Jonglieren und Redigieren: Die schönsten Momente festgehalten
Seit im vergangenen Jahr 20 deutsche Jugendliche nach Portugal aufbrachen, um das Verwaltungsgebäude eines Sozialprojektes in Portugal zu renovieren, entstand ein reger Kontakt zwischen dem Evangelischen Kirchenkreis Gladbach-Neuss und der AZone, einem Jugendzentrum in Figueira da Foz. Aus einem zufälligen Treffen wurde ein reger Austausch. Die Begegnung wurde durch "Jugend für Europa" ermöglicht. Die Teilnehmer haben in ihrem Tagebuch die schönsten und beeindruckensten Momente zusammengefasst. Viel Spaß beim Lesen, wünscht Volker Schwach stellvertretend für die anderen Schreiber.
31. Juli 2003 - Eine freudige Überraschung Die deutschen Jugendlichen kommen an. Wir beziehen unsere Zimmer und freuen uns, alle anderen wieder zusehen. Danach erkunden wir die nähere Umgebung des Wilhelm-Kliewer-Hauses und den Ortskern. Auf dem Rückweg gibt es eine positive Überraschung: Das Telefon klingelt und wir erfahren, dass die Portugiesen entgegen der Nachricht vom Wochenbeginn nun doch schon einen Tag früher als erwartet in Düsseldorf am Bahnhof stehen. Sehr schnell werden die ersten Kontakte zwischen Portugiesen und Deutschen geknüpft. Nach gutem Abendessen wird gemeinsam Fußball gespielt und getanzt. Vor dem Einschlafen verständigen wir uns mit den portugiesischen Bekanntschaften auf Englisch und lassen somit den ersten gemeinsamen Abend ausklingen.
1. August 2003 - Im Großstadtdschungel Nach einer nicht wirklich langen Nacht beginnen auch schon die ersten beiden Workshops, nämlich Akrobatik und wir, die Redakteure. Unsere Arbeit macht viel Spaß - nicht zuletzt, weil wir uns so alle besser kennen lernen. Die Akrobaten sind nach einem umfangreichen Aufwärmprogramm auch schon in voller Aktion, allerdings sind die menschlichen Pyramiden noch etwas wackelig. Zum Abschluss des aktiven Tages fahren wir später mit dem Linienbus in die Mönchengladbacher City, in der wir eine Stunde lang durch die Geschäfte bummeln. Natürlich treffen wir uns alle bei C&A, New Yorker und McDonalds wieder. Nichts desto trotz sind unsere portugiesischen Freunde sehr angetan von der Stadt. Erschöpft vom Großstadtdschungel kommen wir zurück und verbringen nach einem interessanten Abschlussgespräch einen relativ faulen Abend.
2. August 2003 - Zwischen Jongleuren und Reportern Es ist mal wieder eine ruhige Nacht vorübergegangen. Die Sonne scheint und die Vögel singen fröhliche Lieder. Nachdem wir uns gewaschen haben geht es ab zum Frühstück. Vormittags kommt ein netter Herr, der bei uns den Workshop “Jonglieren“ leitet. Die Gruppe ist sehr angetan von den Künsten des Artisten. Sie kann seinen Anweisungen gut folgen, denn er erklärt alles ruhig und gelassen. Ebenfalls heute findet der Workshop “Radiowerkstatt“ statt. Der Gruppe wird erklärt, wie ein Interview professionell geführt wird. Dann stürzen sich die frisch gebackenen Reporter auf alle, die nicht bei drei auf den Bäumen sind. Man ist vor niemandem sicher.
Nach dem Mittagessen legen wir erst einmal eine kleine Verdauungspause ein. In der Zeit werten unsere Reporter die vor dem Mittagessen geführten Interviews aus. Durchaus sind schon brauchbare Beiträge auf dem Band.
