Survivaltraining in Ufa
Hanna ist tapfer: trotz Heimweh blickt sie den Herausforderungen in der Fremde ins Auge. Der tägliche Überlebenskampf beginnt mit dreckigen Hosen, obgleich die Bürgersteigemüllfrei sind, ist manchmal besonders hart angesichts der mauen Restaurantlage und endet noch lange nicht bei den heimtückischen Gefahren des Straßenverkehrs.
Hallo, Ihr da draußen. Ich mal wieder. Ich muss sagen, diese Woche war endlich mal ruhiger. Aber nicht nur das, ich glaub, ich hab Euch noch net gesagt, dass ich hier eine deutsche Studentin kennen gelernt habe, über die ich auch einen Artikel geschrieben habe. Und sie hat diese Woche dafür gesorgt, dass ich auch noch andere Deutsche kennen gelernt habe, die hier in Ufa leben oder sich zeitweise des Öfteren hier aufhalten. War schon interessant. Das Manko daran war nur, dass ich die Jüngste war. Die anderen waren meist irgendwas zwischen 30 und 40 Jahre alt.
So, heute möchte ich Euch mal etwas bilden. Ich weiß nicht besonders viel über Ufa. Es ist ungefähr 450 Jahre alt, und ich habe Euch bereits gesagt, dass hier 1,3 Millionen Einwohner leben. Aber diese Großstadt hat sich erst in den 60er Jahren herausgebildet. Ihr könnt Euch vorstellen, was das bedeutet? Stimmt genau, nur Plattenbauten, sofern Ihr Euch nicht im Zentrum im alten Stadtteil aufhaltet. Das hat mich ehrlich geschockt, als ich das zum ersten Mal gesehen habe.
Aber eins hat mich positiv überrascht: auf den Fußgängerwegen liegt kein Müll. Gut, ich habe hier permanent schmutzige Hosen, das liegt aber am Schlamm. Und irgendwie muss ich anders laufen, denn ich gehe wirklich nur drei Schritte vor die Haustür und meine Hose sieht wieder wie vor dem Waschen aus. DRECKIG!!! Aber das wird sich ja bald ändern, denn dann liegt Schnee. Und dann sind sie nur noch nass. Damit kann ich leben :).
Was ich ja noch feststellen musste, jeder, wirklich jeder, von der Oma bis zum Kleinkind, ist verrückt nach Handys. Mir wurde erklärt, das läge daran, dass man hier die Verabredungen sehr kurzfristig trifft und sie nicht erst schon Tage vorher plant. Wobei man ja die deutsche Seele kennt und darum Rücksicht auf mich nimmt. Und da die wichtigen Sachen halt doch wichtig sind, macht man für mich eine Ausnahme.
Eins solltet Ihr auch noch wissen. Da das hier Provinz ist, kennt man hier so etwas wie eine Bar nicht. Ihr wisst ja alle, wie die in Deutschland aussehen: klein, fein, gemütlich. Vergesst es, hier findet Ihr so etwas nicht. Ihr findet nur solche Restaurants ähnlich wie Mäc Doof. Nur, dass die besseres Essen haben. Aber von Gemütlichkeit keine Spur. Alles ist groß und voll und vor allem laut. Denn die Russen lieben, es laute Musik zuhören. Manchmal habe ich den Verdacht, dass sie das nur machen, weil sie sich nicht mit der Person an ihrem Tisch unterhalten wollen. Denn bei der Lautstärke ist das wirklich nur unter Anbrüllen möglich. Und mein ewiges Manko: man kann in den meisten dieser Dingen nicht Rauchen. Was ich noch über Mäc Doof sagen wollte: in dieser Stadt gibt es nur zwei davon, da sich der Präsident von Baschkortostan ewig dagegen gewehrt hat. Hat leider am Ende doch verloren. Aber stellt Euch mal eine Deutsche Stadt dieser Größe vor, und dann nur zwei Mäcs. Da würde so mancher Deutscher verrückt werden.
Und dann ist da ja der von mir geliebte Straßenverkehr, hi hi. Fußgänger sind genau so aggressiv wie Autofahrer. Und das müssen sie auch, denn sonst würden sie nie auf die andere Straßenseite kommen. Und natürlich muss man sich bei dem bedanken, der die Ampel erfunden hat. Auch hier muss man immer auf Draht sein, sonst kann man leicht unter die Räder kommen. Aber der Großteil der Autofahrer hält sich zumindest daran. Wenn die Ampel auf gelb schaltet, sollte man aber nicht mehr auf der Strasse sein, denn dann geht der Irrsinn los. Es gibt war aufgezeichnete Spuren auf der Strasse, aber man sucht sich immer eine Lücke, wo man durchpassen könnte, und nimmt auf Spuren keine Rücksicht. Und wenn es vor allem bei den Bushaltestellen mal nicht schnell genug geht ( das ist immer der Fall :) ), dann lehnt man sich mal halt auf die Hupe. 10, 20, 30 oder auch 40 Sekunden lang. Und es ist durchaus üblich, auch mal links zu überholen, wie gesagt, wo grad eine Lücke ist. So, ich denke, jetzt hab Ihr mal einen kleinen Eindruck, wie ich hier täglich um mein Überleben kämpfen muss =).
Ich habe ja geschrieben, dass ich jetzt vier Wochen von daheim weg bin, und diese ganzen vier Wochen Heimweh gehabt habe. Ich habe es immer noch, und ich kann nicht behaupten, mich hier schon eingelebt zu haben. Und manchmal denke ich auch, ich werd es nicht. Dafür akzeptiere ich aber viel. Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass man hier Zeit braucht. Und damit verbunden Geduld. Und wer mich besser kennt weiß, dass ich kein besonders geduldiger Mensch bin. Aber ich habe es schon etwas gelernt (nur ein klein wenig :) ).
Ach ja, nächste Woche sollen es bis zu minus 20 Grad Celsius werden, was die Möglichkeit für dauerhaften Schnee natürlich erhöht. Das würde mir auch gar nichts ausmachen. (Okay, es ist kalt, aber das ist es ja schon die ganze Zeit) Aber jetzt kommt das große ‚Aber’: ich verbringe das nächste Wochenende irgendwo in der Pampa im Wald (fragt mich nicht wo, ich weiß es selber net) und übernachte in einem Zelt. Mir wurde schon gesagt, dass ich mich dann stärker dem Alkohol widmen muss, damit ich nicht zum Eiszapfen werde) :). So, und in einer Stunde geht’s zum Eislaufen. Endlich Bewegung.
So, das war’s erstmal wieder, denn ich muss mich noch umziehen. Haltet die Ohren steif, Ihr da draußen, und lasst Euch nicht unterkriegen.
Eure Hanna