Die große Angst des kleinen Mannes.
In Frankreich beginnen langsam die ersten Vorbereitungen für die Europawahl. Noch wird zwar nur im engen Kreis darüber diskutiert, aber es gibt bereits einige Projekte und Veranstaltungen, um die Wähler über das anstehende Ereignis zu informieren.
Der Präsident des "Mouvement Européen", Departement Seine Maritime, weist ein letztes Mal auf den Stoss gelber Blätter in der Ecke des Versammlungssaals. "Nimmt euch so viel ihr wollt, gibt es weiter, an eure Freunde, Kollegen, Nachbarn...holt so viele Leute am Samstag her, wie ihr könnt. Es ist wichtig!"
Was den kleinen Mann dermaßen erregt, ist folgendes: Samstag, den 28. März 2009, kommen sechs Europaabgeordnete des Bezirks "Nord-Ouest" nach Rouen, um mit Journalisten von "Le Monde" , Gewerkschaften und engagierten Bürgern über Europa zu diskutieren. Und es scheint niemanden zu interessieren. Zumindest nicht genügend, um den gemieteten Presseraum zu füllen.
Deshalb werden Flyer verteilt, Emails und Newsletter verschickt mit der Hoffnung, dass die Arbeit nicht umsonst war. Aber interessiert es denn niemanden, seine direkten Vertreter in Brüssel einen Nachmittag lang zu Europa zu befragen? Immerhin finanziert Europa zahlreiche französische Organisationen und Projekte.
Die Europawahlen am 6. und 7. Juni 2009 werden zwar diskutiert, meist jedoch nur in Generalversammlungen pro-europäischer Vereine oder Organisationen wie die der CRIJ (Centre d'Information de la Jeunesse). Ansonsten ist Frankreich mit anderen Sachen beschäftigt: den großen Frühlingsdemonstrationen, der Wut gegen die Regierung, der Krise oder sich selbst.
Und die französischen Medien? Eine der großen französischen Tageszeitungen, "Le Monde" hat neben den Rubriken Kultur, Politik, Gesellschaft den neuen Ordner "Europäische Wahlen" angelegt. In diesem Bereich wird Europa glücklicherweise gefördert. Es sind jedoch die praktischen Beispiele, mit welchen man die Menschen packen kann. Die Vertreter des europäischen Strukturfonds in der Präfektur der Region Haute-Normandie haben sich deshalb entschlossen, in einer Spezialausgabe ihre Arbeit vorzustellen. Erscheinen soll sie zum Europatag, dem 9. Mai. Darin will man in drei Beispielen aufzeigen, wo Europa regionale Projekte unterstützt. Vielleicht gewinnt man damit den Frisör aus der rue de la républiqe.
Aber ist denn das alles notwendig? Warum sollen die Menschen denn nicht zur Europawahl gehen? Betrachtet man die vorherigen Wahlen, erkennt man schnell das Problem: was den Präsidenten des "Mouvement Européen" umtreibt ist die schwindende Wahlbeteiligung. Während 1979 noch 60,7 % der Franzosen zur Europawahl gingen, machten 2004 nur noch 43,1 % ihr Kreuz auf den europäischen Wahlzettel.
Ob sich die stetig sinkende Beteiligung 2009 ändern wird, bleibt fraglich. Sinken wird sie, das ist sicher. Doch wie tief? Das hängt von uns ab.