Zur gleichen Zeit übt die Jongliergruppe weiter an ihren Kunststücken. Dann steht für heute noch das Freibad auf dem Programm, da wir aber den Bus verpassen, dauert die Anreise in der Wärme unendlich lange. Es ist sehr angenehm, endlich ins kühle Nass springen zu können. Der Aufenthalt beträgt leider nur eine Stunde, da wir auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind. Die Gruppe und auch unsere portugiesischen Freunde fahren nur mit “Murren und Knurren“ zurück, weil die Zeit einfach zu knapp bemessen ist. Aber so ist das nun mal mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Der weitere Abend gestaltet sich sehr harmonisch. Wir besprechen gemeinsam die Erfahrungen aus der Radiowerkstatt. Unsere Leiter freuen sich schon, wenn die Uhr 23:30 schlägt, denn dann werden Männchen und Weibchen voneinander getrennt und es kehrt langsam Ruhe ein.
3. August 2003 - Ein Sonntag voll guter Stimmung Dieser Sonntag ist wie jeder bisherige Tag hier. Auch am Feiertag müssen wir leider früh aufstehen. Nach der Morgentoilette heißt es wieder mal ran ans Frühstück.
Heute haben wir bis auf eine Ausnahme den ganzen Tag Freizeit. Die einen gehen mit ihrem oder ihrer Liebsten noch eine Runde ins Bett kuscheln, die anderen betätigen sich sportlich, indem sie Fußball- oder Tischtennisspielen.
Am Nachmittag bereiten wir unser Gespräch mit Frau Wachter, einer Widerstandskämpferin aus Düsseldorf vor. Volker Schwach gibt uns einen kurzen Überblick über ihr Leben und erklärt uns, was sie gegen die Nazis unternommen hat. Wir freuen uns schon alle sehr auf das Treffen.
Um 17:00 Uhr fangen wir an zu grillen. Die Stimmung ist sehr gut und es wird eine Menge gelacht. Der Tag neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Der Abend gestaltet sich so, wie jeder andere zuvor sehr ausgelassen.
Als um 0:30 immer noch reges Treiben herrscht, schließen unsere Leiter die Türen ab. (So ein Mist, müssen jetzt wohl das Fenster nehmen!!!) Die Leiter freuen sich auf eine ruhige Nacht. (Das denken aber auch nur sie selbst)
4. August 2003 - Dass die Brötchen nur so knacken Am heutigen Montag werden wir pünktlich um sieben Uhr von den Leitern geweckt. Einige schlafen wieder ein, die anderen sitzen senkrecht auf dem Bett und freuen sich auf den neuen Tag. Nach der langen Nacht stehen alle mit leerem Magen vor dem Speiseraum und warten auf den Startschuss zur Fütterung.
7:30 Uhr; nun ist es soweit, der Kaffee fließt und die Brötchen knacken. Nachdem wir gut gegessen und getrunken haben, brechen wir mit vollen Mägen in den Tag auf.
Um 8:55 Uhr werden wir in drei Gruppen getrennt. Die Akrobatikgruppe fährt wieder mit Bus und Bahn nach Neuss, während die Jongliergruppe in Gladbach mit Kindern trainiert. Wegen fehlender Tonaufnahmegeräte schließt sich die Radiogruppe der Redaktionsgruppe an. Die Gruppe dokumentiert den letzten Tag und arbeitet an der Fotopräsentation weiter. Ein Teil der Akrobatiktruppe kommt zum Mittagessen zurück, der Rest vergnügt sich in der Stadt. Die Jongliergruppe bekam in Neuss etwas zum Kauen und zum Runterspülen.
Nach dem Essen geht eine bunt zusammen gewürfelte Mannschaft aus Akrobaten und Redakteuren los, um die Mönchengladbacher Innenstadt unsicher zu machen. Dort angekommen, teilen sie sich in zwei Gruppen. Die eine Gruppe (überwiegend die Damen der Schöpfung) geht einkaufen. Die andere Gruppe (folglich überwiegend die Herren) gönnen sich ein zweites Mittagessen bei McDonald´s.
Nach einem kurzen Besuch bei Schossau treffen wir uns alle um 17:00 Uhr an der Bushaltestelle am alten Markt. Die Jongliergruppe blieb noch bis zum späten Nachmittag in Neuss, um das Programm der Kinderferienspiele zu begleiten.
Wieder zurück gibt es um 19:00 Uhr die warme Nachtration für den Magen. Nun können wir uns bei Musik und guter Stimmung noch ein bisschen vergnügen, bevor die Betreuer wieder anfangen, ihr Lieblingshobby auszuüben, und zwar alle Teilnehmer pünktlich um 0:00 Uhr gnadenlos ins Bett zu befördern. Nach diesem zum Teil anstrengenden Tag folgt eine ruhige und geruhsame Nacht.
