Szeretleg!
Julia geht es ausgesprochen gut in Ungarn. Sogar so gut, dass ihre Linie etwas zu leiden hat. Doch die Ergreifung von Gegenmaßnahmen war einfacher angedacht als ausgeführt. Da half auch das bisher gelernte, aber leider noch nicht perfekte, Ungarisch nicht viel weiter. Ein Glück für Sie, dass nicht sie dem Falschen ihre Liebe gestanden hat.
Da bin ich mal wieder. Wie ihr seht, lebe ich noch und mir geht es auch weiterhin sehr gut. Fast zu gut, denn ich habe festgestellt, dass ich hier in Ungarn viel zu viel esse. Und so habe ich beschlossen, dass es doch mal an der Zeit wäre, ein wenig schwimmen zu gehen. Also hab ich bei mir im Projekt gefragt, wo man denn ein bisschen im Wasser planschen könnte. Ein weiterer Betreuer - Attila mit Namen - hat mir beschrieben wie man dort hinkommt. Aus dem Bus aussteigen und noch 300 Meter laufen. Hört sich eigentlich ganz gut an. Nur sagte es nicht, dass die 300 Meter durch Gässchen und Hinterhäuser führen.
So irrte ich eine Weile rum und fragte mich durch. Natürlich mit den Brocken Ungarisch, die ich bis heute schon gelernt habe. Ein netter älterer Mann fragte mich auf Deutsch "Welche Strasse suchen Sie?", nachdem ich ihn bat, mir den Weg zum Schwimmbad zu beschreiben. So gut scheint mein Ungarisch wohl doch noch nicht zu sein… Egal, ich hab es letztlich gefunden, aber es war geschlossen. Das nenne ich Schicksal! Naja, wenigstens hab ich es versucht. Und dem Attila werd ich, wenn es um 300 Meter geht, jetzt nicht mehr über den Weg trauen.
Ansonsten habe ich neben einem Backworkshop auf der Arbeit jetzt noch eine andere Aufgabe im Projekt. Und zwar muss ich zusammen mit Szofie (einer weiteren Betreuerin im Tagesheim) bis Mitte Dezember ein Theaterstück mit den Behinderten auf die Beine stellen. Das soll dann hier im Pécser Theater aufgeführt werden. Ich fühl mich ja echt geschmeichelt, dass sie mir so etwas schon zutrauen. Auf der anderen Seite weiß ich noch nicht, wie wir das schaffen sollen, zumal wir noch nicht einmal eine Idee haben, was wir für ein Stück spielen könnten. Aber das wird schon werden. Auch stell ich mir es noch ein bisschen schwierig vor, wie ich den Behinderten beibringen soll, wie sie ihren Text den Zuschauern präsentieren sollen, wenn ich ihn selbst nicht einmal richtig aussprechen kann. Doch bis dahin werde ich mein Ungarisch noch ein bisschen verbessern. Und an Herausforderungen wächst man ja bekanntlich.
Nachdem dieses Wochenende recht langweilig war – wir haben trotz größter Bemühungen kein schönes Cafe oder keinen coolen Club auftreiben können, der auch Samstagabend um elf Uhr noch offen hat – fahren wir nächstes Wochenende nach Osztopan zu einer Freiwilligenparty. Die letzten Busse fahren hier bereits um 23:30 Uhr, sodass wir dieses Mal nach Hause laufen mussten. Manche werden meinen, dass man auch ein Taxi hätte nehmen können. Wenn man aber weder seine Strasse weiß, noch was links und rechts auf Ungarisch heißt, damit man den Taxifahrer nach hause lotsen kann, dann überlegt man sich dieses Vorhaben dann doch mindestens zwei Mal ;-)! Das war’s jetzt erstmal wieder von mir.
Zum Schluss noch eine kleine Anekdote von meiner Mitbewohnerin Juliane: Sie war unterwegs, Pappbecher für das Projekt zu kaufen, und brauchte eine Rechnung dafür. Also fragte sie den Verkäufer nach „Szeretleg“. Der schaute sie etwas verdutzt an, wusste aber nicht, was sie meinte. Na, „Szeretleg“ eben. Nach einer Weile stellte sich dann raus, dass „Szeretleg“ nicht Rechnung, sondern "Ich liebe dich" heißt. Das war ihr – und wäre mir ehrlich gesagt auch – ganz schön peinlich.
Also bis bald.
Love Julia