Ein etwas chaotischer Tag
Als ob durch meinen heutigen Umzug nicht schon genug Chaos wäre. Nein, da wird man auch noch von seinem Mentor und einem anderem Arbeitskollegen mit zu einem Training für neue Freiwillige eines Programms genommen. Morgens eine SMS: "Wir treffen uns um 12.40 Uhr am Hauptbahnhof" und dann geht es los.
Als ob durch meinen heutigen Umzug nicht schon genug Chaos wäre. Nein, da wird man auch noch von seinem Mentor und einem anderem Arbeitskollegen mit zu einem Training für neue Freiwillige eines Programms genommen. Morgens eine SMS: "Wir treffen uns um 12.40 Uhr am Hauptbahnhof" und dann geht es los.
Zuerst Ticket kaufen, was sich wider den Erwartungen von Tomek und Mchal in drei Minuten erledigt hat (auch wenn sie dabei die Frau hinterm Schalter etwas verwirrt haben) und dann standen wir da und es hieß: "Okay, nun haben wir noch 40/45 Minuten bis unser Zug fährt. Wir können ja raus gehen und uns überlegen, was wir jetzt machen".
Raus gehen hieß dann aber zum Gleis gehen und in einen Zug einsteigen, der nach Tomeks Überzeugung unser Zug sein müsste. Zitat Michal: "You are responsible for that!" Kein Problem für Tomek. Dann frage ich, weil ich ja eigentlich von nix weiß, was wir machen werden. Antwort: "We don't know because we haven't prepared anything". Okay... Aber wir haben ja eine fast zweistündige Zugfahrt vor uns, das reicht ja. Mein lieber Mentor reicht mir ein englisches Buch ("How to be a Britain") mit den Worten, ich könne ja jetzt lernen, da ich ja höchstwahrscheinlich sowieso nichts verstehen werde. Ich hatte aber ein Buch, das ich zeigte, was mir gleich aus der Hand gerissen und von Michal beschnüffelt wurde, weil es ja kein weißes, polnisches Papier war, sondern anderes, was alle lieben. Muss ich nicht verstehen, denk ich mal.
Dann folgte ein kleiner Zickenkrieg zwischen Tomek und Michal: einer eingeschnappt, der andere amüsiert und ich dazwischen; das ist nicht sehr gut. Habe ich mit Michal gesprochen, hieß es von Tomeks Seite: "My volunteer against me???". Aber, keine Sorge, die kleinen Jungs haben sich schnell wieder beruhigt, es gab ein Happy End.
Das Training war in eine Grundschule und wir mussten die Tische und Stühle zur Seite schleppen; bzw. ich durfte es nicht, weil ich ja ein Mädchen sei und nicht so stark und ja angeblich zu wenig esse (nur weil ich keinen Apfel wollte!) und überhaupt; in Polen sei das ja so, Frauen seien gleichberechtigt, aber manche Sachen müssen halt die Männer machen. Im Klartext wurde mir gesagt, ich könne mich ja hinsetzen und nachdenken, über das, was ich sagen will. Intelligenterweise wurde mir danach gesagt, wozu ich denn überhaupt etwas sagen soll; zum Europäischen Freiwilligendienst, über mich, über Polen, über Deutschlands Chancen wenn ich zurückkomme. Hat Deutschland eine bessere Zukunft, wenn ich von meinem EFD in Polen zurückkomme? Kann ich mir nicht wirklich vorstellen, aber sowieso ist das alles ja nur zu „Propagandazwecken“ für Freiwilligendienste gewesen.
Zu dem Training kamen sage und schreibe 4 1/2 Leute (1/2 deshalb, weil eine später kam, dafür aber eine andere früher ging) und das "Programm" (was von beiden als "Katastrophe" und "Desaster" beschrieben wurde) haben wir dann in nicht ganz zwei Stunden geschafft. Dann hieß es abbauen; Tomek: "Jennifer, you will check the time." Ich habe mich gewehrt, indem ich Stühle getragen UND die Zeit gleichzeitig kontrolliert habe. Sechs Hände sind schneller als vier, richtig? ganz abgesehen davon, dass ich mir ziemlich nutzlos vorkomme, wenn ich da rumsitze und alle anderen schleppen.
Dann ging es zurück, Michal verstand nicht, warum ich ihn den polnischen Eddie Murphy nenne (wenn der spricht, versteht ihn wirklich niemand... viiieeel zu schnell) und dann waren wir zurück in Stettin. Zwischendurch wollte mir Tomek immer mal wieder einen Apfel, einen Saft oder ein Sandwich aufzwingen, weil er ja mein Mentor sei und daher (Achtung, Zitat!) "meine Mutter, mein Vater, mein bester Freund und mein Arzt".
Zurück in Stettin, gingen die beiden dann zum Büro und ich wollte – weil es schon spät war – zurück zu meiner Noch-Wohnung. Aber da bekam ich eine SMS von meiner zukünftigen Mitbewohnerin Asia: "What means: fein, Spülstop, Deckel öffnen? Please!" Erst dachte ich nur: "Hä?" Dann fiel mir ein, dass sie ja schon in der neuen Wohnung war und die Waschmaschine auf Deutsch ist... Und wie erklärt man jemandem per SMS, was das heißt, der kein Deutsch kann und auch nur ganz schlecht Englisch? Genau genommen endete es darin, dass ich zur Wohnung gefahren bin und ihr mit Händen und Füssen und meinem dicken deutsch-polnischem Wörterbuch (was schon da war) die Waschmaschine erklärt habe. Aber sie funktionierte nicht. Wir drehten am Wasserhahn und versuchten dies und jenes, aber nichts klappte. Ich war begeistert: endlich eine Waschmaschine, aber ja, es ist ja dieselbe, die wir in der alten Wohnung auch hatten, d.h. vermutlich die erste deutsche Waschmaschine, die in Polen jemals verkauft wurde.
Ich hatte die Idee, die Nachbarn zu fragen, die auch sehr nett und hilfsbereit waren. Da saß dann ein polnischer Familienvater mitsamt kleinem Sohn in unserem Bad vor einer deutschen Waschmaschine und war genauso ratlos wie wir. Aber er hatte eine Idee: er drehte an einem Schalter, den wir nicht gesehen hatten und – es funktionierte! Auf dem Schalter stand übrigens "Zeitvorwahl".
Na ja, wieder was gelernt und auch schon mal unsere direkten Nachbarn kennen gelernt. Dann den Wäschetrockner vom Balkon geholt (bzw. abgeschnitten, denn er war angebunden) und festgestellt das man ca. 50% davon nicht zu schwer belasten sollte.
Ich muss schon sagen, ich freue mich auf meine neue WG. Wird bestimmt lustig...