Haggis – Mehr als nur Schafsmagen! Teil 1
Sanne hält die ersten Erlebnisse ihrer Highland-Tour fest. Sie macht dort nicht nur besondere schottische Erfahrungen sondern bestaunt auch die schottische Natur in ihrer vollen Pracht...
Lange habe ich versucht mich davor zu drücken, doch nun ist es wirklich an der Zeit die Erlebnisse meiner Highland-Tour festzuhalten, auf die ich so lange gesparrt und gewartet hatte und die, trotz hoher Erwartungen, alles Übertroffen hat!
Zwei Wochen vor der geplanten Reise begab ich mich ins Haggis – Adventures – Büro (ja, Haggis, wie das seltsam aussehende Zeug, das man essen kann) um mir einen Platz in einem der Busse zu sichern und bekam dort durch die freundlichen Mitarbeiter schon einen kleinen Vorgeschmack auf das, was ich zu erwarten hatte!
Tag 1: Montag, 26.10.08
Meine kleine fünf – Tage – Reise begann mit dem viel zu frühen aus dem Bett Quälen und nach Edinburgh düsen.
Nachdem ich meine Koffeinsucht nachgegeben hatte, musste ich schleunigst zum Haggis Adventures – Büro sprinnten, um den Bus nicht zu verpassen. Ich erwartete einen großen Bus vollbepackt mit Mitreisenden, die etwas grummelig auf mich Spätling warteten, doch statt dessen fand ich eine riesige Menschentraube vor, die alle etwas verloren und orientierungslos warteten oder hin und her liefen.
Nachdem klar war, in welche Gruppe ich einsortiert wurde, kam auch schon ein schlacksig-dürrer, kahlköpfiger Schotte auf die Straße und brüllte seine Anordnung, dass alle Reisenden mit der Nummer zwei ihm doch bitte folgen sollen.
Für mich war von vornherein klar, dass ich meine Highland-Tour alleine mache, da ich viele andere junge Leute erwartete, die das selbe taten. Das war auch der Fall und so ließ sich eine nette Australierin neben mir nieder, die schon seit ein paar Monaten quer durch Europa reiste und bald wieder zurück in die Heimat flog.
Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung unseres Tourguides Greg (der kahlköpfige Schreihals) und Busfahrers Steve, gab es eine kleine Belehrung!
Regel Nr. 1: Im Bus wird nicht geraucht! Simpel. Verständlich.
Regel Nr. 2: Im Bus wird nicht herumgeknutscht! Da wir durch eine fantastische Landschaft fahren würden, bestände die Gefahr von der DSL überwältigt zu werden, der "Deep Scottish Love". Doch egal, wie stark uns die DSL beeinflusst, würden wir gebeten uns doch bitte zusammen zu reißen!
Regel Nr. 3: Im Bus wird nicht gepupst! Einleuchtend, wenn man mit 43 anderen Leuten auf engstem Raum zusammengepfercht ist.
Regel Nr. 4: Im Falle, dass wir den Drang verspühren sollten, irgendwelche der oben genannten Dinge zu tun, sollten wir Greg oder Steve fragen, ob man den Bus kurz verlassen könnte. Im Falle von Blähungen, müsse man eine Runde um den Bus rennen, nur um auf Nummer Sicher zugehen, dass man sich "ausgepupst" hat und den anderen Mitreisenden keinen Schaden zufügt.
Nachdem uns diese für das Reisen im Bus lebensnotwendigen Regel eingebleuht wurden, machten wir uns auf zu unserem ersten Ziel: Stirling und das William Wallace Monument.
Auf dem Weg zu unserem ersten Stop, erzählte uns Greg eine ganze Menge über die Geschichte Schottlands und was es mit William Wallace zutun hat.
William Wallace war ein Mann, der im 13. Jahrhundert gegen England für die Unabhängigkeit Schottlands kämpfte. Wer den Film "Braveheart" mit Mel Gibson gesehen hat, wird die Geschichte ein bisschen kennen, doch, wie das bei historisch angehauchten Kinofilmen meist der Fall ist, ist es nicht wahrheitsgetreu, sondern etwas überspitzt um es Kino-tauglich zu machen.
Vom William Wallace Monument aus, gebaut in den 1860ern, das auf einem kleinen Hügel steht, bekommt man einen wundervollen Blick über Stirling, die Burg und die ersten Abzeichnungen der Highlands. Nach dieser ersten geschichtlichen Bereicherung, fuhren wir nach Callander, der schottischen Rentnerstadt, wie uns Greg verriet. Daraufhin wollte er mit uns das lustige Spiel spielen "Wer geht als nächstes?".
Am Ende der kleinen Stadt durften wir Hamsih bewundern, die wahrscheinlich meist fotografierteste Highland-Kuh Schottlands. Nach so viel Spaß und Unsinn, hatten wir uns eine Mittagspause verdient und machten halt am "Green Welly". Gut gestärkt fuhren wir in die Tiefen der Highlands.
