Die erste Woche
Seit einigen Tagen lebt jora nun schon in dem englischen Westküstenstädtchen Bridgwater. Das Erstaunlichste für ihn war die Erkenntnis, dass sich der britische Tagesrhythmus gar nicht so sehr vom deutschen unterscheidet. Einer der Gründe, weshalb er sich dort direkt zurechtgefunden hat. Einzig die Beifahrerseite bereitet ihm einige Probleme.
Um mich kurz vorzustellen: Ich bin 19 Jahre alt und lebe und arbeite momentan in England, genauer gesagt in Somerset an der Westküste, in einem Heim für in Deutschland wohl als schwererziehbar eingestufte Jugendliche. Alles Weitere solltet Ihr aus meinen Artikeln herauslesen können.
Mittlerweile lebe ich seit vier Tagen in Bridgwater/Somerset an der englischen Westküste und stelle jeden Tag aufs Neue fest, wie wenig sich das Leben auf „der Insel“ doch von dem gewohnten deutschen Rhythmus unterscheidet. Selbst das britische Essen in meiner Einrichtung widerlegt alle Vorurteile und erweist sich weder als ungewohnt noch als fad und abstoßend. Allerdings könnte dies auch daran liegen, dass die Köchin Italienerin ist…
Was erwartet ein durchschnittlicher Deutscher vom Leben in England? Seien wir ehrlich: miserables Essen, verregnete Nachmittage und Nazi-Anspielungen als Einstieg in jedes zweite Gespräch. Doch nach meinen bisherigen Erfahrungen muss ich Euch enttäuschen. Die Mahlzeiten zählen zu den Höhepunkten der niederschlagsfreien Hochsommertage und nicht einmal die Boulevardpresse hat mir bisher unterhaltsame Anekdoten über heldenhafte Briten und abgrundtief böse Deutsche geliefert.
Stattdessen begegnen mir zahlreiche Mitarbeiter und Jugendliche mit einem bemerkenswert großen Interesse an deutschen Besonderheiten, sodass „What is … like in Germany?“ bisher zu den am häufigsten verwendeten Fragen gehört.
Die größte Schwierigkeit bereitete mir hingegen zu Beginn die Konstruktion britischer Autos. Nachdem ich mich gedanklich darauf eingestellt hatte, auf der linken Straßenseite zu fahren, fiel mir dann mehr als einmal auf, dass ich als Beifahrer nicht auf der rechten Seite einsteigen sollte.
Ich muss mich wohl auch noch daran gewöhnen, dass Briten auch bei 25°C im Schatten nicht davon zu überzeugen sind, dass ein Milkshake oder ein kühles Mineralwasser mit Zitronenaroma lohnende Alternativen zum obligatorischen Tee sein können. Aber genau das ist es schließlich, was das Leben in einem anderen, wenn auch nicht völlig fremden Land ausmacht: kleine Unterschiede zum gewohnten Lebensstil oder eigenartige, liebenswerte Besonderheiten. Außerdem ist meine Einrichtung mit einer Kanadierin, einem Südafrikaner, einer Italienerin, einer Spanierin und vielen Briten so international besetzt, dass ich wohl nicht nur durch britische Gewohnheiten geprägt werde.
Das Arbeitsleben selbst ist bisher mehr als locker und unkompliziert. Da ich erst Montag (also eine Woche nach meiner Ankunft) in den Schichtdienst eingeteilt werde, habe ich in den ersten Tagen in erster Linie das Leben in Wembdon miterleben dürfen. Deshalb zählen Badminton oder Billard spielen sowie unkompliziertes Rumhängen mit den Jugendlichen zu meinen wichtigsten Beschäftigungen.
Abgesehen von ein wenig mehr Verantwortung erwarte ich allerdings für die nächsten Wochen nicht viele Änderungen. Ich werde Euch auf dem Laufenden halten!
Mit freundlichen Grüßen
Joachim