In den heiligen Hallen der EU
Brüssel ist für viele Europäer nicht eine sehenswerte Stadt in Belgien, sondern Symbol für Bürokratie und Regelungswut. Im Rahmen einer Studienreise hat Malte Koppe die belgische Metropole besucht. Hier seine Meinung über die Öffentlichkeitsarbeit der EU.
Kaum ein politisches System in der Welt investiert so in Öffentlichkeitsarbeit wie die Europäische Union. Im Jahr 2009 sind es ganze 203 Millionen Euro für Werbung in eigener Sache! Das Geld geht in Pressestellen, Informationsmaterial, Tage der offenen Tür und sogar einen eigenen Youtube-Kanal.
Hochglanzbroschüren und Infoclips sind vielleicht nicht jedermanns Sache, aber eine Visite als Tourist in Brüssel ist in jedem Fall informativ. Zwar macht die belgische Metropole keinen besonders sauberen Eindruck, schmückt sich aber dafür mit einem wunderschönen Marktplatz. Die großen Glas- und Stahlgebäude der EU-Gebäude wirken daneben etwas deplaziert im Stadtbild und erinnern an gelandete Raumschiffe. Die elegant gekleideten EU-Beamten auf der Straße wirken auch ein bisschen wie von einem anderen Planeten. Im Ohr des normalsterblichen Touristen mischen sich verschiedenste Sprachen während man zwischen den Bürogebäuden entlang schlendert. Fast wie im antiken Babel
Wer mit einer Gruppe reist, hat die Chance von einem überfreundlichen Besucherführer durch die heiligen Hallen Europas geführt zu werden. Geduldig erläutert dieser den Aufbau der EU. Auf Kritik an der marginalen Rolle des Europaparlaments im Konzert der Institutionen mag er allerdings nicht allzu gerne eingehen. Er betont lieber - was ja auch nicht falsch ist - dass das Parlament seit der ersten Direktwahl 1979 kontinuierlich an Einfluss gewonnen hat.
Das Altiero Spinelli-Gebäude, Zweitsitz des EU-Parlaments in Brüssel, beeindruckt in jedem Fall schon durch sein Aussehen. Fast ebensoviel Platz wie die Sitze der Abgeordneten nehmen im sogenannten Hemicycle die Übersetzerkabinen ein. Jedes Wort wird hier in die 23 Amtssprachen der EU - unter anderem Maltesisch - übersetzt.
Pünktlich zur Neuwahl ihres Parlaments verstärkt die EU noch einmal die Anstrengungen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit: Neue, buntere Internetseiten, Wettbewerbe für Jugendliche und noch mehr Werbebroschüren als sonst.
Man mag über all diese „Anbiederungsversuche“ der EU an seine Bürger lächeln. Aber eigentlich kann niemand behaupten, dass „Brüssel“ sich nicht bemüht, die eigene Existenz zu rechtfertigen. In gewissem Sinne ist es auch an den Bürgern, sich zu interessieren!