Wenn ich zurückblicke
Während eines EVS' lernt man unglaublich viel. Vor allem aus Schwierigkeiten am Anfang seiner Auslandserfahrung kann man enorm viel mitnehmen. Neben den Mitfreiwilligen und anderen netten Menschen, die man in dem neuen Land trift, gibt es auch einige Informationen, die einem helfen, den Anfang gut zu bewältigen. Zum Beispiel ist es gut, einiges über den Kulturschock zu wissen. Auch die Hofstede Theorie ist sehr behilflich, um kulturelle Unterschiede zu verstehen.
Zehn Monate sind nun schon von meinem Europäischen Freiwilligen Dienst in Malta vergangen. Jetzt bleiben mir nur noch zwei. Die Zeit vergeht natürlich wie im Fluge. Ich genieße die letzten Monate in vollen Zügen und hoffe, dass das Ende weit, weit entfernt bleibt.
Wenn ich auf das Jahr zurückblicke, komme ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. In den zehn Monaten EVS passierte so viel wie sonst in Jahren nicht. Kein Wunder, es komprimiert sich ja alles auf zwölf Monate in denen man sich ein Leben in einem komplett neuen Umfeld aufbaut und extrem viele neue Eindrücke auf einmal verarbeitet. Laut der Transitionstheroie, ist eine so drastische Umstrukturierung in einem „Neuanfang“ auch der Grund für enorme Lernintensivität. Die Zeit des EVS‘ ist definitiv lernintensiv. Ich habe in den vergangenen zehn Monaten unglaublich viel über mich und über andere Kulturen gelernt. Außerdem macht man einzigartige Erfahrungen, die einem keiner mehr nehmen kann und die einem in seinem zukünftigen Leben weiterhelfen werden. So sind sich nun einige meiner Mitfreiwilligen und auch ich mehr über den zukünftigen beruflichen Werdegang im Klaren.
Vor allem die erste Zeit des EVS‘ ist sehr sensibel. Jeder erlebt diese Zeit anders. Habe ich mich von Anfang an wohl gefühlt, hatten einige Mitfreiwillige so ihre Startschwierigkeiten. In dem On-Arrival-Training sprachen wir ausführlich über Probleme, die einem der Neuanfang in einem fremden Land und Umfeld bereiten kann. Ein großes Thema war zum Beispiel der Kulturschock. Einige hatten Schwierigkeiten, sich auf all die neuen Eindrücke einzulassen und sich vielleicht auch von zuvor gemachten Erwartungen zu verabschieden. Ein Kulturschock ist bei all dem recht wahrscheinlich.
Bei der Ankunft, wenn alles neu und aufregend ist, geht es den meisten blendend. Alles ist neu und aufregend. Man sieht die schönen Seiten der neuen Umgebung, ist beeindruckt und möchte erleben, unternehmen, beobachten und entdecken. Diese Zeit kann man auch als Honeymoonphase bezeichnen.
Nach einiger Zeit tritt bei vielen dann jedoch eine Krise ein. Plötzlich sieht man, dass die Straßen ja ständig dreckig sind, dass einen die fremde Sprache an nervt, man sein Hobby hier nicht ausüben kann, im fremden Land alles so unorganisiert ist und man doch eigentlich sein geliebtes Zuhause sehr vermisst. Außerdem ist es oft schwierig, seine eigene Rolle in der neuen Kultur zu finden.
In dieser Zeit ist es wichtig, dass man sich nicht „einigelt“. Eine gute Methode um aus der Krisen-Phase wieder herauszukommen ist es, einfach alles, was einem das Umfeld bietet anzunehmen. Und mitzumachen wo man kann. Wenn zum Beispiel die Mitbewohner etwas unternehmen, von dem man nicht so genau weiß, ob man es mögen wird, sollte man einfach mitgehen und ausprobieren. Wie sonst, soll man erfahren, ob man es mag oder nicht. Und nur durch ausprobieren kann mein seinen Platz und seine neue Rolle finden. Es ist unglaublich wichtig offen zu sein. Auch wenn erste Vorstellungen endtäuscht werden. Denn das heißt es ja nicht unbedingt, dass es so, wie es jetzt ist schlecht ist. Vielleicht ist es letztendlich sogar viel besser, nur eben anders als man es sich eben zuvor ausgemalt hat.
Hoffentlich kommt dann schnell die Phase der Erholung, in der man Verständnis entwickelt und anfängt sich auf das „Andere“ einzulassen. Schließlich passt man sich an und beginnt das eigentliche Leben in der fremden Kultur eines fremden Landes zu erleben. Dann ist man in der Lage die schönen und nicht so schönen Seiten des Landes zu sehen, man sieht die Realität, kann sich einordnen und seinen Platz finden.
Eine große Stütze sind oft vor allem die Mitfreiwilligen. Auch außerhalb des Projekts Leute kennenzulernen kann sehr hilfreich sein. So baut man sich nach und nach seinen Freundeskreis auf, in dem man sich wohlfühlt und in dem man Halt finden kann.
Um das Leben in einer fremden Kultur besser zu verstehen, sprachen wir in dem Training auch über die Hofstede Theorie.
Sie beschäftigt sich mit den „Kulturdimensionen“ verschiedener Länder. Wenn man über diese Theorie nachdenkt und sein eigenes Land mit dem neuen Land vergleicht, wird einem einiges klar und man kann gewisse Gegebenheiten und Kulturelle Unterschiede leichter verstehen.
Sehr interessant war es für mich, die verschiedenen Herkunftsländer, aller Freiwilligen nach gewissen Kulturdimensionen zu vergleichen. Zum Beispiel nach dem Individualismus und Kollektivismus Index. Je nachdem, ob in einem Land das Individuum sehr geschützt wird und die Selbstbestimmung eine große Rolle spielt, oder ob der Kollektivismus eine größere Rolle spielt und von den Menschen eher erwartet wird, dass sie sich integrieren und in die Gruppe einfügen, kann man verschiedene Länder in ein Diagramm eintragen und feststellen, wo die Unterschiede liegen. Es gibt neben dieser noch viele andere Kategorien, nach denen man Länder vergleichen kann. Hierzu habe ich eine interessante Internetseite entdeckt, in der man Länder nach den verschiedenen Kategorien bewerten lassen kann:
Nachdem ich hier in Malta so viele Erfahrungen mit verschiedenen Kulturen gemacht habe denke ich, dass es bei der Eingewöhnung in einem neuen Land sehr hilft, sich mit diesen Themen zu befasst. Auch, wenn man sonst im Kontakt mit Menschen anderer Herkunft ist, kann man einiges viel leichter verstehen, wenn man sich ein bisschen damit befasst hat, wie andere Kulturen funktionieren oder, wie es ist, wenn man sich neu in einer Kultur eingewöhnen muss.