum ihrer Mitschüler zeigen konnten.
Übrigens habe ich beschlossen, nach meinem Freiwilligendienst, der schon am 28.02.2006 endet, noch etwas länger in Estland zu bleiben. Zunächst hatte ich vor, ein Praktikum im Rebala Reservat in Jõelähtme, etwa 40 Busminuten von Tallinn entfernt, zu machen. Dort leben auch zwei Freiwillige, Laetitia und Rémi aus Frankreich. Es ist ein archäologisches Reservat, wobei mir gleich gesagt wurde, dass ich an Grabungen nicht teilnehmen könnte, da diese frühestens Ende April beginnen würden. Stattdessen sollte ich altdeutsche Landkarten ins Englische übersetzen, wozu ich auch im Januar einen Tag nach Jõelähtme gefahren bin, um mir eben diese anzusehen und die Chefin kennen zu lernen.
Bei meinem Besuch stellte sich dann allerdings heraus, dass es sich bei diesen Karten nicht um altdeutsche, sondern schwedische Landkarten handelte, welche ich - aufgrund mehr als mangelnder Schwedischkenntnisse - nicht übersetzen kann und dementsprechend im Reservat keine Arbeit für mich vorhanden ist. Das hat mich schon sehr enttäuscht, aber ich habe von vielen Seiten Hilfe angeboten bekommen: Oksana hat mir gesagt, ich könne ohne Probleme auch weiterhin in meinem Projekt arbeiten, Isabelle und Laure (zwei befreundete Freiwillige) haben mir angeboten, dass ich bei ihnen wohnen kann, Corinna (eine weitere Freiwillige) hat mir die Adresse eines anderen Museums für alte Geschichte besorgt und Freunde meiner Tutorin haben mir auch Jobs in ihren Jugendzentren angeboten.
Natürlich würde ich mich nach meinem Freiwilligendienst schon eher auf meine Zukunft konzentrieren, weshalb ich dann letzte Woche einen Ausflug zum Eesti Vabaõhumuuseum gemacht habe, dem estnischen Freilichtmuseum hier in Tallinn. Leider war die Verantwortliche nicht dort und mir wurde eine Nummer gegeben, unter der ich sie erreichen kann, die aber grundsätzlich nie jemand beantwortet, wenn ich versuche, dort anzurufen.
Vor etwa zwei Wochen waren Freiwillige aus Lettland zu Besuch in Tallinn, wobei ich da auch eher zufällig hineingeschlittert bin: dielene und Katharina wollten sie gerade abholen, als ich dazu gestoßen bin. Wir hatten eine echt tolle und interessante Zeit hier in Tallinn und ich habe auch beschlossen, dass ich noch einmal nach Riga reise, um meine neuen Bekannten dort zu besuchen.
In Deutschland, bei meinem Ausreiseseminar, habe ich eine estnische Freiwillige, Elen, kennen gelernt. Sie sagte gleich am ersten Abend: "Ich habe deine Projektbeschreibung gelesen: Deine Tutorin ist Oksana - ich habe mit ihr zusammen studiert!" Da war ich schon ziemlich überrascht, wie klein dieses Land sein kann. Letzten Mittwoch rief mich Elen, mittlerweile wieder zu Hause auf Saaremaa, der größten estnischen Insel, an: Sie wolle mich den folgenden Tag in Tallinn treffen. Ich war sofort einverstanden, war Donnerstag am frühen Abend jedoch kurz in der Wohnung von Oksana. Elen hatte Oksana auch gefragt, ob sie sich mit uns treffen möchte und deshalb machten Oksana und ich uns zu dem Jugendzentrum von Kai, Elens Freundin, auf, welches irgendwo in der Nähe meines Wohnheims war, was wir aber nicht finden konnten. Dort sollte Elen sein. Als wir mit Hilfe eines Taxifahrers und endlosen, verzweifelten Anrufen bei Kai und Elen im Jugendzentrum Videviku ankamen, war doch glatt auch Lea dort. Lea ist ebenfalls Jugendarbeiterin und ich hatte mich schon einmal mit ihr getroffen, um mir "ihr" Jugendzentrum in Mustamäe anzusehen. Außerdem hatte ich Lea versprochen, dass ich bei ihrem geplanten Jugendaustausch im März behilflich bin.
Und nochmal: Wie klein die Welt ist! Jeder kennt jeden! Janhkorte beispielsweise kennt Lea auch, sie waren gemeinsam auf einem Meeting bezüglich Jugendaustauschen hier in Estland.
Dann barg der Januar für mich noch eine schlechte und eine gute Nachricht. Im Prinzip zwei schlechte Nachrichten, die die erste gute wieder relativierten. Aber der Reihe nach: Das Jugendzentrum in Lagedi, in welchem ich gearbeitet habe, ist geschlossen. Die Elektrizität in dem alten, sanierungsbedürftigen Haus funktioniert nicht mehr. Leider gibt es auch nur elektrische Heizungen (die eigentlich sowieso nicht viel gebracht haben, denn bei -28 Grad Celsius, wie vor ein paar Wochen, war das Jugendzentrum trotz funktionierender Heizungen geschlossen), die natürlich ohne Elektrizität nicht funktionieren.
Die gute Nachricht aber war: Das Jugendzentrum in Jüri sollte zum 1. Februar wieder geöffnet werden! Nach fünf Monaten Verspätung! Ich habe mich sehr gefreut, im letzten Monat wenigstens meiner eigentlich vorgesehenen Tätigkeit nachzugehen, weshalb ich auch an ein paar Vorstellungsgesprächen mit neuen Jugendarbeitern teilnehmen durfte. Sie waren fast alle enttäuschend. Nur einer hat mich und Oksana total überzeugt, zwei wurden allerdings benötigt. Als wir dann alle Jugendarbeiter kennen gelernt hatten, die sich für den Job interessierten, konnten wir nur einem zusagen. Der allerdings hatte in den zwei Tagen zwischen Vorstellungsgespräch und Entscheidungsfindung schon einen anderen Job angenommen.
Dementsprechend wurde das Jugendzentrum immer noch nicht wieder eröffnet, da es einfach an qualifizierten Arbeitskräften mangelt. Und wer aufgepasst hat, bemerkt, dass ich zurzeit völlig ohne Arbeit dastehe. Aber auch dafür gibt es wieder tolle Leute, die mir Angebote gemacht haben: Heute werde ich Lea in ihrem Jugendzentrum besuchen und außerdem haben mich Kristel und Kristiina (die ich auf dem Kick-off der neuen Estonian Ex-EVS Association kennen gelernt habe) in "ihr" Jugendzentrum, dem Kristiine Avatud Noortekeskus eingeladen und auch Kai, die ich durch Elen kennen gelernt habe, hat mir angeboten, ihr Jugendzentrum zu besuchen. Und das werde ich auch tun - ist auch interessant, mal andere Jugendzentren zu sehen. Und lange wird es ja nicht so bleiben. Weil mein Freiwilligendienst sich sowieso dem Ende zuneigt.
Hier noch ein paar Impressionen: