Viel passiert
Hallo alle miteinander - oder wie man hier sagen würde: Ahojte!! Als erstes mal eine gute Nachricht, ich kann euch heute ein paar Fotos präsentieren, denn Benoit hat mir seine geschickt, die er vorletzte Woche gemacht hat. Sind nicht viele, aber trotzdem. Ansonsten gibt es zwar wieder viele komische und lustige Sachen zu berichten, aber ich kann leider nicht sagen, dass es mir richtig gut geht.
Ich habe immer noch Probleme mit meiner Arbeit, denn ich habe einfach keine. Es sieht auch nicht so richtig danach aus, als wenn sich das ändern würde. Und da ich ja nicht hergekommen bin, um neun Monate Urlaub zu machen und in irgendeinem Büro rumzugammeln, überlege ich ganz ernsthaft, ob ich das ganze hier nicht abbrechen sollte, weil es keinen Sinn hat. Natürlich gibt es hier Sachen, die mir langsam ans Herz gewachsen sind. Das sind vor allem die anderen Freiwilligen und meine Mitbewohnerin Heini, die ich nicht gerne alleine lassen will, aber ansonsten hält mich hier halt nicht soviel. Andere Leute sagen, dass es eine einzigartige Chance ist, und ich nicht einfach aufgeben darf. Aber ich habe versucht, diese Chance zu nutzen. Und wenn es nicht klappt, dann ist das für mich kein Aufgeben, sondern Einsehen, dass es halt nicht sein soll. Aber das muss ich eigentlich auch niemandem außer mir selbst erklären.
Außerdem haben wir beide, also Heini und ich, auch Probleme mit unserem Boss. Wir leben ja in zwei Räumen in seinem Haus und am Freitag haben wir ihn mal gefragt, wie er denn so das Geld nutzt, dass er von der EU kriegt. Er war etwas beleidigt, man kann mit ihm auch nicht richtig über Geld reden, aber trotzdem war es für uns eine Überraschung, dass er für jeden Raum 6500 Kronen kriegt. Das sind 175 Euro, und das ist definitiv zu viel, auch wenn er meint, dass es nicht möglich ist, etwas Günstigeres zu finden. Aber, da die Chefin von zwei anderen Freiwilligen, die auch umziehen wollen, gesagt hat, dass 4000 Kronen für eine Zweizimmerwohnung genug ist, können wir uns jetzt nicht mehr vorstellen, dass es unmöglich sein soll, etwas Günstigeres zu finden. Eigentlich wohnen wir gerne da, auch wenn nicht alles perfekt ist, aber das kann man ja nicht erwarten. Dass unser Chef aber mit dem Geld, von dem er eigentlich unseren Sprachunterricht bezahlen sollte, einfach mal die Zimmer in seinem eigenen Haus an sich selbst für einen Wucherpreis vermietet, das sehen wir nicht so richtig ein. Mal schauen, ob wir jetzt halt umziehen oder ob wir es irgendwie hinkriegen, dass die Miete günstiger wird und wir mehr als eine Stunde Slowakisch die Woche bekommen können. Wir haben diesen Unterricht noch nicht mal bei einer richtigen Lehrerin und wir sind insgesamt vier Freiwillige. Das ist einfach viel zu wenig: eine Stunde die Woche und vier Leute.
Ach ja, ich habe Euch ja auch noch gar nicht erzählt, dass ich ja durchaus Arbeit hatte, für einen Tag. Mein Boss wollte, dass ich in eine Schule gehe und da mit Deutsch lernenden Schülern rede. Leichter gesagt als getan, denn mit Anfängern ist das schwierig, sie verstehen mich nicht und so. Außerdem habe ich da überhaupt keine Lust zu. Das hab ich der Direktorin dann auch gesagt und meinem Boss auch. Der hat es aber nicht ganz verstanden, dass das halt nicht meine Aufgabe hier ist und so. Er wollte dann gnädigerweise übers Wochenende darüber nachdenken. Heute ist er aber leider nicht im Büro, vielleicht hat er noch keine Lösung gefunden... ?!
Aber jetzt wurde sich erstmal genug beschwert. Ich kann es eigentlich selbst nicht mehr hören, weil wir, immer wenn wir uns mit anderen treffen, immer nur über unsere Probleme reden können. Es ist echt faszinierend, dass es bei fast allen Leuten hier Probleme gibt.
Okay, jetzt also mal ein paar schöne Sachen, die hier ja durchaus auch passieren und überraschenderweise geht es uns ja bei all unseren Problemen noch gut und wir können besonders gut Witze über unsere eigene Situation machen. Letztes Wochenende waren wir irgendwo ganz im Süden der Slowakei – eigentlich war es schon Ungarn – und da war so etwas wie ein Integrationswochenende für körperlich Behinderte. Ich hab keine Ahnung, wie der richtige Name war, ist aber auch egal. Das war zwar etwas anstrengend, weil alles voll mit Programm war, aber es war auch sehr lustig. Vor allem, wenn mal wieder irgendwas passiert ist und Heini und ich keine Ahnung hatten was, weil natürlich alle aus slowakisch war. Meistens haben wir aber irgendjemanden gefunden, der für uns übersetzt hat. Außerdem konnten wir uns so sehr gut in die Situation der Behinderten hinein versetzen, denn wenn man mal "Behinderte/r" in "Person mit speziellen Bedürfnissen" umwandelt, dann waren wir ja auch welche.
