Der Beginn eines Romans - Teil 3: Der Einbruch
Für eine Nachbarin muss Sanne Hühner füttern. Dass sie dabei ein paar Jungen bei einem Einbruch erwischt, hätte sie selbst nicht gedacht. Sie meistert die Situation aber doch souverän.
Eine Nachbarin und gute Freundin von Saarje hat seit geraumer Zeit Hühner. Da diese aber mit ihrer Familie nach Frankreich wollte und auch Saarje zwei Wochen Urlaub geplant hatte, bat Claire mich darum, die Tiere zu füttern.
Am letzten Sonntag wollte ich das schnell erledigen, bevor ich mich auf den Weg nach Edinburgh machte, um Sahla zu treffen. Etwas in Hektik suchte ich meine sieben Sachen zusammen und sprintete zum Nachbarhaus. Dort erwartete mich allerdings eine Situation, mit der ich nicht gerechnet hatte.
Als ich das Tor zum Garten aufschloss, wunderte ich mich schon, dass die Tür zu dem kleinen Holzschuppen offen stand, da ich mir sicher war, dass ich diese am Tag zuvor geschlossen hatte, nachdem ich das Hühnerfutter nachgefüllt hatte. Als ich dann den kleinen Weg zum Garten entlang ging, stolperte ich über ein Skateboard, zerbrochene Plastik-Blumentöpfe und allerlei anderen Mist.
Im Garten angekommen, erwartete mich ein noch viel größeres Chaos, das im Haus weiter ging. Das Fenster zum Kinderzimmer von Claires ältestem Sohn stand offen und was ich beobachten konnte, war ein verdutztes Jungengesicht, das mich mit großen Augen anstarrte, "Scheiße" sagte und blitzschnell aus dem Zimmer rannte. Ich war mir erst nicht sicher, ob es Claires Sohn war, doch die Reaktion von dem Knilch zeigte zweifellos, dass er nicht dort sein sollte.
Also rannte ich schnell zurück zur Haustür, wo ich dann wider erwarten die Ehre hatte, nicht einen Jungen abzufangen, sondern etwa sieben 13-jährige Kids. Claires Sohn war nicht dabei. Der war immer noch in Frankreich, ohne einen Schimmer, dass seine "Freunde" sein Zuhause verwüsteten. Als diese stellten sie sich mir nämlich vor. Angeblich hätte man ihnen gesagt, wo der Haustürschlüssel sei und ihnen die Erlaubnis gegeben, das Trampolin im Garten zu benutzen.
Interessant nur, dass Trampolin springen heutzutage auch Cider und Bier trinken beinhaltet, als auch anderer Leute Eigentum durcheinander zu bringen. Dann kam plötzlich noch einem der Mini-Verbrecher die glorreiche Idee, dass er ja ein T-Shirt sucht, was Robin (der Sohn) angeblich schon seit Ewigkeiten hat, und sie deshalb im Haus waren.
Da ich mein Handy nicht bei mir hatte und mir nicht sicher war, wie ich am Besten handle, versuchte ich Zeit zu schinden, verdonnerte die Jungkriminellen zum Aufräumen und rannte schnell zurück zur Wohnung, die die Kids glücklicherweise passieren müssten, wenn sie aus der Wohngegend verschwinden wollten, schnappte mein Mobiltelefon und versuchte Saarje anzurufen, die ich leider nicht erreichte.
Noch nie zuvor war ich in einer Situation, in der ich entscheiden musste, ob ich die Polizei hole oder nicht. Hinzu kam auch, dass ich die Telefonnummer der lokalen Polizei nicht wusste. Die deutschen Notrufnummern sind mir durchaus geläufig, aber doch nicht die Britischen. Und so entschied ich mich gegen einen Anruf bei der Polizei.
Da ich die Rasselbande aber nicht einfach so ziehen lassen konnte, ergatterte ich mir nach vielen sinnlosen Diskussionen die Handynummer von einer Person, nachdem mir alle weismachen wollten, sie hätten kein Handy. Ich hab noch nie zuvor in so kurzer Zeit so viele Lügen gehört. Es war schon beinahe faszinierend. Aber eben nur beinahe. Die Wut überwog dann doch meine Gefühlsregungen.
Am Ende unseres "netten Plausches" wurde ich gefragt, woher ich komme und nach meiner Antwort, kam mir eine Deutschland-Sympathie-Welle entgegengeschwappt. "Oh, Deutschland! Cool!" "Ich mag Deutschland!" "Hey, ich bin Halbdeutscher!" Wahrscheinlich weiß die Hälfte von den Knilchen nicht einmal genau, wo Deutschland liegt. In der ganzen Hektik habe ich die Hühner total vergessen.
Am nächsten Tag ging die Geschichte weiter. Saarje hatte später doch die Polizei gerufen und wie es schien, waren einige der Übeltäter der Polizei schon bekannt. Die Spurensicherung war gerade im Haus, als ich aus Edinburgh wieder kam. Fingerabdrücke nehmen und Beweise sammeln. Das rückte die ganze Sache noch mal in ein viel ernsteres Licht. Wohlmöglich mag die Polizei auch noch mit mir reden, aber mittlerweile sind die betroffenen Nachbarn aus ihrem Urlaub wieder zurück, und so werden die sich jetzt weiter mit der ganzen Situation herumärgern.
Im Nachhinein hab ich mich doch sehr geärgert, dass ich die Polizei nicht gerufen habe. Denn ich glaube, ich hätte es geschafft, die Kinder alle zusammen im Haus zu halten. Komischer Weise waren die ziemlich eingeschüchtert von mir, was merkwürdig war, da ich eigentlich keine Furcht einflößende Person bin, aber wahrscheinlich saß ihnen noch der erste Schock in den Knochen.
Naja, so hab ich zumindest einen kleinen Einblick in das Kriminalleben von North Berwick bekommen. Ich freu mich jetzt schon ein paar der Übeltäter auf der Strasse anzutreffen und ihnen meinen "Ich beobachte Euch und bin immer noch stinksauer"-Blick zuzuwerfen. :)
Es verabschiedet sich die zukünftige Kriminalkommissarin
Sanne
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