Party ohne Ende…
Julia hat ein langes Wochenende mit Herausforderungen aller Art hinter sich: von Busfahrten im Stehen, über Party mit Tanzen und Trinken bis hin zur selbstegewählten Einschränkung, die Welt einmal mit anderen Sinnen wahrzunehmen als gewohnt.
Da bin ich wieder. Und was soll ich sagen, ich hab mal wieder ein langes Wochenende hinter mir. Dieses Mal war es unser Freiwilligentraining in Hollókõ, das nicht nur zum Spaß da war, sondern auch, um die Erfahrungen, die man bis jetzt gesammelt hat, zu reflektieren und zu teilen. Wir haben viel gequatscht und viel gelacht, wobei mir wieder einmal bewusst geworden ist, dass wir mit unserem Projekt echt einen guten Fang gemacht haben. Denn andere Freiwillige scheinen echt große Probleme zu haben, was ich ja von mir glücklicherweise nicht sagen kann.
Wir sind am Donnerstag nach Hollókõ gestartet. Hollókõ liegt ganz am anderen Ende von Ungarn, so dass wir eine Weile gebraucht haben, um bis dorthin zu kommen. Aber unterwegs haben wir andere Freiwillige getroffen, sodass sogar die Busfahrt zum Spaß wurde. Anfangs sah es nämlich so aus, als wenn das ganz und gar nicht der Fall sein sollte, weil in Ungarn immer mehr Bustickets verkauft werden, als in dem Reisebus Plätze sind. Das hieß also, ein paar Stunden stehen und werd die Strassen in Ungarn kennt, weiß, dass die nicht die besten sind. Aber wir haben es überlebt und sind gut angekommen.
Hollókõ hat übrigens das UNESCO Kulturerbe erhalten, wegen seiner Altstadt und den mega-alten Häusern, die dort stehen. Von unserer Pension aus hatten wir einen fantastischen Blick auf das Dorf. Leider war es die ersten Tage nicht möglich, das Dorf zu sehen. Gerade ich hatte da so einige Schwierigkeiten, weil unser Programm echt voll gepackt war.
Die größte Herausforderung war dabei für mich, ein "Go beyond your limits challenge". Das hieß so, weil wir uns etwas suchen sollten, dass uns über unsere Grenzen hinaus fordert. Etwas, was wir noch nie gemacht haben, was uns vielleicht auch Angst einjagt. Ich hab mir gedacht, dass ich für einen Nachmittag blind sein werde. Das heißt, ich hab mir die Augen verbunden und habe so versucht, den Tag zu meistern. Das hört sich eigentlich ganz leicht an, aber die Probleme fingen schon damit an, dass ich ohne meine Augen mich erstmal dran gewöhnen musste, das Gleichgewicht beim Laufen zu halten. Das ging alles noch ganz gut, und ich hatte auch zahlreiche Helfer, die zwar einerseits ihr Challenge meistern mussten, aber es immer noch geschafft haben, mir zu sagen, wie viele Stufen die Treppe hat. Das war also sehr aufregend und ich habe eine ganze andere "Sicht"-Weise auf Dinge gehabt. Es war zum Beispiel nicht einfach, ständig um Hilfe zu fragen. Ich bin dann auch mit einer Freiwilligen namens Sallima ins Dorf gegangen, wo uns ein alter Mann ansprach, der sehr abergläubig war und behauptete, dass, wenn ich mit so einem ernsten Thema spiele, dass es dann Wirklichkeit wird. Ich glaube eigentlich nicht, dass ich das auf die leichte Schulter genommen habe, ich glaube nur, dass man manche Dinge erst zu schätzen weiß, wenn man sie aus einer anderen Perspektive betrachtet. Nun denn, ich glaube, sollte ich wirklich blind werden eines Tages, dann hängt das nicht damit zusammen, dass ich mir die Augen für fünf Stunden verbunden habe. Das Schwierigste kommt allerdings noch, das ESSEN. Ich hab meinen Teller zwar leer essen können, es hat nur eine ganze Weile gedauert. Teilweise war meine Gabel so voll, dass ich sie nicht in den Mund bekommen habe und teilweise war gar nichts drauf. Da kam ich mir dann doch schon etwas komisch vor. Alles in allem war es eine echte Erfahrung für mich.
Abends gab es dann immer viel zu tun. Lagerfeuer, Spiele und Party. Vor allem am letzten Abend ging es rund, da unten im Dorf ein Festival stattfand, bei dem neue traditionelle Musik gespielt wurde. Wir haben uns schnell mit den Dorfbewohnern, vor allem mit den jüngeren, zusammen getan und den Abend zusammen verbracht. Es gab natürlich auch ungarischen Wein, selbst gemacht und echt lecker. Ich glaube, da kommt kein Flaschenwein ran und wie sich das für die ungarische Gastfreundschaft gehört, war der Wein auch noch umsonst. Man kann sich also vorstellen, wie schnell ein Glas leer und dann auch schon wieder voll war. Als wir dann schon ein paar Becher geleert hatten, hatten wir großen Spaß daran, zu tanzen (natürlich traditionelle Tänze), und uns gegenseitig zu erklären, dass wir eigentlich überhaupt nicht betrunken sind, und wenn, dann nur ein ganz, ganz wenig. Die Ungarn waren superlieb und haben uns geduldig zugehört, wie wir versucht haben, Ungarisch zu sprechen, obwohl sie wahrscheinlich kein Wort verstanden haben. Und ihre traditionellen Tänze haben sie uns auch bereitwillig beigebracht, obwohl nicht jeder (inklusive ich) den Tanzschritten folgen konnte, aber der Spaß war ja auch das Wichtigste.
Aber auch die schönste Party hat mal ein Ende, und so sind wir am letzten Abend gegen fünf Uhr endlich ins Bett gefallen um am nächsten Morgen um sieben mit lauter Musik geweckt zu werden. Erstaunlicherweise ging es mir wirklich gut. Dann mussten wir auch schon die Heimreise antreten, obwohl, glaube ich, niemand wollte. Denn während der vier Tage haben wir echt eine ganze Menge neue Leute kennen gelernt, viel von einander gelernt und eine Menge Spaß gehabt, sodass man echt zusammen gewachsen ist.
Außerdem war das ein Wochenende, an dem ich wieder richtig Kraft für meine Arbeit gesammelt habe und eine ganze Menge neue Ideen hatte, wie ich mein EVS noch besser machen kann. Zum Beispiel dachte ich daran, eine Zeitung für unsere Stiftung zu machen, wo monatlich alle Neuigkeiten der verschiedenen Workshops drinstehen. Mal schauen, was die anderen davon halten.
Da wir uns also nicht trennen wollten, haben wir beschlossen, nicht sofort nach Hause zu fahren, sondern die Nacht in Budapest zu verbringen. Wir riefen auf der Arbeit an und sagten, dass wir den Zug von Budapest nach Pécs verpasst hatten und deshalb über Nacht in Budapest bleiben müssen. Dann ging’s zur Basilika und zu allen möglichen Orten in Budapest. Ich kann euch sagen, Budapest ist echt ‚beautiful at night’. Wir haben alle gemeinsam beschlossen, dass wir noch mal für längere Zeit nach Budapest müssen, um wirklich viel zu sehen. Da wir ja jetzt auch fast alle Freiwilligen aus Unharn kennen, kann man sich ja auch gegenseitig besuchen und unterschiedliche Orte kennen lernen. Das gibt ein Spaß und ich freue mich auch schon, Euch das nächste Mal zu berichten, wenn es mich wieder an einen anderen Ort verschlagen hat.
Bis bald. Love Julia