Let's rent a car...
„Warum nicht mal ein Auto mieten?“, dachten Silvia und ich uns vor einigen Wochen. Gesagt, getan. Über ein spaßiges Wochenende mit drei Tagesausflügen und jeder Menge Hindernisse.
Schon seit längerer Zeit hatten wir geplant, die walisische Westküste etwas genauer zu erkunden. Da kam das lange Wochenende Ende Mai (der 30. Mai war hier ein Feiertag) gerade richtig. Geplant war ein Campingtrip nach Pembrokeshire. Drei Tage zelten an verschiedenen Stränden, surfen, die Landschaft erkundigen, die Sonne genießen. Aber daraus wurde natürlich nichts, wir sind hier ja schließlich in Wales, Großbritannien. Hatte uns das Wetter im März und April noch richtig verwöhnt, so gab es seit Anfang Mai hier keine drei Tage Sonnenschein in Folge mehr. Also änderten wir unseren Plan kurzerhand. Statt eines langen Wochenendes in Pembrokeshire sollten es nun also drei Tagestrips sein.
Den Auftakt machte am Samstag das Bücherdorf Hay-on-Wye, über das ich ja schon berichtet habe. So gings um 9.30 morgens zum Autovermieter und dort ging dann alles ganz schnell und unkompliziert und wir fanden uns wenige Minuten später auf den Straßen Merthyr Tydfils wieder. Schon der Weg zur Tankstelle gestaltete sich abenteuerlich. Trotz 10-jähriger Fahrerfahrung fühlte Silvia sich hier wieder wie ein Anfänger. Und Dayana und ich hatten auf der Rückbank unseren Spaß – fürchteten gleichzeitig aber auch ein wenig um unser Leben. Und so gestaltete sich die Fahrt nach Hay-on-Wye dann relativ interessant. Vorne neben Silvia saß ihr Freund, der für ein paar Tage aus Italien gekommen war und sich hier natürlich überhaupt nicht auskannte. Er übernahm es dann, Silvia zu beruhigen und übernahm das Schalten. Dayana und ich waren damit beschäftigt, Silvia in die richtigen Spuren zu navigieren – die riesigen, dreispurigen Kreisverkehre, die hier als Autobahnauffahrten dienen, sind aber auch gemein!
Da wir Dayana aus Cardiff abgeholt hatten, schlug google maps uns den Weg um die Brecon Beacons herum vor. Das erschien uns logisch, da wir uns den Weg zurück nach Merthyr sparten und wir annahmen, dass es auch östlich der Brecon Beacons gescheite Straßen gibt – denkste! Zu allem Überfluss versagten dann auch unsere Handys inklusive google maps, denn unser Weg führte mitten durchs Nirgendwo. Und so verpassten wir offensichtlich irgendwo auf der engen Landstraße einen Rechtsknick und landeten dann für eine Stunde auf einer noch engeren Straße im absoluten Nirgendwo. Doch irgendwie schaffte es Silvia trotz des kurvigen, uneinsichtigen Weges (eine Straße war das wirklich nicht mehr), des ständigen Auf und Abs und einigem Gegenverkehr, uns in einem Stück nach Hay-on-Wye zu bringen, wo wir dann einen netten Tag verbrachten. Der Rückweg war dann um einiges einfacher, da wir den direkten Weg auf der Autobahn durch die Brecon Beacons zurück nach Merthyr wählten und nicht, wie auf der Hinfahrt, zurück nach Cardiff mussten. Eine durchaus interessante Erfahrung und im Nachhinein konnten wir alle darüber lachen. Doch zwischendurch hätte Silvia mir, glaube ich, gerne den Kopf abgerissen, da ich ja irgendwie für das Navigieren zuständig gewesen war. Aber gut, passiert und wir habens alle überlebt.
Für den Sonntag hatten wir uns dann ein etwas leichter zu erreichendes Ziel ausgesucht. Es sollte zu Mirco nach Penarth gehen. Wir kannten den Weg, waren schon einige Male dort und konnten einen Großteil der Strecke auf der Autobahn zurücklegen. Erst in Penarth wurde es etwas komplizierter und wir haben den kompletten Ort gefühlte fünfmal durchquert – kann ja niemand ahnen, dass es dort von Einbahnstraßen nur so wimmelt. Aber so hatten wir immerhin Zeit, den kleinen Bootshafen und den Pier ausgiebig zu beobachten. Und trotz unserer gut einstündigen Verspätung war Mirco noch lange nicht mit dem Essenmachen fertig, als wir endlich bei ihm ankommen. Also: Alles richtig gemacht. Und so genossen wir dann ein herrliches sunday dinner im riesigen Wohnzimmer von Mircos Vermieterin. Penarth ist nämlich einer der reichsten Orte in ganz Wales. Die Häuser dort sind einfach wunderschön und vor allem riesengroß und sündhaft teuer. Das Haus, in dem Mirco momentan ein Zimmer mietet und in dem wir den Sonntag verbrachten, steht mittlerweile zum Verkauf. Geschätzer Wert: 1,2 Millionen Pfund. Und so sah es dort auch aus!
Zum Abschluss des langen Wochenendes ging es dann in den Westen nach Tenby – diesmal sogar ganz ohne Umwege, Beinaheunfälle und andere Vorfälle. Viele meiner Arbeitskollegen hatten mir im Vorfeld empfohlen, nach Tenby zu fahren. Und ich muss sagen, es hat sich absolut gelohnt. Tenby ist ein wunderschönes, kleines, buntes Küstendörfchen mit einem netten Strand, netten Restaurants und Cafés und jeder Menge netter Leute. Und – entgegen aller Befürchtungen – kam sogar gegen Mittag die Sonne heraus. Auf dem Weg nach Tenby hatten wir zwischendurch gar überlegt, umzukehren, da es in Strömen regnete. Doch sobald wir Pembrokeshire erreichten, änderte sich das Wetter und wir genossen den Tag am Strand bei Sonnenschein. Auf dem Rückweg machten wir dann noch einen Zwischenstopp in Mumbles, nahe Swansea und ergötzen uns am Pier an den letzten Sonnenstrahlen des Tages, bevor es zurück nach Merthyr Tydfil ging.
Insgesamt ein sehr gelungenes Wochenende und die Erkenntnis, dass ein Auto wirklich eine tolle Sache ist, die man erst zu schätzen lernt, wenn man lange Zeit ohne sie auskommen musste.