Haggis - Mehr als nur Schafsmagen! Teil 3
"Die Zeit verrennt und die Gefahr, lustige Erlebnisse zu vergessen, wird immer größer. Also lautet die Devise: Festhalten." In diesem Sinne rekapituliert Sanne ihre erinnerungswürdige Reise nach Schottland.
Meine Highland-Tour ist schon längst passé und dennoch hab ich es noch nicht geschafft, alles zu erzählen.
Die Zeit verrennt und die Gefahr, lustige Erlebnisse zu vergessen, wird immer größer.
Also lautet die Devise: Festhalten.
Bei meinem letzten Bericht war ich in Ullapool stehen geblieben, einer kleinen Stadt in Nordschottland, in der wir eine Nacht verbrachten und das Bergfest der Reise gemütlich mit Film und Fish & Chips zelebrierten.
Tag 4: Donnerstag, 29.10.2008
Nach einer wirklich erholsamen Nacht ging es zum Frühstück, was wohl mit Abstand das Beste und Liebevollste der kompletten Reise war. Unmengen an selbst gemachten Kuchen (Kirsch, Mandel, Orange, Zucchini, Möhre, ... )und sogar hausgemachte Erdnussbutter erwarteten uns. Alle schlugen sich die Bäuche voll um die kommenden Stunden im Bus ohne knurrenden Magen zu überstehen.
Bevor es allerdings wieder daran ging unser Sitzfleisch zu strapazieren, nutze ich die wenigen freien Minuten um einen Spaziergang durch die Ortschaft zu unternehmen und die Sonne am Hafen des Lochs Broom zu genießen.
Unser erster Halt an diesem Tag war Corrieshalloch Gorge, eine tiefe Schlucht mit den Wasserfällen von Measach und einer Hängebrücke aus dem 19. Jahrhundert, die max. sechs Leute zur selben Zeit betreten durften. In unserem jugendlichen Leichtsinn, berauscht vom Gefühl der Unsterblichkeit, betraten wir radikal und mutig auch zu siebt den Übergang und just in diesem Moment .... passierte nix. :) Brücke ganz. Touris ganz.
Von der Brücke und einer kleinen Plattform aus, die noch folgte, hatte man einen atemberaubenden und imposanten Blick über die Schlucht, sowie den Wasserfall.
Von diesem kleinen Naturspektakel aus fuhren wir weiter zur Glen Ord Distillery. Glücklicherweise war es jedem freigestellt an der Führung teilzunehmen. Da ich bereits in drei anderen Distillerys war und mittlerweile rein theoretisch meinen eigenen Whisky herstellen könnte (die Grundlagen sind immer die Selben!), machte ich einen kleinen Spaziergang um die Umgebung zu erkunden die zugegebenermaßen wenig spektakulär war. ^^
Nachdem der Rest der Bande mit der Whiskyverkostung fertig war, setzten wir unsere Reise gen Osten fort. Unser Ziel? Das Culloden Schlachtfeld, der Ort an dem die Schotten 1745 das letzte Mal zum Kampf gegen England und für ihre Freiheit und Unabhängigkeit antraten. Unglücklicher Weise waren die Bedingungen nicht zu Gunsten der Rockträger. Offenes und flaches Land, keine Möglichkeiten sich zu verstecken oder eine Chance auf einen Überraschungsangriff wie in den Highlands. Die Schotten verloren den kurzen Kampf und die Engländer richteten ein Massaker an.
Nach drei Tagen schottischer Geschichte, konnte ich mich nur schwer auf eine weitere Kampf-Erzählung konzentrieren, deswegen bekam ich nicht ganz so viel vom historischen Hintergrund des Feldes mit, auf dem ich stand. ^^ Aber da uns ja noch nicht genug Wissen eingeflößt wurde, ging es gleich weiter zum Balnuaran of Clava, drei Steinhaufen, die jungsteinzeitliche Friedhöfe sein sollen. Greg erklärte uns, dass es, wie bei Stonehenge, auch hier viele Sagen und Geschichten gäbe, und die Herkunft nie geklärt worden sei.
Nach so viel Kultur war es Zeit für eine Pause und so machte ich mich mit kanadischer und australischer Begleitung auf zur Futtersuche in Inverness.
