Bericht aus Warschau
Ich darf berichten: Mir geht es hier in Warschau ausgesprochen gut! Wenn ich's recht bedenke, hab ich mir genau die Lebenssituation geschaffen, die ich wünschte.
Ich darf berichten: Mir geht es ausgesprochen gut! Wenn ich's recht bedenke, hab ich mir genau die Lebenssituation geschaffen, die ich wünschte.
Im Moment lebe ich noch allein mit drei Mädels zusammen, es sind dies Sophie und Louise aus Frankreich und Sílvia aus Barcelona, genauer gesagt Katalonien, das ist ihr wichtig zu betonen. Sophie kommt aus Limoges und ist großer Italienfan, Louise ist gebürtiger Pariserin, studierte aber in Lyon, da ihr Paris zu teuer und zu schniecke war. Anfang November werde ich einen Zimmerkollegen bekommen: Er nennt sich Alexey und kommt aus Kaliningrad (Königsberg). Obwohl ich mich bisher über die Mädchen wirklich nicht beschweren kann, freue ich mich über männliche Unterstützung. Bisher habe ich in Warschau noch keinen männlichen Freiwilligen gesehen.
Auf Arbeit habe ich keinen einfachen Start hinter mir. Das liegt zunächst an der schwierigen Kommunikation durch die Sprachbarriere. Der Kindergarten hat insgesamt knapp 40 Kinder und ist in vier Gruppen unterteilt. Ich arbeite bisher in der grupa niebieska, der blauen Gruppe mit jenen Kindern, deren Behinderungen am wenigsten drastisch sind. In meiner Gruppe sind neun Kinder, zwei Erzieherinnen und ich als Freiwilliger. Vier von ihnen sind nicht fähig zu sprechen. Da die Kinder öfter mal krank sind, sind wir kaum mehr Kinder als Erwachsene. Der Kindergarten (Przedszkole - wörtlich übersetzt Vorschule) ist nicht nur personell gut ausgestattet, sondern auch materiell: Die Kinder haben allerhand Spielzeug zur Verfügung, Beamer und Leinwand, verschiedene Therapiemöglichkeiten (Sprache, Wasser, Bewegung). Allerdings gibt es auch Manches, woran ich Anstoß nehme: Die Kinder haben zu viel selbstständige Spielzeit, die sie oft selbst nicht anständig gestalten können. Sie müssten in der Gruppe mehr spielen, mehr Bewegung haben und sich künstlerisch vielfältiger ausdrücken können. Gerade musikalisch läuft da recht wenig. Stattdessen sehe ich, wie eine DVD eingelegt wird, die einen Animationsfilm zeigt, in dem eine Puppe mit Tieren tanzt. Das alles sieht sehr künstlich aus, die Musik erinnert an Techno mit Kinderstimme und das Bild von Tieren, das hier vermittelt wird, entspricht nicht dem natürlichen Wesen. Die Kinder lieben das Video, tanzen dazu, starren auf den Bildschirm oder beachten es gar nicht. So unterschiedlich reagieren sie.
Wenngleich manche Fragen für mich noch geklärt werden müssen, so habe ich die Kinder doch sehr gern und umgekehrt auch, das zeigen sie gerne.
Was sich verbessern muss: Dass ich mich mehr einbringen kann und mehr Herausforderungen finde. Denn bisher beschränken sich meine Aufgaben hauptsächlich darauf, den Kindern ein Spielkamerad zu sein, ihnen da zu helfen, wo es nötig ist und sie ein bisschen herauszufordern. Es ist aber nicht so, dass ich an meiner Arbeitsstelle unbedingt gebraucht würde. Die Arbeit könnten sie auch gut ohne mich erledigen. So gilt es für mich, meine besonderen Aufgaben darin zu finden, damit ich meine Arbeit als sinnstiftend erleben kann. Manchmal waren wir personell schon so überbesetzt, dass ich mich als nutzlos empfand, zumal ich nur mit manchen Erzieherinnen englisch sprechen kann. So kann ich meine Fragen nicht immer zur rechten Zeit stellen.
Warschau ist schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Natürlich gibt es die großen Wohnmaschinen, aber auch die haben für mich einen gewissen Reiz. Daneben gibt es aber die Innenstadt mit schönen Gebäuden, in der sogenannten Altstadt (Stare Miasto) wurden die Gebäude nach dem Vorbild früherer Gemälde wieder aufgebaut. Zudem gibt es eine Menge schöner Parks. Nur das Ufer der Weichsel ist seltsam abgeschnitten von der Stadt.
Hinter dem EFD steht ein gewaltiger bürokratischer Apparat. Zwischen meine Entsendeorganisation in Dresden und meine Aufnahmeorganisation, dem städtischen Special Kindergarten no 393, ist die polnische Robert-Schuman-Stiftung zwischengeschaltet. Sie kümmert sich um administrative Angelegenheiten, stellt mir die Wohnung und zahlt mir mein Taschengeld aus. Zudem habe ich eine Mentorin, die mir persönlich für alle Fragen zur Hilfe steht.
Anbei Bilder aus meiner Umgebung