Der etwas andere Urlaub
Amselle reiste mit Schotten, Österreichern, Schweden und Slowenen zu Italienern, Griechen und Belgiern türkischer Herkunft in Spanien: "Mit im Gepäck: gute Laune, gutes Wetter und Musik, die vereint."
Oder soll ich doch besser von “Feldstudie” sprechen? :) Die war folgendermaßen angelegt:
Man nehme einen Schotten, einen Österreicher, einen Schweden, einen Slowenen und eine Deutsche – alle Anfang zwanzig –, setze sie in ein kleines Mietauto und lasse sie eines morgens ohne festes Ziel in Jerez de la Frontera losfahren. Mit im Gepäck: gute Laune, gutes Wetter und Musik, die vereint.
Was bei diesem Experiment herauskam, war eine der ungewöhnlichsten, witzigsten und interessantesten Reisen, die ich je erlebt habe. Zugegeben, das ist auch nicht schwer, wenn man als einziges Mädchen mit einer “Horde” Halbstarker ;) unterwegs ist, aber trotzdem. Mark, der Schotte, und Bekim, der Slovene, kamen übrigens spontan mit, nachdem Stefan sie gefragt hatte. Mark ist Sprachschüler in Jerez und Bekim ebenfalls Europäischer Freiwilliger.
Nun aber zum Ablauf:
Nachdem ich Freitagmorgens um fünf Uhr in Jerez ankam, wo mich Gentleman Stefan per Auto abholte, verbrachte ich noch wie geplant das Wochenende in Jerez. Einen Abstecher nach Cádiz haben wir natürlich auch gemacht. Dort trafen wir lustigerweise noch ganz zufällig Rike, Jule und den Japaner. Anfangs waren sie ja auch für die Rundreise eingeplant, bevor sich herausstellte, dass es keinen Platz mehr im Auto geben würde.
Beide Städte - Jerez wie Cádiz - strahlen diesen ganz speziellen, andalusischen Charme aus, aufgrund dessen ich mich ja vor genau drei Jahren an Ostern in Spanien verliebte. Es war also fast wie ein Nachhausekommen, bei warmen Temperaturen durch die engen Gässchen zu spazieren, während überall schon die Blumen in den verschiedensten Farben blühten. Zugegeben: Ich muss ja doch schon mit Neid feststellen, dass mir viele Orte außerhalb Madrids reizvoller erscheinen, als die Hauptstadt selber. Noch dazu lässt mich jeder neue Ausflug erkennen, dass scheinbar alle Spanier freundlicher und hilfsbereiter sind, als die Madrileños.
Ab Montag ging es dann endlich per Auto los. Erste Station war Ronda, ein kleines Dorf im Landesinneren Andalusiens, welches berühmt für seine einzigartige Lage an der Kante eines Hochplateaus ist. Gegen Abend fuhren wir weiter nach Málaga, wo wir am Strand übernachteten. Dabei hatten ich und Bekim in meinem Zelt noch Glück, schließlich konnten wir uns in voller Länge ausstrecken, und mussten uns nicht wie Stefan, Mark und Nils zu dritt ins Auto quetschen. :) Auch wenn es romantisch klingen mag, am Strand zu schlafen – mir war es eindeutig zu windig und zu sandig.
Dienstags fuhren wir weiter nach Roquetas, das bei Almería liegt. Lisa, eine Schulfreundin von Nina, hat dort ein Ferienhaus (also ihre Familie) und da Nina und Isabella auch in Andalusien unterwegs waren, trafen wir uns einfach bei Lisa, die uns freundlicherweise aufnahm.
Nachdem wir den Tag über noch am Strand herum gegammelt hatten, ging es abends dann weiter nach Lorca, wo wir bei Giovanna, einer italienischen Freiwilligen, in der Wohnung übernachteten. Mittwochs fuhren wir nach Murcia, wo wir uns mit Moustafa, einem belgischen Freiwilligen türkischen Ursprungs und Giovanna trafen, um die Stadt zu erkunden.
Da Moustafa keinen Platz für uns in seiner Wohnung hatte, fuhren wir abends weiter nach Calpe bei Benidorm, wo wir in der Freiwilligen-WG von claudi, Sikelia (Griechenland), Nathalie (Belgien) und Mario (Deutschland) übernachteten. Hiermit wie versprochen ein lieber Gruß an Mario! *Wink* Sie wohnen dort normalerweise zu acht (ein paar waren verreist) in einer riesengroßen Wohnung, die ehemals ein Hostal war. In Calpe – eigentlich eine hässliche Strandtouristenhochburg beziehungsweise eine deutsche und britische Kolonie – blieben wir spontan zwei Nächte. Da meine Mitfahrer es vorzogen, nachts ordentlich zu feiern und zu bechern, verschliefen wir nämlich den halben Tag, um abends weiter zu feiern... Sprich: unser Fahrer war fahruntauglich. ;)
Samstags ging es dann aber doch weiter nach Valencia, wo wir Anna und Maike trafen. Anna aus Deutschland ist noch Freiwillige in Valencia und Maike war als Exfreiwillige gerade zu Besuch. Nachdem ich mich endgültig Samstagabends von den Jungs verabschiedet hatte, die am nächsten Tag über Sevilla zurück nach Jerez fahren wollten, holte mich Anna zehn Minuten vor Mitternacht in der Nähe ihrer Wohnung ab. Es stellte sich heraus, dass sie am nächsten Tag Geburtstag hatte und so schlitterte ich praktisch zufälligerweise in eine Geburtstagreinfeierparty. Eine von vielen lustigen Anekdoten während dieser Reise.
Eigentlich hatte ich vor, am nächsten Tag, also Sonntag, wieder nach Madrid zurück zu fahren. Da es mir aber so gut in Valencia gefiel, blieb ich bis Montagabend. Valencia ist für mich die heimliche Hauptstadt des Jugendstils und schon allein deshalb sehr reizvoll. Ich hätte so ungefähr in jedes zweite alte, charmante Haus in der Innenstadt einziehen können. :)
Anna, in deren Wohnung ich immerhin schlief, musste Sonntagmorgens schon weiter als Betreuerin mit auf eine Kinderfreizeit. Also verbrachte ich den Rest der Zeit mit Maike aus Deutschland, Kostis aus Griechenland und den anderen Freiwilligen aus Valencia. Einen ganzen Nachmittag war ich sogar nur mit Franzosen zusammen, das war super interessant und nett, mal wieder Französisch zu sprechen. Nach anfänglichen Hängern klappte es nämlich doch recht gut – meine grauen Zellen haben mich also nicht im Stich gelassen. :)
Nun zum Fazit:
Ich habe in diesen zehn Tagen vielleicht mehr gesehen und erlebt, aber auch gelernt, als in den drei Monaten davor zusammen. Nicht umsonst heißt es: Reisen bildet. :) Die Gespräche mit den ganzen netten Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, die ich auf dem Weg kennen gelernt habe, aber auch die gemeinsamen Erlebnisse haben mich wieder ein Stückchen geprägt. Ich erlebe hier wirklich mit Haut und Haar, was es heißt, Europäerin zu sein. Und ich muss sagen, ich fühle mich verdammt wohl in dieser Rolle. Nichts ist spannender, als sich mit Menschen anderer Herkunft auszutauschen und voneinander zu lernen. Darum werde ich wohl auf ewig vom Fernwehvirus befallen bleiben, mit dem ich mich hier infiziert habe.