Dieses und Jenes
Wenn alle Stricke reißen, bleibt Emily immer noch die Möglichkeit, als einziger weiblicher Moto-Cross-Profi Griechenlands Furore zu machen. Oder aber durch Entwerfen pädagogisch wertvoller Spiele.
Die letzten zwei Tage war es hier so richtig kalt, so dass es mir nicht mehr schwer fällt, zu glauben, dass es Winter ist. Trotzdem, so richtig weihnachtlich ist mir trotz Kekse backen, Adventskranz und Kälte nicht. Ich tue mein Bestes, aber mir fehlen die „echten“ deutschen Weihnachtsmärkte…
Nun ja, hier ist Ostern nun Mal das wichtigere Fest, schade, dass ich das nicht mehr miterleben werde, das soll hier was ganz Besonderes sein. Erstmal feiern Karen (Karenaki), Verena(enli), Philip und ich am 24. bei uns oben in Kryoneri deutsche Weihnachten gemütlich vorm Kamin. Heute habe ich dann auch für den 25. Dezember eine Einladung von der Frau meines Bosses bekommen und da die Einladung für den 2. Weihnachtstag bei Freunden in Korinth schon längst steht, sind nun glücklicherweise alle Weihnachtstage ausgefüllt. Zwischen Weihnachten und Neujahr geht’s dann endlich wieder auf Reisen – und zwar nach Thessaloniki. Da das mein letzter Urlaub sein wird, bevor mein Projekt Anfang März endet, werd ich mal schauen, ob ich mich nicht Anfang Januar noch irgendwohin anders aufmache.
Mein Mid-Term-Seminar letzte Woche war eine super Gelegenheit, sehr nette Leute (wieder) zu treffen und Kontakte aufzufrischen. Vor allem hat es auch geholfen, mal über den Europäischen Freiwilligendienst nachzudenken, über das, was wir die letzten drei Monate gemacht haben. Und so hatte ich das Gefühl, mit neuer Energie und vor allem neuer Gelassenheit für unsere Wohnsituation in Kryoneri zurückzukehren. Und tatsächlich läuft nun eigentlich auch das WG-Leben ganz prima. Nachdem ich mich ja immer mal wieder beschwert habe, muss ich vielleicht auch mal betonen, dass Philip und ich uns eigentlich sehr gut verstehen und ich ihn vor allem auch sehr, sehr gerne mag. Aber wenn zwei so vollkommen verschiedene Exemplare 24/7 zusammen leben und arbeiten kann’s schon mal zu viel werden. Wenn wir uns denn nicht gerade anzicken (ich), beziehungsweise anschweigen (er), verstehen wir uns auch fabelhaft.
Gestern waren wir (Philip, Alex und ich) auf einem Konzert von Nadia Weinberg in Athen. (okay, ich wusste auch nicht wer das ist, aber es hat sich gelohnt – super Sängerin). Es war Alex’ Weihnachtsgeschenk für uns. Das Konzert war eine Benefizveranstaltung, ausgerichtet vom Griechischen Verband für Frauenrechte. Die Vorsitzende ist eine Patientin von Alexis (so kamen wir an die Karten) und außerdem mein neues Idol: 84 Jahre alt und noch immer in der Politik aktiv. Die gute Frau schien auch gleich begriffen zu haben, dass sie ihre Nachfolgerin vor sich stehen hatte, begrüßte sie mich doch außerordentlich herzlich und wünschte mir einen schönen Abend. In der Pause habe ich dann neben dem israelischen Konsul und dem Sekretär des Innenministers Kaffee geschlürft... Morgen geht’s dann gleich zum nächsten kulturellen Event. Im Jugendcenter von Korinthos gibt’s Theatersport (ich schätz’ mal, ’ne Art Impro-Theater) zum Mitmachen und das kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Das Ganze wird von einer Leonardo-Studentin organisiert und da werden wir morgen bestimmt wieder ’ne lustige Truppe zusammen bekommen. Die Leonardos werden uns nächste Woche verlassen. Das wird ganz schön komisch sein und ich werde die Leute bestimmt ganz schön vermissen. Besonders traurig bin ich, dass Nora, meine Freundin aus Korinth, auch schon zurück nach Ungarn geht. Leider habe ich sie viel zu selten gesehen und ich hätte sie gerne noch besser kennen gelernt. Aber ich wollte ja eh schon immer nach Budapest (genau genommen seit den acht Jahren, die wir uns kennen, Roxy. :))