5. August 2003 - Mit den Leitern im Schlepptau Die Nacht ist ziemlich angenehm gewesen, was die Betreuer sehr gefreut hat. Wie jeden Tag stehen wir mit hungrigen Mägen vor dem Speiseraum. Wir genießen das Frühstück sehr.
Wie gestern werden wir in drei Gruppen getrennt, wovon zwei außerhalb der Jugendherberge unterwegs sind. Die Akrobatengruppe fährt nach Neuss und die Jongleure nach Mönchengladbach. Die Redaktionsgruppe bleibt währenddessen im Jugendgästehaus.
Das Ziel der beiden auswärtigen Gruppen liegt darin, Kindern die verschiedenen, selber erst vor kurzem erlernten Übungen beizubringen. Jede Gruppe hat einen Betreuer im Schlepptau, der die Einführungen in die Workshops gibt.
Die Redaktionsgruppe ist nach der anstrengenden Arbeit ziemlich hungrig und durstig. Die Jongleure aus Gladbach kommen gegen 13:00 Uhr zum Essen zurück, während die Neusser Gruppe dort isst.
Wir diskutieren bis die Anderen zurückkommen. Gemeinsam besprechen wir unseren anstehenden Besuch im Jugendgefängnis. Was wird uns erwarten? Alle sind schon sehr gespannt und unterhalten sich auch noch später sehr intensiv über das anstehende “Erlebnis“. Am Abend schlafen einige, doch eine Minderheit feiert. Es war sehr lustig. Wie immer ist um 24:00 Uhr Bettruhe.
6. August 2003 - Dem Geburtstagskind ein Ständchen Mittwoch ist wie jeder Tag hier ziemlich heiß. Nach dem Frühstück bekommen wir Besuch von den Kindern, bei denen wir die letzten Tage waren.
Wir jonglieren, spielen und turnen mit ihnen. Auch Mittag gegessen wird zusammen. Leider muss die Gruppe am späten Nachmittag gehen. Am Abend feiern wir eine kleine Party bis wir um Mitternacht einem Geburtstagskind sein Ständchen bringen.
7. August 2003 - Zu Besuch in Düsseldorf Die Arbeit mit den Kindern ist vorbei und wir haben Zeit den Portugiesen unser schönes NRW zu zeigen. Heute geht es nach Düsseldorf.
Am Bahnhof angekommen, fangen die Kölner aus unserer Gruppe an, “Viva Colonia³ zu grölen, und wir müssen befürchten, vom nächst besten Bürger verprügelt zu werden. Zuerst geht es zum Rheinturm, dem Fernsehturm in Düsseldorf. Von der Aussichtsplattform in 168 Metern Höhe haben wir einen wunderschönen Blick über die Stadt und die nähere Umgebung. Nach der Besichtigung haben wir fürs erste Freizeit. Einige gehen zuerst essen, die anderen streben direkt in Richtung Kö.
Eine Stunde später führen wir ein Gespräch in der Mahn- und Gedenkstätte. Maria Wachter, eine ältere Dame, die im 2. Weltkrieg im Widerstand tätig war, berichtet uns von dieser Zeit. Ihr Vortrag wird allerdings immer wieder unterbrochen, da alles übersetzt werden muss. Sie erzählt uns, wie sie Flugblätter gedruckt und verteilt hat und wie sie in Gefangenschaft geriet. Am Ende werden viele interessante Fragen gestellt.
Ausgelaugt von der Hitze, trotten wir zurück zum Bahnhof und fahren in einem natürlich unklimatisierten Zug zurück. Wir bitten unsere Leiter den abendlichen Gesprächskreis ausfallen zu lassen. Alle denken noch so lange über das Erlebte nach. Am Abend fallen wir todmüde und grübelnd ins Bett, was bis dato eine große Ausnahme ist.
8. August 2003 - Einblicke in ein Jugendgefängnis Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Bus nach Heinsberg in die Jugendstrafanstalt. Dort treffen wir den Gefängnispfarrer und sieben Insassen. Nachdem wir über das Gefängnis informiert wurden, unterhalten wir uns mit Gefangenen.
