Schwarzer Tee mit Milch
Über meine Gastmutter Mandy, die ein großes Herz hat in einem kleinen Ort.
In der Fremde,
in der Ferne,
findest du immer ein Licht,
das gibt Wärme.
Mein Licht: meine Gastmutter Mandy. Verheiratet. Mutter von drei Söhnen. Besitzerin von zwei Katzen und einem Hund. Äußerst gut drauf und liebenswert. Ehrlich. Ausgestattet mit guten Ratschlägen, den richtigen Worten und dem Talent diese zur richtigen Zeit zu sagen. Wenn ich mich zurück erinnere, dann denke ich viel an sie und ihre Weisheiten. Eine ganze Kühlschrankwand war mit Magneten tapeziert, voller Sprüche. Die Küche diente als Treffpunkt im Haus, führte in den Garten, ins Wohnzimmer oder in den Flur. Auf der Ablage sonnten sich die Katzen, heimlich, denn unter Mandys Augen durften sie das nicht.
Mandys und Andrews (mein Gastvater) Stärke war es Elisabeth, meine ebenfalls deutsche Gastschwester, und mich zu überfüttern.
Wenn es von unserer Seite hieß „Die Chips würden wir gern mal probieren“, dann kam Mandy meist mit drei Riesentüten nach Hause, sodass wir uns gesorgt haben, ob wir die jemals schaffen könnten. „Ach, sonst isst Andrew das, stimmt's Andrew?“ Und Andrew hatte immer von der Garage aus zustimmend gebrummt.
Mandy war nicht nur beim Essen so unkompliziert und locker, sie war es immer. Wenn wir mal Probleme in der Schule hatten oder sonst irgendetwas war – es ließ sich immer lösen.
Einzig und allein ihr ein paar Brocken Deutsch beizubringen, ist uns nicht gelungen, aber wir waren ja auch in England, um Englisch zu lernen. Dennoch war sie offen dafür und generell ein offener Mensch. Neben uns zwei Austauschschülerinnen, ihrem jüngsten Sohn und zeitweise dessen Freundin, lebte noch Grant, der Untermieter im Haus - doch Unterschiede gab es keine. Ob man zur Familie gehörte oder nicht, sie behandelte uns alle gleich herzlich. Grant, erklärte uns Mandy eines Abends bei einer Tasse schwarzem Tee mit Milch, sei Teil der Familie geworden und wenn man die Beiden unten diskutieren hörte, dann war der Tonfall mütterlicher Fürsorge deutlich in Mandys Stimme zu hören. Fürsorge klingt in jeder Sprache gleich.
Ich denke, dass Mandy gerade durch ihre Gelassenheit den teilweise stressigen Tagesablauf entspannen konnte. Ihre herzliche Art uns Fremde in die Familie aufzunehmen, hat aufkommendes Heimweh gemindert und das Verlassen von England so schwer gemacht. Es ist aber ein gutes Gefühl, wenn man nur schwer wieder gehen kann. Es zeigt mir, dass mir die Menschen wirklich wichtig geworden sind. „Don't cry because it's over. Smile because it happened!“, hat mir Mandy zum Abschied gesagt. Ich bin dankbar, vor allem dir.
Danke, dass ich Teil deiner Familie sein durfte. Das bedeutet mir viel.