Meine Jungs haben mir heute eröffnet, dass sie gerne zweimal statt einmal pro Woche Deutschunterricht hätten. Es freut mich natürlich total, dass sie das von sich aus sagen. Aber es bedeutet auch noch mehr Kopfzerbrechen und Vorbereitung. Vor allem mein Liebling kann sich partout nicht konzentrieren und tut vor allem auch nichts, um was zu lernen. Dadurch verliert er sehr schnell die Motivation. Nun versuche ich, mir neue Spiele auszudenken, um die Jungs dabei zu behalten. Auf mein neuestes Werk bin ich besonders stolz: als wir es heute ausprobiert haben, war das Problem allerdings, dass die Jungs nicht aufhören wollten zu spielen und wir keinen anderen Unterricht mehr zu Stande gebracht haben. Mein Brettspiel mit verstecktem Vokabelabfragen beinhaltete Aktionsfelder wie: „Du hast deine Hausaufgaben nicht gemacht. Geh ins Gefängnis!“ Nun hoffe ich, dass ich meinen nächsten kreativen Schub noch vor der nächsten Unterrichtsstunde bekomme.
Neben der Jugendarbeit und der Schulbusbegleitung arbeite ich nun auch jeden Sonntagmorgen bei Alex in der Umweltgruppe (Grundschulkinder) mit. Dieses Wochenende werden wir die Müllcontainer im Dorf bemalen und beschriften. Vorher werden wir am Samstag zusammen mit den Jugendlichen den ganzen Müll um die Container herum sammeln und entsorgen, Vorher-Nachher-Fotos machen und diese an die Stadtverwaltung schicken, die für die Müllentsorgung verantwortlich ist.
Am Wochenende muss ich dann auch noch ganz viele Plätzchen backen (viele nette Leute, die eine kleine Aufmerksamkeit zu Weihnachten bekommen sollen) und vor allem mit den Jungs mein Lebkuchenhaus basteln. Und warum sind wir letztes Wochenende nicht dazu gekommen? Tja, da kommt Ihr ja eh nie drauf! Ich hab den Sonntag meinem neuen Lieblingssport gewidmet: dem Moto-Cross. Das Qualifikationsrennen für die Meisterschaften in Athen und wir (= Kryoneri, das ist mein Lokal-Patriotismus) sind zweiter geworden. Man macht ja alles mal mit, wobei das nun schon mein drittes Mal auf der Piste war. Bald kauf’ ich mir ’ne Maschine und Motorradkleidung und Ihr dürft nach Griechenland fahren, um mich anzufeuern (Ihr erkennt mich, weil ich dann die einzige Frau bin, und eben darum wahrscheinlich in der Kategorie „Minis“ fahren werde). War auf jeden Fall spannender, als ich mir das vorgestellt hatte.
Letzte und eigentlich wichtigste Information dieses Eintrags: Ich bin nun offiziell Olympiakos-Fan! Nachdem ich die letzten drei Monate wirklich täglich gefragt wurde, welches Fußballteam ich denn unterstützen würde, ist die Entscheidung gefallen. Es war ein harter Kampf zwischen Panathineikos und Olympiakos. Diese beiden Teams sind als einzige bei mir im Schulbus vertreten und natürlich Erzrivalen. Mein glorreicher Plan, den Olympia-Kindern zu sagen ich sei Olympia-Fan und den Panathinaikos-Kindern, ich sei Panathineikos-Fan, hat leider nur die ersten zwei Monate geklappt. Es mag ja fantasielos scheinen, dass ich mich für Olympiakos entschieden habe (Tabellenerster), aber ich finde, ich habe einen guten Grund: mein Bobbie Dimitri ist Olympiakos-Fan und obwohl er sich immer über meine Aussprache lustig macht und mich im Unterricht zum Wahnsinn treibt, ist er mein Idol. :) Also: Olympia- , Olympia-, Olympiakos!