Nach hastigem Magenfüllen (wir drei hatten uns etwas mit der Zeit vertan^^), brachten Greg und Steve uns zur bekanntesten Touristenattraktion: Loch Ness, dem tiefsten Loch Schottlands, in dem sich das sagenumwobene Nessie tummeln soll.
Am Ufer angekommen, weihte uns Greg in das Geheimnis des Nessie-Rufes ein. Mit einem beschämend touristischen Nessie-Hut auf dem Kopf , begann er seine zu Klauen geformten Hände in die Luft zu werfen, sprang in die Luft und sang dabei "Come to me, come to me, Nessie, Nessie!" Und wir, die Reiselustigen? Wir machten treudoof alles mit. :) Außenstehende hatten mit Sicherheit eine beeindruckend dämliche Szene zu Gesicht bekommen.
Nachdem jeder noch ein paar peinliche Fotos mit Nessie-Hut gemacht hatte, fuhren wir weiter zum Urquhart Castle , in dem ich schon mit meiner Familie war. Greg gab einen Hinweis, dass man die sechs £ Eintritt nicht zahlen müsste, sondern einen wunderschönen Blick über die Ruine von der Spitze des Parkplatzes bekommen konnte. Da die Regierung das allerdings auch schon mitbekommen hatte, wurden Bäume geplanzt, um den Blick zu versperren. Im revolutionierenden Gefühlswahn wollte Greg das System bekämpfen und stiftete jeden von uns an einen Baum herauszureißen, um die Sicht für zukünftige Besucher frei zu halten. Vielleicht hatte Greg sich unwissend eine Horde Naturschützer angelacht, denn niemand unterstützte seinen Plan. Die Bäume blieben heil.
Nach dieser Enttäuschung, tuckerten wir weiter in eine kleine Stadt, dessen Namen ich mir nicht sicher bin (East Lewiston oder Drumnadrochit?) Dort erwartete uns eine Ein-Mann-ein-Hund-Show über die Geschichte des Kilts. Uns wurde gezeigt, wie man sich aus einem sieben Meter langen Stück Stoff Bekleidung à la Braveheart anfertigt und mit welchen Waffen man sich früher im Kampf wie gegenseitig abschlachtete. So gab es z.B. Schilder auf die man Spitzen schrauben konnte, mit denen man dem Gegner, nachdem man ihm eine mit dem Schild runter gehauen hatte, in den Magen stechen konnte und dann den Körper mit dem messerscharfen Dolch von unten nach oben aufschlitzte. Zwei Mitreisende wurden traditionell eingekleidet und nebenbei erläuterte er uns die radikalen Lebensbedingungen des 14. Jahrhunderts für die Schotten. Brutal, blutig, erbarmungslos... und wirklich eklig.
Nach dieser durchaus interessanten, aber dennoch unappetitlichen Lehrstunde machten wir uns auf den Weg zu unserem vorerst letzten Quartier. Zusammen mit meiner kanadisch-australischen Reisebegleitung wurde ein kleines Abendbrot gezaubert und dann wurde sich aufgehübscht, denn schließlich stand unser letzter Abend bedrohlich nah vor der Tür und hämmerte unerbittlich dagegen um uns daran zu erinnern, dass sich eine schöne Highland-Tour langsam, aber sicher dem Ende zuneigte. Um die letzten Tage gebührend zu feiern, machten wir uns auf zur Bar des Hostels, denn dort wurde die Karaoke-Anlage angeschmissen.
Einen Geburtstag gab es zusätzlich noch zu feiern. Beim Konsum von Getränken zu billigsten Preisen, ließ es sich dann besonders gut singen! Da die Bar um ein Uhr die "Schotten dicht machte", fiel ich gegen zwei Uhr, nachdem ich gegen einen Australier beim Kartenspiel verlor, gut angeheitert auf's Bett (Doppelstock-Bett, ich im zweiten Stock! -_-' Nicht so einfach, wie man denkt!) Auf dem Weg ins Zimmer, musste ich noch eine weitere Australierin aufsammeln, die vor der Zimmertür lag und eingeschlafen war.^^
Tag 5: Freitag, 30.10.2009
Der finale Tag.
