Und schon jetzt deprimiert...
Frustration und der Gedanke abzubrechen
Ich wusste, dass ein Jahr im Ausland schwer wird, dass es viele Aufgaben zu meistern gibt, vor allem in einem Land, dessen Kultur man nicht kennt, doch ich habe mich gefreut. Das sollte mein Jahr werden! Leonie in der Ukraine! Ich wollte mich ein Jahr lang mit der jüdischen Geschichte in Osteuropa auseinandersetzen vornehmlich mit der Shoah. Was konnte geeigenter sein, als ein EVS in einem jüdischen Museum in einer Stadt, in der 33 % der Bevölkerung jüdisch waren, bis der zweite Weltkrieg kam.
Doch irgendwie kam das ganze dann doch anders...Ich kam mit Motivation und Vorfreude morgens mit dem Zug in Czernowitz an und stand dann erst einmal am Bahnhof bis mein Projektleiter irgendwann viel zu spät auftauchte, sich schnell vorstellte, mir mein Gepäck aus den Händen riss und mich in ein Taxi ohne Anschnallgurte und einem riesigen Sprung in der Frontscheibe verfrachtete. So fuhren oder holperten wir durch die Straßen Czernowitz zu meinem Studentenwohnheim. Dort angekommen hatte ich nur kurz Zeit, meine Sachen abzulegen und mich umzuziehen. Dann fuhren wir weiter in mein Projekt. Nun das Museum über die jüdische Geschichte und Kultur der Bukovina ist klein, sehr klein und uninteressant. Es geht nicht, wie man erwarten könnte, um die jüdische Geschichte und Kultur der Bukovina, sondern um irgendwelche Familien, die irgendeine Bedeutung haben, weil sie zum Beispiel ein Krankenhaus gebaut haben. Das Arbeitszimmer des Museums hat ungefähr die Größe eines durchschnittlichen deutschen Badezimmers und einen Computer, den sich vier Personen teilen. Es gibt also auch keinen Arbeitsplatz für mich. Als wir in dem Museum ankamen, wurde mir das Museum auch nicht gezeigt, sondern ich wurde auf einem Stuhl in der Ecke plaziert. Das hat sich in den folgenden Tagen dann auch nicht mehr geändert.
Als ich wieder ins Studentenwohnheim kam, wurde mir bewusst, dass meine Unterbringung ungefähr genau so toll ist wie mein erster Arbeitstag. Die fehlende Waschmaschine, das nicht vorhandene Internet, so wie Tatsache, dass ich mir Dusche und Klo mit keine Ahnung wie vielen Leute teilen muss waren nicht so schlimm wie das Fehlen der Küche und jeglicher Küchenutensilien.
Am Wochenende erkundete ich dann die Stadt, was sich als gar nicht so leicht herausstellte, da es hier keine Buspläne gibt und es auch niemanden in der Stadt gab, der sich auch nur annhähernd für mich verantwortlich gefühlt hätte. So war ich erst einmal sehr froh, als ich einen Supermarkt fand.
Als ich am Montag pünktlich um 11 Uhr vor dem Museum stand, erfuhr ich, dass Montags das Museum geschlossen hat. Es hielt wohl niemand für nötig, mir das mitzuteilen.
Meine ersten Tage waren also von Frustration geprägt.
Auf dem On-Arrival-Training merkte ich dann, dass meine Situation nicht normal war und dass ich mich ruhig bei meiner Organisation beschweren könnte.
Wieder zurück in Czernowitz schrieb ich dann höflich formulierte Mails an meine Organisation und erhielt einige Tage später die Antwort, dass hier eben andere Lebensstandards herrschten und ich mir doch selbst Arbeit suchen könnte. Es war ja nicht so, dass ich in meinem Projekt nicht immer nachgefragt hätte, was ich tun könnte, und keine Vorschläge eingebracht hätte. Nun gut, in meiner Enttäuschung über meine Organisation schrieb ich dann an die Nationalagentur in Deutschland, die von der ganzen Situation nicht ganz so begeistert schienen und mir versprachen, sich an meine Organisation zu wenden. Daraufhin bekam ich von meiner Organisation plötzlich besorgte Mails und das Versprechen, dass eine Woche später die Länderbeauftragte aus Kiew vorbeikommen würde.
Natürlich hatte ich mich auch schon bei meinem Projekt beschwert. Als ich mal wieder nicht unterrichtet wurde, dass eine größere Veranstaltung anstand, und ich danach nur vorwurfsvoll gefragt wurde, wo ich denn gewesen wäre, ließ ich meinem Frust freien Lauf. Und was geschah? Ich wurde zum Torte essen eingeladen...?!?!?!
Eine Woche später kam dann die Länderbeauftragte. Als wir mit dem Projektleiter redeten, hatte er auf einmal ganz viele Aufgaben für mich, die es aber eigentlich nicht gibt, denn wenn man mal nachfragte, druckste er nur rum. Also suchte die Länderbeauftragte mir irgendeine andere Beschäftigung, die nichts mehr mit dem Thema zu tun hat, warum ich dieses Jahr machen wollte. Ich soll kleinen Kindern, die weder bis 10 zählen noch schreiben können, Englisch beibringen. Auf mich wirkt das einfach wie pure Beschäftigungstherapie, nur damit ich irgendetwas zu tun habe.
Bei der Wohnungssuche wird mir nur so halbherzig weitergeholfen, was zur Folge hat, dass ich jetzt in eine WG von anderen Freiwilligen gezogen bin. Ich schlafe auf einer Couch im Wohnzimmer ohne Tür. Ich kann erst einschlafen, wenn die letzte ins Bett geht, und wache auf, wenn die erste aufsteht, da das hier der allgemeine Aufenthaltsraum ist. Ich habe hier auch keinerlei Privatsphäre, aber immerhin eine Küche, eine Waschmaschine und Internet. Die Situation ohne Küche war für mich schrecklich. Einen Monat nur Brot essen geht extrem auf dei Nerven.
Inzwischen bezweifle ich, dass sich das hier zum Positiven wendet. Ich werde jetzt noch bis November warten und dann eine Entscheidung fällen. Natürlich würde ich gerne durchhalten, aber ich denke, ich kann diese Zeit, dieses Jahr besser nutzen.
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