Mein erstes Fußballspiel in Wales
Da es aus der letzten Woche nicht allzu viel zu berichten gibt, widme ich mich in diesem Beitrag mal ausschließlich der schönsten Nichtnebensache der Welt. Dem Fußball. Am Samstag gabs in Cardiff die Partie zwischen Cardiff City und den Bristol Rovers zu sehen.
Hopping Cardiff City vs Bristol Rovers
Endlich mal wieder Fußball! Natürlich lange kein Ersatz für Borussia, aber doch wenigstens eine Beschäftigung für einen freien Samstag. Vor allem weil ich das BVB-Spiel in Köln nur per SMS-Ticker verfolgen konnte, war es mal wieder an der Zeit für Live-Fußball. Und so ging es relativ spontan nach Cardiff zum (laut Stadionzeitung) Severnside-Derby gegen Bristol City. Eigentlich wollte ich erst am 7. November das Cardiff City Stadion zum Derby gegen Swansea kreuzen. Aber ich entschied mich dann doch gegen die walisische Drittligapartie der Ely Rangers, die in einem Vorort von Cardiff ihre Spiele austragen und für die „Bluebirds“. Die Strecke vom Bahnhof zum Stadion wurde in rund 30 Minuten zu Fuß zurückgelegt. Für ein Zugticket war ich dann doch zu geizig. Schließlich hat das Busticket nach Cardiff ja schon 5,80 Pfund gekostet...Nachdem ich das Stadion dann erreicht und einmal umrundet hatte, gings zum Ticketschalter. Dort hatte ich dann etwas Glück und konnte mit meinem abgelaufenen Schülerausweis ein ermäßigtes Ticket erstehen, da offensichtlich niemand lesen konnte, was auf dem Ausweis stand. So musste ich dann nur 15 Pfund berappen, was für britische Verhältnisse ja echt ein Schnäppchen ist. Anschließend habe ich mal kurz noch im Fanshop vorbeigeschaut, einfach mal um Preise zu vergleichen. Da dort aber gerade irgendeine offenbar bekannte Person das 100-Jahre-Fußball-in-Cardiff-Buch signierte, war es dort etwas voller, sodass ich dann nach einigen Minuten den Shop verließ und den richtigen Eingang ins Stadion suchte. Das Cardiff City Stadium ersetzte erst vor einigen Jahren den alterwürdigen Ninian Park und hatte demnach von außen relativ wenig Charme. Unter den Tribünen sah es nicht besser aus. Man konnte sich, wie im Westfalenstadion, frei bewegen. Aber ansonsten konnte ich diesem Stadion nicht viel abgewinnen. Halt doch irgendwie auch nur ein 0815-Betonbau, wie es ihn mittlerweile leider schon viel zu häufig gibt. Einzig die farbliche Gestaltung in den Vereinsfarben konnte punkten.
Da es unter der Tribüne nicht viel zu sehen gab, betrat ich (für britische Verhältnisse äußerst früh) meinen Block in der Nordostecke (so vermute ich zumindest) betrat. Natürlich hatte ich beim Kartenkauf nicht an die Sonne gedacht (wer tut das in Wales schon?) und hatte diese dann auch fast die vollen 90 Minuten genau im Gesicht. An sich ja eine schöne Sache, sich im Oktober bei einem Fußballspiel ganz entspannt sonnen zu können. Aber da ich bei eisigen Temperaturen am Morgen in Merthyr die Mütze der Kappe vorgezogen hatte, war die Sonne beim Betrachten des Spiels doch etwas hinderlich. Wie oben schon angedeutet, hatte ich meinen Block im unteren Bereich der Ecke fast bis kurz vor Anpfiff für mich alleine. Zu Spielbeginn war das Stadion dann aber ziemlich gut gefüllt, zumindest auf Seiten des Heimteams. Lediglich in meinem Block und den Randblöcken im Oberrang der Haupttribüne waren deutliche Lücken auszumachen.
Bristol war dann aber doch enttäuschend, die bekamen nicht einmal ihren Eckblock voll. Ein weiterer Block blieb komplett leer. Wobei ich nicht weiß, ob es sich hierbei um einen Pufferblock handelte oder ob Bristol einfach das Wolfsburg der zweiten englischen Liga ist. Für ein „Derby“ mit einer Anreise von geschätzten 60 Meilen jedoch nicht sehr überzeugend. Nach einer kleinen Einstimmungsmusik (teile des Vereinsliedes vielleicht?) betraten die Spieler dann den Platz und es ging los – und wie! Zunächst ging Bristol nach einem Freistoß von der Grundlinie mit 1-0 in Führung. Im Gegenzug fast der Ausgleich, doch David James konnte einen Kopfball gerade noch parieren Und direkt im Anschluss stand es auch schon 2-0. Diesmal nach einem Eckstoß. Totenstille im Stadion. Abgesehen vom Gästesektor. Der Torjubel der wenigen Bristol-Fans war schon recht ordentlich. Und auch ein lautes „England, England“ schallte nach dem zweiten Treffer durchs Stadion. Doch das änderte sich schon bald. Nach zwölf Minuten fiel bereits der 1-2 Anschlusstreffer aus abseits verdächtiger Position. Aber was solls? Für das Spiel wars das beste, was passieren konnte. Und jetzt wurde es auch endlich mal laut im Stadion – wenn das ganze Stadion dann mal mit zog, war das schon eine nette Lautstärke. Aber das passierte leider nicht zu oft. Aber die Briten sind nun mal nicht für ihren Dauersupport bekannt, da machen auch die Waliser keine Ausnahme. Zumindest im Pöbeln können die Waliser locker mit der Ost- und Westtribüne in Dortmund mithalten. Bei jeder Entscheidung gegen die „Bluebirds“ sprang das halbe Stadion auf und pöbelte lauthals. Ich habe zwar nicht alles verstanden, aber ich glaube „Scumbag“ war noch das netteste. Auch die Linienrichterin musste sich einige Sachen anhören. „I cant figure out if its a fucking woman or a men behaving very gay“ war da noch harmlos. Einige Zuschauer in meinem Umfeld machten es sich dann zu einem Spaß immer mal wieder „LinesMAN“ zu brüllen. Naja, davon kann man jetzt halten, was man will.