Etwas verkatert quälte sich die ganze Meute aus den Betten, frühstückte und packte alle sieben Sachen zusammen um den Endsport zu wagen.
Für den ein oder anderen wurde auch der Bus kurzzeitig angehalten, um frische Luft zuschnappen, denn die vorhergehende Nacht an der Bar hatte Spuren hinterlassen. ^^
Trotz "hangover" fuhren Greg und Steve mit der restlichen Tour fort und so gings vom "seven heads monument", an einem Loch vorbei weiter zu einer alten Ruine, "Ruthuen Barracks", wo wir ein paar erinnerungswürdige Gruppenfotos schossen. Der Weg bis zur Burg gestaltete sich allerdings etwas schwierig, denn das Wetter hatte an diesem Tag überraschend, aber typisch schottisch, umgeschlagen. Eisregen legte sich überall nieder und verzauberte die Straße zu einer einzigen Schlittschuhbahn.
Das Photoshooting selbst war ein lustiges Szenario. Greg und Steve gingen völlig systemfrei an die Sache ran. Alle Kameras wurden auf einen Haufen geworfen und dann wurde wild drauf los geknipst. Schade nur, dass die zwei besten Reiseleiter der Welt nicht mit drauf sein konnten. Als das Blitzlichtgewitter endlich vorbei war, schlitterten wir erneut äußerst elegant zurück zum Bus.
Da das Wetter nicht besser wurde, sondern schlimmer, flüchteten wir in einen Pub und machten Mittagspause. Mehr als eine Suppe passte in die meisten Alkohol betäubten Mägen allerdings nicht rein. Dafür schlugen wir beim Nachtisch so richtig zu, denn das war, zumindest für mich, DAS Highlight der ganzen Tour. :) A deep fried Mars bar! Ja, dabei ahndelt es sich in der Tat um in brodelndes, triefendes Öl geschubste Schokoriegel! Yammie! :) Bei dem Gedanken läuft einem doch das Wasser im Mund zusammen, oder? ;) Es klingt wirklich wiederlich und ich hatte auch keine kulinarisch wertvolle Köstlichkeit erwartet, doch probieren musste ich es unbedingt. Ein Mädchen, dass manchmal auf Saatjes Kinder aufpasst, erzählte mir schwärmend davon. Das hat mich neugierig gemacht.
Die ganze Touri-Horde stürmte den Chip Shop und fast jeder probierte frittierte Mars-Riegel.
Es war unglaublich süß.
Unglaublich ungesund.
Und unglaublich lecker!!! :) Das hatte ich echt nicht erwartet.
Eine wahre Gaumenfreude nach einer durchzechten Nacht. :)
Nach dieser Neuentdeckung der schottischen Küche flüchteten wir vor dem Regen wieder in den Bus, der uns zum letzten Zwischenstopp der Tour brachte: Dunkeld Cathedral. Eine wunderschöne, alte Kathedrale, halb Ruine, halb nutzbares Gotteshaus, idyllisch gelegen am Fluss Tay. Wärend der Fahrt wollte Greg die restlichen Snacks (wiederliches Irun Bru, Crisps mit Geschmacksknospen betäubenden Gewürzmischungen,... ) verhökern. Der Deal: Ein Witz pro Snack. Es waren ein paar Gute dabei, leider ist mein Witze-Speicher-Gedächtnis nicht besonders gut ausgeprägt.
Nach einer Pinkelpause für jeden hieß es leider dem Ruf der Heimat zu folgen. Es ging zurück nach Edinburgh.
Der Heimweg führte über die Forth Bridge von der aus man die 1810 erbaute Forth Railway Bridge bewundern konnte, was für mich aber nichts besonders war, da ich beide Brücken vorher schon des öfteren überquert hatte
Gegen 17 Uhr hatte jeder sein Gepäck auf dem Rücken.
In Erinnerungen schwelgend, mit Wehmut und "deep scotish love" im nicht mehr ganz kompletten Herzen, denn mit Sicherheit hat auf dieser Reise jeder ein Stück seines Herzens an dieses Land verschenkt, sagten wir farewell und adieu.