Kulturschocks
Nun hat auch Silversky ihr On-Arrival-Seminar hinter sich gelassen und ist zurückgekehrt nach Revuca. Ihre Arbeitsstätte hat sich dort neuerdings von einer Grund- zu einer Fachschule geändert. Dabei fällt ihr immer stärker auf, je länger sie in der Slowakei ist, worin sich slowakische Menschen und Alltäglichkeiten von den bisher gewohnten deutschen unterscheiden.
Jetzt bin ich schon wieder fast ne Woche in Revuca. Irgendwie verliere ich hier total das Zeitgefühl, das ist voll komisch. Manchmal kommen mir Zeiträume total lang vor. Und wenn sie dann vorbei sind, ging es irgendwie so schnell.
Na ja, aber hier in Revuca vergeht die Zeit schon etwas langsamer, denn es ist irgendwie langweilig. Ich habe zwar vormittags etwas zu tun, aber nachmittags gibt es nichts, was man machen kann. Also schlafe ich oder mache Spaziergänge durch Revuca. Zum Glück konnte ich am Wochenende nach Banska Bystrica fahren, zu einer anderen Freiwilligen, denn sonst wäre es echt langweilig geworden, da der für Samstag geplante Ausflug nach Muran leider wegen schlechtem Wetter ausgefallen ist. Aber so hatte ich dann eine schöne Zeit in Banska Bystrica und konnte mich mit Veronika (auf Deutsch ;)) über alles Mögliche und unsere Erfahrungen unterhalten.
Nach den zwei Tagen in der Grundschule letzte Woche bin ich jetzt in einer Fachschule. So etwas, wie in Deutschland die Fachoberschule. Die Schüler sind alle schon älter und viele trauen sich einfach nicht zu reden, weil es ihnen peinlich ist oder so. Die Kleinen haben einfach mal drauflos geredet. Aber es ist okay, denn meistens gibt es einen, der gut in Fremdsprachen ist, und der übersetzt dann immer für alle. Dann geht es immer um Themen wie Musik, Hobbys und so. Und wenn ich dann mal wieder nach deutschen Bands frage, die sie kennen, kommt garantiert immer RAMMSTEIN und Scooter.
Am Freitag war ich mit ein paar Lehrerinnen in einem Music-Club, und die kannten auch noch Tic Tac Toe und Sarah Connor. Wenn es wirklich nur diese deutsche Musik geben würde, was für eine Schande... ;)
Außerdem hat mir eine der Lehrerinnen erzählt, dass Deutschland total sauber ist und ganz viel für den Umweltschutz tut (was im Vergleich zur Slowakei vielleicht sogar stimmt), und dass sie noch nie eine hübsche Deutsche gesehen hat. Das Kompliment kann ich aber zurückgeben, ich finde, dass die slowakischen Frauen größtenteils nicht so hübsch sind. Von den Männern will ich mal gar nicht reden…
Ich hab ein paar Sachen gesammelt, die mir so in den Tagen und Wochen hier aufgefallen sind und die mir erwähnenswert erscheinen: Es gibt hier keine Schlüssel auf den Toiletten. Keine Ahnung warum, und auch die Slowaken können es mir nicht erklären. Aber meistens klappt es, dass niemand die Tür aufmacht, denn ich glaube, dass es ein ungeschriebenes Gesetz ist, keine Klotüren aufzumachen. Wenn sie frei sind, dann sind auch die Türen auf.
Des Weiteren hat Veronika mir erzählt, dass es in ihrer Schule kein Klopapier gibt. Als sie mal gefragt hat, warum es Internet, aber kein Klopapier gibt, hat sie als Antwort bekommen, dass es für das Internet einen Sponsor gibt, für das Klopapier eben nicht... Das fand ich schon ziemlich cool.
Als ich heute im Lehrerzimmer war, waren die weiblichen Lehrer gerade dabei, sich zu schminken. Und unter jedem Tisch stehen zwei bis drei Paar verschiedene Schuhe. Ich habe keine Ahnung, was die mit den ganzen Schuhen anfangen, und auch, dass sie auf ihren Tischen alle ihr Schminkzeug stehen haben, finde ich sehr komisch. Im Sekretariat gibt es einen Spiegel mit Ablage davor und da stehen die Schminksachen und die Parfums der Sekretärin. Das hat mich echt gewundert.
Außerdem gibt es total viel Werbung in der Schule, so für Coca Cola und so etwas. Ist das in Deutschland nicht verboten?
Und es gibt überall – und wenn ich überall sage, dann stimmt das auch – Nescafé-Kaffeautomaten. Natürlich kenne ich diese Automaten, aber mir ist nicht aufgefallen, dass sie in Deutschland überall herumstehen. Hier fallen die einem echt auf. Da kann man sich dann für 8-10 Kronen Kaffee, Kakao, Tee und so etwas holen.
Oh ja, und Handys gibt es hier ohne Ende. Wer ein neues und gutes hat, der trägt es auch gerne mal um den Hals. Und telefoniert wird überall und jeder tut es. Ich hab in Deutschland echt nicht so viele Leute mit Handys gesehen, und vor allem auch nicht so viele alte Leute. Und ist es in Deutschland üblich, dass der Lehrer im Unterricht sein Handy auf dem Tisch liegen hat und bei Bedarf auch mal telefoniert?!
Gut, das sollte erstmal reichen, ich will hier ja nicht nur Unterschiede zwischen der Slowakei und Deutschland anprangern. Ich will euch nur mal mitteilen, was mir so aufgefallen ist, und was ich lustig oder ungewöhnlich finde. Außerdem ist mir aufgefallen, dass meine eigene Einstellung gegenüber Deutschland sich sehr verändert hat. Auch Veronika konnte mir das bestätigen. Man sieht die schlechten Dinge nicht mehr.
Und Ihr könnt euch die Freude über ein deutsches Autokennzeichen nicht vorstellen. Natürlich kennt man die Leute im Auto nicht, aber trotzdem ist es ein Stück Heimat. Denn Heimat ist halt Deutschland, auch wenn ich letztens in meinem Tagebuch von Bratislava als mein Zuhause geschrieben habe. Natürlich ist es momentan mein Zuhause, aber richtig zu Hause ist ja doch noch die Bremer Strasse 21 in Bohmte.
Mit dem letzten Absatz wollte ich aber nicht sagen, dass es mir hier nicht gefällt und so. Ich glaube, dass das eher so die leichten Anzeichen eines Kulturschocks sind, wenn ich das auf meinem Ausreiseseminar richtig verstanden habe.
Also dann, bis bald!!