Die Qual der Wahl
"Vielleicht hat Europa doch mehr Einfluss, als man zugeben will? Man wird sehen." Die Europawahl ist nicht nur für Europabefürworter interessant, auch Europagegner engagieren sich für einen Platz in Europäischen Parlament. Wie das aussehen kann, schildert okapi.
Nach dem lauten Geschrei der Maidemonstranten sind die Strassen nun am Nachmittag wie leergefegt, nur einzelne Flyer erinnern noch an das "On résiste, on résiste!" der Gewerkschaften, begleitet von wütendem Getrommel. An den Laternenpfählen kleben noch die Plaketten der Kommunisten: "L'Europe dit non à vos luttes, dites non à l'Europe" ("Europa sagt nein zu eurem Kampf, sagt nein zu Europa"). Doch warum kandidieren Europagegner für einen Sitz in Brüssel? Vielleicht hat Europa doch mehr Einfluss, als man zugeben will? Man wird sehen.
Bis zum 7.Juni werden sämtliche Parteien des Europaparlaments ihr Programm in der "Halle aux Toiles" vorstellen und um Stimmen werben. Denn in den Europawahlen 2009 geht es nicht nur darum, ob man für oder gegen Europa ist. Sondern auch, wie man dieses Ziel erreicht. Infolgedessen kämpfen linke Anarchisten, gemäßigte Konservative, grüne Regionalisten, liberale Demokraten und Sozialisten um eine Vielzahl an Plätzen im Europaparlament.
In einem Monat wird gewählt und bis jetzt ist noch nicht allen Bürgern klar, was die verschiedenen Parteien wirklich unterscheidet. Für viele bleibt die entscheidende Frage, ob man ein stärkeres Europa oder ein stärkeres Frankreich will. Beides zusammen scheint in der Zukunft nicht möglich zu sein. Einer von beiden muss nachgeben, sei es die nationale Souveränität oder ein mächtigeres Europa. Die detaillierten Parteiprogramme für den Juni 2009 wurden allerdings noch kaum näher studiert oder publik gemacht. Dies soll nun geändert werden: Podiumsdiskussionen, Demonstrationen, Newsletter und Broschüren sollen dem zweifelndem Franzosen erklären, was wer warum machen wird. So organisiert die Liste "Europe Ecologie" im Rahmen des Europatags am 9. Mai ein Picknick im Grünen. Diskussionsrunden um die Meinungsfreiheit, die neue Umweltpolitik oder das Recht auf Bildung werden hierbei erläutert, dem direkten Kontakt zwischen Abgeordneten und Bürger wird dabei besondere Bedeutung beigemessen.
Hoffentlich wird die Veranstaltung gut besucht sein. Denn zur gleichen Zeit organisiert der Verein "Europe Echange" ein europäisches Buffet mit Gesang und Tanz. Und das ganz ohne politische Hintergedanken.