Wie schon gesagt, wir haben viel Programm gehabt. Einmal wollten wir herausfinden, wie gut wir uns in andere Personen hinein versetzen können. Die Methode dafür fand ich zwar komisch, so wie manch andere Methode dort auch, aber egal. Bei diesem Spiel war also eine Frage, was wir denken, was die Mehrheit denkt, wie die Mehrheit seinen Partner nennt. Wenn ihr jetzt nicht ganz verstanden habt, was gemacht wurde, macht das nichts. Ich hatte natürlich keine Ahnung von Kosenamen auf Slowakisch, aber mein Nachbar hat "Zlatko" geschrieben. Da ich natürlich nicht wusste, was das heißt, musste ich erstmal an Zlatko aus dem Big Brother Haus denken. Und das fand ich ja schon lustig genug, dass jemand seinen Partner so nennen könnte. Ich hab dann gefragt, was es heißt, und als mir gesagt wurde, dass es soviel wie "Liebster" oder "Schatz" heißt musste ich noch mehr lachen als vorher. Es war nur etwas schwer zu erklären, warum ich lache und nachdem ich es versucht hatte, haben die anderen mich immer noch fragend angeguckt. Sie haben eben nie Zlatkos "Ich vermiss dich wie die Hölle..."-Video gesehen, geschweige denn das Lied gehört.
Auf dem Weg zu dem Haus, wo wir das Wochenende über waren, ist auch was sehr Lustiges passiert. Wir saßen in einem Bus, ein ganz normaler "Nahverkehrsbus" und es war dunkel draußen. Und im Bus war es auch dunkel, denn immer wenn der Fahrer losgefahren ist, hat er das gesamte Licht im Bus ausgemacht, sodass man wirklich komplett im Dunkeln saß. Erst war es eine Überraschung und dann lustig. Schade nur, dass Heini nicht so schreckhaft wie manche meiner Freundinnen in Deutschland ist... ;)
Zu Bussen und dem öffentlichen Nahverkehr hier in Bratislava muss ich auch noch was sagen. Im Moment werden die Schienen der Straßenbahn in unserem Stadtteil repariert, deshalb müssen wir immer erst einen Bus zum letzten Stopp nehmen. Die fahren halt immer so in die Runde und da es halt keine Wendemöglichkeit an der Endstation gibt, machen die Ziehharmonika-Busse halt mitten im morgendlichen Verkehrschaos U-Turns. Wirklich ein sehr hübsches Bild!!! Außerdem wird sich hier nicht so sehr um die vorgeschriebenen Fahrbahnen gekümmert, da fahren dann schon mal Taxis auf dem Bürgersteig, wenn es auf der Strasse nicht weitergeht. Ach ja, und da Parkplätze hier Mangelware sind, wird auch mal auf den Schienen der Straßenbahn geparkt, was macht das denn schon?
Auf dem Wochenende waren auch ein paar Leute, die Deutsch sprechen konnten. Und es ist immer wieder lustig, wenn sie das sagen, und sie dann anfangen, mit österreichischem Akzent zu sprechen. Aber sie glauben mir nie, dass sie diesen Akzent haben. Na ja, ist ja egal, ich versteh sie ja. Heini und ich haben herausgefunden, dass wir eine weitere gemeinsame Sprache außer Englisch haben. Wenn sie Schwedisch spricht, dann versteh ich sie einigermaßen, und außerdem ist sie fleißig dabei, Deutsch zu lernen. Natürlich nicht richtig, aber trotzdem sehr lustig, wenn ich versuche ihr die Aussprache beizubringen. Noch lustiger ist es aber mit Französisch. Wir wollten alle Versionen von "Prost", die wir kennen, auflisten. Es gibt halt noch das finnische "Kippis", dann slowakisch "Na zdravie", schwedisch "Skal" und halt französisch "Santé". Aber sooft sie es auch probiert, es ist nie so richtig richtig, und sie versteht einfach nicht, warum. Aber lustig ist das auf jeden Fall. Und als ich ihr versucht habe zu erklären, woher ich "Skal" kenne, nämlich aus „Dinner for one“, hat sie mich nur verwirrt angeguckt. Aber in solchen Momenten, wenn wir uns immer schön gegenseitig verwirren, haben wir immer besonders viel Spaß....
Noch eine letzte kleine Sache zum Lachen: Hier gibt es Klopapier mit dem Namen "Ali 400"!!
Ich hoffe, dass ich euch bald Neues von den Entwicklungen hier bezüglich meiner Arbeit, Wohnung und Sprachunterricht berichten kann!