Die Eindrücke und Gespräche werden uns noch lange im Gedächtnis bleiben. Einige sind schockiert und müssen das erst einmal verarbeiten. Danach fahren wir nach Kölle! Wir besichtigen unter anderem den Dom und die Kirche der portugiesischen Gemeinde in Köln.
Später haben wir noch kurz Zeit - leider nur eine halbe Stunde – zu bummeln. Heute haben wir eine - wie man sich denken kann - eine etwas längere Gesprächsrunde. Ein heißer Tag geht zu Ende.
9.August 2003 - Im Zug eingeschlafen 7.30 Uhr morgens. Unser Zimmer wird von unserem Leiter aus den Betten geschickt. Müde und träge kriechen wir zum Frühstück und schlingen es in uns rein. Direkt danach gehen wir vom “Wilhelm-Kliewer-Haus“ zur Bushaltestelle an der Jugendherberge, in der Hoffnung möglichst schnell zu unserem Ziel, einem Jugendzentrum und dem Schwimmbad “Aqualand“ in Chorweiler zu kommen.
Nach der Zugfahrt von Mönchengladbach nach Neuss erfahren wir am Hauptbahnhof Neuss, das wir wegen eines “Personenschadens“ - ein Mensch beging Selbsttötung - nicht mit dem vorgesehenen Zug nach Köln-Chorweiler fahren können. Nach einem zweistündigen Umweg kommen wir dann endlich am “Aqualand“ an. (Das Jugendzentrum war leider schon wieder geschlossen.)
Im Aqualand haben wir dann einen fünfstündigen Aufenthalt, der für alle Freizeitteilnehmer spaßig ist. Besonders die Wasserrutschen sind sehr beliebt. Aber auch die Whirlpools mit 36° C Wassertemperatur sind gefüllt.
Auf der Heimfahrt gab es bis zum Neusser Hauptbahnhof keine Turbulenzen. Doch als wir ausstiegen und die Gruppe durchzählten, bemerkten wir, dass eine Person fehlt. Einer der Teilnehmer war im Zug eingeschlafen. Drei Betreuer und drei Teilnehmer starteten dann eine Suchaktion und kehrten nach zwei Stunden wieder zurück, ohne den vermissten Teilnehmer zu finden.
Als ein Betreuer gerade mit der Bahnpolizei telefoniert, klingelt bei einem anderen Teilnehmer das Handy. Endlich! Der vermisste Teilnehmer meldet sich aus einer Telefonzelle in Grimmlinghausen, wo er nach der längeren Fahrt angekommen war. Dort wurde er dann auch abgeholt. Der Rest des Abends von diesem anstrengenden Tag, wurde nur noch entspannt.
10. August 2003 - Unser Abschied: Versprochen ist Versprochen! Heute durften wir endlich einmal eine Stunde länger schlafen. Trotzdem waren wir alle sehr früh wach. Fozzy “Thomas³ hatte vergessen seinen Wecker auszustellen. Na toll. Am Vormittag waren wir in einem Gottesdienst. Nachdem Volker und Joao die Gruppe vor der Gemeinde vorgestellt haben sangen wir gemeinsam viele Lieder und hörten uns die Predigt an. Leider konnten die Portugiesen nicht so viel verstehen. Aber erklärt haben wir es ihnen dann kurz am Nachmittag.
Nach einem sehr leckeren Mittagessen fingen die Vorbereitungen für unseren gemeinsamen Abschlussabend statt. Die Portugiesen haben für uns gekocht. Mein Gott haben die reingehauen. Obwohl es - ihnen wie uns auch - geschmeckt hat, kam ihnen die deutsche Küche doch sehr fremd und ungewohnt vor. Aber das ging Teilen von uns im letzen Jahr in Portugal nicht anders. Ein sehr schöner Abend mit viel Gelächter, Tränen und Umarmungen geht zu Ende.
Morgen fahren wir “Deutschen³ - doch den Unterschied machen wir eigentlich gar nicht mehr - abends nach Hause. Alle sind sehr traurig. Adressen werden ausgetauscht und in Notizbücher Nettigkeiten ausgetauscht. Aber irgendwie freuen wir uns schon alle auf das nächste Jahr. Dann treffen wir uns wieder!!! Versprochen ist Versprochen!