Die Tradition der Milchbar in Polen
Milchbar? Gibt es da etwa viele Milchshakes?
Bar Mleczny, aus dem polnischen Städtebild nicht mehr wegzudenken. In diesem Artikel begebe ich mich auf Spurensuche. Seit wann gibt es diese einfachen Essensstuben? Wie kann es hier so billiges Essen geben?
Während der Zeit des Kommunismus setzte sich in Polen die sogenannte Bar Mleczny durch. Die heißt nicht etwa so, weil es hier Milchgetränke aller Art gibt. Nein die Milchbar wurde so getauft, da man hier vorwiegend vegetarische Speisen aus Milchprodukten fand.
Bereits 1896 eröffnete ein kreativer Unternehmer in Warschau die erste Milchbar und bot sehr günstige vegetarische Speisen an.
Die Blütezeit erlangte die Milchbar in der sozialistischen Republik Polen. Die Milchbars wurden verstaatlicht und subventioniert, damit dort für die unteren Bevölkerungsschichten besonders preiswertes Essen angeboten werden konnten. Was zu welchem Preis verkauft wurde, bestimmte die Regierung. Fleischgerichte gab es kaum,die galten als Luxus den man sich nicht gönnen muss.
Etwa 40.000 Milchbars existierten damals in Polen.
Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes schlossen viele Milchbars, da die Menschen sich mehr Luxus gönnen wollten und die einfachen Speisen einfach nicht mithalten konnten. Viele Milchbars vergrößerten ihr Sortiment, nahmen Fleischprodukte in das Sortiment auf.
Heute findet man in der Milchbar viele typisch polnische Gerichte, das Bigos (ein Schmoreintopf), Nalesniki (Pfannkuchen, süß oder sauer), viele Suppen wie die Zurek (saure Mehlsuppe) und natürlich Pierogi (Maultaschen). Auch jetzt noch werden die vegetarischen Gerichte viele Milchbars subventioniert, wodurch die billigen Preise gehalten werden können.
Und nun stehe ich in so einer Milchbar und starre auf die Tafel, auf der die Gerichte aufgelistet sind. Ich überlege ob ich mir ein Wörterbuch herausziehen soll, entscheide mich dann aber für die authentische Version. Ich bestelle "Zupa pomidorowa" (Tomatensuppe) und "Krokety z kapusta i grzybarmi" (Panierter Pfannkuchenteig gefüllt mit Sauerkraut und Pilzen).
Ich warte nur einen Bruchteil, dann legt mir die Frau an der Theke das Essen auf den Teller. Keine Verzierung oder sonstiges. Das Essen liegt einfach nur auf dem Teller. Ich zahle 8 zl (umgerechnet 2 €) und setze mich an einen einfachen Holztisch mit Plastikstuhl. Neben mir ein Geschäftsmann der Pierogi isst. Er sieht ständig auf sein Mobiltelefon, wirkt abwesend. Am gegenüberliegenden Tisch isst ein Obdachloser eine Suppe.
Hier treffen sich alle Schichten.
Es heißt jeder Pole hat seine persönliche Lieblingsmilchbar. Ich glaube ich habe meine schon gefunden. Die mit dem leckeren Früchtekompott und der Frau an der Kasse, die mir so nett zulächelt und mein fehlerhaftes polnisch gekonnt überhört.
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