Die Vögel zwitschern - die Kinder maulen
Michałs einmonatige Auszeit in ALF bringt für mich und Eloise einige Veränderungen mit sich, die nicht alle angenehm sind. So beginnt unser Frühling hier nicht nur mit romantischem Vogelgezwitscher, sondern auch mit einigen nicht völlig einfachen Umstellungen.
Nach sechs Jahren, die Michał nun schon in ALF gearbeitet hat, hat er schließlich beschlossen, den Arbeitsplatz zu wechseln und seine neue Stelle an einer Schule für behinderte Kinder anzutreten. Das ist für mich in Anbetracht seines Einkommens in ALF (ca. 220€ monatlich) zwar mehr als nachvollziehbar, aber trotzdem ein großer Verlust für die Kinder und natürlich für uns. Michał wird zwar noch bis zum Ende unseres Projektes in ALF weiterarbeiten, aber um seinem Nachfolger Paweł eine Chance zu geben, sich einzuarbeiten, wird er für den gesamten Monat März nicht nach ALF kommen.
Das bedeutet für Eloise und mich konkret: Drei Tage die Woche wird Pan Andrzej, der nicht immer ganz einfache ALF-Leiter, uns mit seiner Anwesenheit beglücken. Somit haben wir weniger Freiheiten, zu tun und zu lassen, was uns sinnvoll erscheint, da Pan Andrzej immer sehr genaue Vorstellungen dessen hat, was gut und richtig ist und darüber auch nicht mit sich diskutieren lässt. Es ist hinfällig zu erwähnen, dass ich diese Ansichten eher selten teile. So sind wir zum Beispiel gleich am ersten Tag dringlich dazu angehalten worden, doch bitte das Verteilen der Kärtchen auf den Supermarktparkplätzen gewissenhafter auszuführen, es seien doch ab jetzt nur noch zwei Monate, in denen wir das machen müssten.
Für mich bedeutet Michałs Abwesenheit zusätzlich, das ich die einzige Möglichkeit für Eloise bin, mit den Mitarbeitern zu kommunizieren, da jetzt niemand mehr dort ist, der auch nur im Ansatz Englisch spricht. Was mich dabei besonders ärgert ist, dass sich Paweł bis jetzt auch keine große Mühe gibt, langsam und deutlich genug zu sprechen, dass ich eine Chance hätte ihn zu verstehen.
Das ist aber immer noch nicht so schwierig wie die Tatsache, dass die Kinder pausenlos nach Pan Michał und den Aktivitäten, die er angeboten hatte, fragen, obwohl sie eigentlich wissen, dass er erst einmal nicht mehr kommt. Es ist offensichtlich, dass auch die Kinder Michał vermissen und das kann ich ihnen beim besten Willen nicht verdenken. Dass sie deshalb Pawełs Autorität vollständig untergraben und mehr oder weniger sämtliche Regeln großflächig ignorieren, ist zwar auch irgendwo vorhersehbar und verständlich, aber für uns ziemlich anstrengend.
Trotzdem hat unser schwarz-weiß-Tag soweit ganz gut funktioniert und ich hatte am Mittwoch ein persönliches Highlight, als ich für die Sponsoren, die zu Besuch waren, einen Apfel- und einen Käsekuchen gebacken habe und dafür in den Himmel gelobt wurden. Ich solle doch bitte den polnischen Mädchen beibringen, diesen Käsekuchen zu backen. Ich hab dann auch fleißig behauptet, ich hätte das Rezept von Mama, obwohl ich beim Backen von Anfang bis Ende frei nach Schnauze improvisiert hatte:) Aber solange es schmeckt...
Jetzt bin ich also nach dieser Arbeitswoche zumindest psychisch ganz schön erledigt und hab mir mein Feierabendbier wohl verdient. Ich denke, dass das alles mit der Zeit einfacher wird, am Anfang hatten Eloise und ich es ja auch nicht zu leicht.
Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende,
Kora