Auch die Ordner glänzten dann Mitte der ersten Halbzeit durch eine überaus sinnlose Aktion. Mit sieben Leuten wurde ein Zuschauer aus der hintersten Sitzreihe „entfernt“. Zwar lief das alles gewaltfrei ab, aber der Grund erschloss sich mir nicht ganz. Im Stadion selbst war jedenfalls nichts vorgefallen. Zumindest nichts, was meiner Meinung nach ein solches Eingreifen rechtfertigen würde.
Aber zurück zum Spiel. Bis zur Halbzeit verflachte die Partie dann etwas. Bristol konzentrierte sich aufs Verteidigen während den Gastgebern nicht mehr allzu viel einzufallen schien. Einige Schüsse aus der zweiten Reihe verfehlten ihr Ziel knapp bis deutlich und der Neuner (ich glaube er heißt Jay Bothroyd o.ä.) vergab noch eine Chance der Marke „kann man durchaus reinmachen“ aus kürzerer Distanz. Auch die Stimmung im weiten Rund befand sich zwischendurch auf dem Nullpunkt, sodass es teilweise sehr still wurde. Ein- bis zweimal konnte man auch die Gäste aus Bristol noch singen und klatschen hören.
In der Halbzeit dann (zu meiner Verwunderung) nur wenig Nervigen von Seiten des Stadionsprechers. Lediglich die Mitteilung über verstorbene Vereinsmitglieder, die mehr nach Werbung als nach Trauer klangen, fand ich etwas unangemessen.
Dann ging es auch schon weiter – und wie (deja vu?!). Diesmal dauerte es keine vier Minuten, sondern nicht einmal eine bis zum Torerfolg. Ich selbst habe den 2:2-Ausgleich nicht mitbekommen, weil ich gedanklich noch in der Halbzeitpause war. Und auf einmal bricht das ganze Stadion in Jubel aus. Feine Sache!
Angestachelt von der bemerkenswerten Aufholjagd der eigenen Mannschaft wurde nun auch das Publikum im City Stadium wieder lauter. Die Liedauswahl war zwar weiterhin auf 2-3 Anfeuerungslider beschränkt, aber die kamen nun recht laut und geschlossen rüber. Aus dem Block der Gäste war nun gar nichts mehr zu hören. Diese wurden von Seiten der Cardiff-Anhänger nun spöttisch mit einem „2-0 and you fucked it up“ bedacht. Insgesamt waren sowieso die Hälfte der Lieder, die angestimmt wurden, Gesänge gegen den Gegner. Da sind wir mit dem leidigen „Scheiße 04“ in Dortmund noch relativ gut bedient.
Einen Kreativitätspunkt gibt es allerdings für „Allways shit on the English side of the Bridge“ nach der bekannten „Allways look on the bright side of life“-Melodie. Da musste ich durchaus schmunzeln.
Das Spiel auf dem Rasen wurde nun auch wieder etwas offener, wobei Cardiff die Überhand behielt und durch ein Freistoßtor dann sogar noch zum 3:2-Siegtreffer kam. Der Jubel wurde nun verständlicherweise noch etwas lauter. Genauso wie die „2-0 and you fucked it up“-Gesänge. In den letzten zehn Minuten wagte sich Bristol nun wieder vermehrt in die Offensive, kam aber nur zu einer richtig guten Gelegenheit, die Cardiffs Keeper entschärfen konnte. Doch nun war wieder Spannung in der Partie. Und bei jeder gelungenen Verteidigungsaktion der eigenen Spieler sprang das halbe Stadion auf, jubelte und schrie „Come on Cardiff“. War schon nett mit anzusehen/zu hören. Und die Hausherren ließen sich die Führung dann auch nicht mehr nehmen und überstanden auch die vierminütige Nachspielzeit relativ souverän.
Fazit: Wirklich ein nettes Fußballspiel, obwohl zwischendurch ab und an der Wurm drin war. Auch vom Publikum bin ich nicht über die Maßen enttäuscht. Ok, war sicherlich auch ein Spielverlauf, der die Stimmung im Stadion förderte. Aber wirklich totenstill war es nur am Ende der ersten Halbzeit ab und an. Nachdem mich das Stadion zunächst ein wenig an Hoffenheim erinnerte, hatte ich deutlich schlimmeres befürchtet. Man steht hier halt nicht auf Dauergesang (den ich persönlich klar bevorzuge). Aber trotzdem wurde es bei strittigen Schiri-Entscheidungen recht emotional. Und auch der kämpferische Einsatz der eigenen Spieler wurde entsprechend gewürdigt.