…und wenn mich jemand fragen würde, weshalb ich mich wie 16 benehme, so würde ich antworten: „Damit wir uns länger daran erinnern werden.“
Über die Anstrengungen, das perfekte Kostüm zu basteln. Oder: vom Baumarkt zur Abiparty - eine Anleitung.
Am Wochenende schöpften wir aus den Wissensquellen unserer Kindergärten: basteln, malen und kleben. Die kreativsten Köpfe der Stadt hätten keine Chance gehabt. Wir ließen die Sonne draußen scheinen – es war der wärmste Tag seit Anfang Februar – und verkrümelten uns in Tobis Zimmer im Studentenwohnheim. Wir, das sind drei Leute (Jano war zu Besuch), die sich verwandeln wollen: in Facebook, in Pacman und in Legomännchen.
Alles, was man dafür braucht, sind zehn Kilogramm Pappe, drei Kilometer Gaffertape, gelbe Farbe, Werkzeug aus dem Küchenschrank und etwas Dreistigkeit gegenüber den Rohstoffhändlern. Zwei mal fuhren wir zum Baumarkt, in einen kleinen und dann in einen großen. Dort waren die Schraubenregale mindestens hundert Meter lang. Der Laden machte in zehn Minuten zu. Ich war sehr froh darüber: die Diskussion über die richtige Schraube hätte drei Stunden gedauert.
Wir bastelten wie die Bekloppten. Aus dem Griff eines Schneebesens und dem letzten Blatt Sandpapier baute ich mir eine Pfeile, damit ich meinem Legomännchenkopf die Augen ausfeilen und die – wie man so sagt: Fresse polieren – konnte. Habt ihr schon mal Styropor mit Sandpapier bearbeitet? Mir tränten die Augen bei der Arbeit, der Hustenreiz war unerträglich…
Jano war King im Pfalzen, aus eckiger Pappe wurde ein runder Pacman, mit gierigem Schnabel, der wirklich auf und zu geht – wie im Spiel und gefräßigen Augen hat das Tier. Das ist Ingenieurskunst sondergleichen. Mit Pappe könnten wir auch zum Mond fliegen, würde sie in den Wolken nicht weich werden. Samstagmitternacht hörten wir auf. Das Chaos im Zimmer hat uns besiegt. Die Kostüme waren – naja, soweit zwar fertig, aber noch nicht richtig eben. Meine Krawatte stammt vom Baumarktpreisschild – die großen, die normalerweise an der Decke baumeln.
Sonntag wurde die gelbe Farbe aufgebraucht. Wir suchten uns ein Platz an der freien Luft, der windgeschützt und leicht zu überwachen war und fanden ihn hinter dem Küchenfenster. Das war dann auch unsere Haustür für diesen Tag. Die anderen aus dem Wohnheim fanden das nicht so gut. Wir störten beim Essen machen. Aber wir hatten schlechtes Nieselwetter als Gegner – da mussten wir uns wie pubertierende Affen benehmen. Nachts trockneten die Kostüme im Badezimmer. Duschen war verboten!
Und Montag war dann alles fertig. Die Party konnte losgehen. Facebook, Pacman und Lego(las) liefen zur U-Bahn und fuhren bis zur Haltestelle St. Eriksplan. Wir wurden mindestens einhundert Mal fotografiert und gefragt, wieso wir so rumliefen. Und das ist kurz erklärt: vor zwei Wochen besuchte ich zusammen mit Tobi eine Freundin. Wir spielten vier Stunden Risiko, in dieser Zeit haben wir es nicht geschafft, die Welt zu erobern. Naja, wir wurden zu einer Abiparty eingeladen, auf der man sich verkleiden soll. Also eine Mottoparty. Thema: addicted.
Man kann sich als Zigarette verkleiden, oder als Joint, oder als Schokoladentafel, oder als Sex. Aber süchtig ist man heute nach Facebook, war ich früher nach LEGO und ganz früher hielt Pacman die Leute vom Essen ab.
Wir fuhren also zu einer schwedischen Abiparty. auf der man sich verkleiden sollte. Und ganz ehrlich. Neben uns war jedes andere Kostüm normale Klamotte. Alle Schüler waren nicht älter als 18, knutschten um 23 Uhr hemmungslos miteinander rum, tranken Cocktails aus Strohhalme, die ich stibitzte, damit ich Bier trinken konnte (ging nur mit Strohhalm, die Flasche passte nicht durch den Legomund). Und wir, wir tanzten, bis mein Herz vor Hitze raste. So ein Legokopf ist ein Brutofen für alles Lausgetier, was man im Haar hat. Und es war ganz lustig. Und so teuer, dass man nicht betrunken wurde. Und es liefen auch überall Securitymenschen rum, die uns halb zwei rausschmissen, weil Tobi angeblich betrunken war. Aber das stimmte nicht. Man braucht nämlich ganz viel Geld, um in schwedischen Clubs betrunken zu werden. Aber sie ließen sich nicht überzeugen: Tobi sei einfach zu voll gewesen. Wahrscheinlich gehört sich das nicht, weit nach Mitternacht noch auf zwei Beinen stehen zu können.
Eigentlich war das die großartigste Art, den Abend zu beenden. Rausgeschmissen werden. Über die 130 Kronen für das Taxi nach Hause reden wir einfach nicht. Okay?
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