Bäume, Seen... wo sind die Menschen?
Leevke ist einsam. In dem kleinen Dorf Nykarleby fühlt sie sich gar nicht wohl. Doch es gibt Lichtblicke: Das On-Arrival-Training, neue Freunde und ein geplanter Trip nach Lappland.
Hej Freunde, Verwandte, Bekannte und alle anderen! Tut mir Leid, dass ich mich erst jetzt melde, aber hier passiert so viel und doch so wenig...
Also, meine erste Woche in Finnland war sehr schön, denn da war ich auf dem On-Arrival-Training in Kokkola und habe viele neue Freiwillige kennen gelernt, war in einer echten finnischen Holzsauna und habe sogar ein bisschen Finnisch gelernt.
Am Freitag ging es dann zurück nach Nykarleby, die kleinste Stadt der Welt. Ihr müsst wissen, in Finnland leben nicht so viele Menschen. Helsinki beispielsweise hat nur halb so viele Einwohner wie Bremen, das heißt den Begriff Stadt muss man hier ganz anders verstehen. Nykarleby hat 8000 Einwohner - wenn man alle Dörfer rund herum mitzählt, denn im Zentrum leben nur circa 2000 Menschen. Ihr müsst versuchen euch das vorzustellen. Ihr geht durch den Ort und trefft maximal drei Menschen. Das andere Problem ist, dass die Finnen oft sehr schüchtern sind. Ich lerne es hier so schätzen zurück gegrüßt zu werden oder Blickkontakt zu halten.
Das erste Wochenende war ich alleine in dem "Internat" wo ich wohne, da die Schüler über das Wochenende nach Hause fahren und meine Mitbewohnerin, mit der ich ein Zimmer teile in Helsinki war. Ich muss sagen, dass ich mich selten so einsam gefühlt habe wie hier. Ich bin auf meinem Fahrrad (das einzige was Luft auf den Reifen und eine intakte Kette hat) durch den Ort gefahren und war einsam, ich habe im Internat gesessen und war einsam. Also, ich war nicht ganz alleine, ein Typ aus Russland und ein sehr netter schwedischsprachiger Junge aus Finnland waren auch da, aber nur selten.
Ich würde so gerne was Positives schreiben. Zum Beispiel Linda, meine Mitbewohnerin, die Sonntagabend gekommen ist, die ist wirklich nett und wir haben schon zusammen gekocht. Und dann der Sprachkurs, den ich vorläufig leider nur für zwei Wochen haben werde, der ist auch super. Ich versuche auch damit weiter zu machen, da ich wohl eher von 15 bis 21 Stunden arbeiten werde, aber ich muss gucken, dass ich den umsonst kriege, denn mein Projekt kann den nicht bezahlen... Andererseits möchte ich auch nicht jeden Nachmittag arbeiten, denn meine Mitbewohnerin arbeitet vormittags in der Schule und mit der letzten Freiwilligen war es so, dass die gegangen ist wenn sie gekommen ist und nach Hause kam, wenn meine Mitbewohnerin ins Bett ging. Das war wohl ziemlich blöd und ich will auch nicht wieder so viel alleine sein...
Dieses Wochenende fahre ich mit anderen Freiwilligen und Ex-Freiwilligen aus Finnland nach Lappland. Wir fahren von Donnerstagnacht bis Sonntag und werden in Rovianemi sein, den Weihnachtsmann besuchen, saunen und vielleicht auch Rentiere sehen. Darauf freue ich mich wirklich sehr, denn ich weiß nicht wie ich noch ein einsames Wochenende aushalten soll.
Also Leute, ich muss echt sagen, dass ich mir im Moment nicht vorstellen kann hier neun Monate zu bleiben. Meine Mitbewohnerin geht im Januar (sie war im Mai gekommen) und dann möchte ich auch gerne gehen. Natürlich spreche ich darüber noch mit keinem, aber ich weiß von meiner Mitbewohnerin, dass sie den ganzen Sommer alleine hier war und wahnsinnig einsam war und das würde ich unmöglich aushalten. Ich muss sagen, dass ich sehr stolz auf mich bin hier her gekommen zu sein, denn es ist wirklich das Schwerste was ich je gemacht habe und im Moment habe ich einfach Angst hier nicht vorzeitig rauszukommen. Ich muss dauernd Verträge unterschreiben, dass ich bis Ende Mai bleibe, aber ich will das gar nicht. Naja, morgen werde ich die Reitlehrerein kennenlernen und dann mal schauen. Ich habe echt Angst vor der Arbeit da, denn meine Vorgängerin hatte wohl irrsinnig viel Verantwortung und sehr lange Arbeitszeiten. Also, tut mir Leid, dass ich so wenig Positives schreiben kann, aber im Moment fühle ich mich einfach noch nicht wohl und kann mir absolut nicht vorstellen in diesem verschlafenen Nest mehr als vier Monate zu verbringen. Ich freue mich übrigens immer über Mails etc. - auch wenn es etwas dauern kann bis ich zurück schreibe. Liebe Grüße, Leevke