Erster Haltepunkt: Glencoe. Das hieß für uns Jacken anziehen, raus aus dem Bus und fertig machen für einen "wee walk", einen kleinen Spaziergang. Wie so oft ist auch "klein" ein sehr dehnbarer Begriff. Wir machten uns also auf, Greg und Steve sprinnteten voran, es geht Berg ab, es geht Berg auf, über Brücken, glitschige Steine. Und dann waren wir am Ziel, an diesem wunderschönen, traumhaften Wasserfall in Mitten von Bergen.
Schottische Natur in ihrer vollen Pracht!
Am späten Nachmittag kamen wir in Oban an und liesen uns im Hostel nieder, versorgten uns bei einer kleinen Erkundungstour durch Oban mit etwas Essbaren und trafen uns am späteren Abend mit Greg und Steve, die uns fehlende Erfahrungen als schottischer Teenager nahe bringen wollten.
Was das bedeutete, wurde uns erst klar, als wir im Stockdunkeln, bewaffnet mit ein paar Büchsen Cider (das war eine Voraussetzung für die Teilnahme) auf dem Weg zur Burgruine waren, zum "Dunollie Castle".
Die besondere schottische Erfahrung? Draußen Alkohol trinken und sich alle nur erdenklichen Körperteile abfrieren. Klingt nach Spaß? War es auch. Mit einer Horde von Menschen, die man nur wenige Stunden zuvor kennen gelernt hat, im Finstern durch den Wald zu einer verfallenen Burg zu tapsen, Gespenst zu spielen, dumme Geschichten auszutauschen und in der pechschwarzen Nacht wieder den Weg zurück zufinden war wirklich amüsant!
Schon der erste Tag übertraf alle Erwartungen.
Tag 2: Dienstag, 27.10.08
Am nächsten Morgen ging es, nach erfolgreicher Frühstueckssuche, zurueck in den Bus auf auf zur nächsten Station, die da hieß "Glenfinnan Monument". Als wir auf dem Parkplatz ankamen, fing es leicht an zu schneien und so wurden die ersten kleinen Schneeballschlachten ausgefochten.
Es gelang mir sogar einen Mini-Schneemann zu bauen, mit Rosinen als Augen, die mir ein australischer Mitreisender anbot.
Da uns der Eintritt im Monument zu teuer war (£6 für einen Turm), genossen wir den Blick vom Aussichtspunkt, der uns völlig ausreichte. Gegenüber des Glenfinnan Monuments befindet sich eine Brücke, die vorallem das Interesse der Harry Potter – Fans weckte, da diese im Film zum ersten Band vorkommt.
Vom Glenfinnan Monument fuhren wir zurück nach Fort William, wo wir eine kleine Foto-Pause am "Inverlochy Castle" machten und dann Mittag aßen.
Da Greg am Abend zuvor von jedem ein Pfund zuviel für das Hostel eingesammelt hatte, besorgten er und Steve in Fort William für uns ein paar Snacks, inclusive "Iron Bru", was Greg uns als das Getränk der Götter / Nationalgetränk der Schotten vorstellte, im Grunde aber nur orange gefärbtes Wasser mit viel Zucker und E-Stoffen war und meinen Geschmacksknospen so gar nicht gefallen wollte.
Greg erzählte uns, dass es weltweit nur drei Länder gibt, in denen Coca Cola nicht das Soft-Getränk Nr. 1 ist: Brasilien, Peru und SCHOTTLAND. Dankt dem Iron Bru! Nach dieser Bereicherung in Sachen "schottische Ernährung", hatten wir die Ehre auf einen Hügel zu klettern, von dem aus man einen Überblick über Glen Nevis bekam, ein Tal hinter Ben Nevis, dem höchsten Berg Großbritaniens, denn in diesem Tal wurde eine Szene für den Film "Braveheart", gefilmt.
Danach fuhren wir ein kleines Stück weiter zu einem Kriegsmonument, das uns einen gigantischen Blick über Ben Nevis verschaffte. Von Ben Nevis ging es weiter zu einem Loch, das angeblich die Form Schottlands haben soll, doch das Wetter entschied sich dazu in einen gigantischen Schneesturm auszuarten und so hatten wir zwar eine stark begrenzte Sicht, aber umso mehr Spaß bei einer richtigen Schneeballschlacht, vor allem die vielen Australier waren begeistert, da einige von ihnen noch nie zuvor Schnee gesehen hatten!
Leider mussten wir am Abend noch sicher auf der Isle of Skye ankommen und so ging's zurück in den Bus und weiter Richtung Norden. Kurz vor der Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet, fuhren wir am "Eilean Donan Castle" vorbei, das wohl meist fotografierteste Castle in Schottland, zu finden in jedem Kalender, auf jeder zweiten Postkarte. Was wohl u.a. auch daran liegt, dass es z.B. in einem James Bond–Film vorkommt und der Liebeskomödie "Verliebt in die Braut".
Nachdem wir uns selber auch ein paar Fotos gesichert hatten, fuhren wir über die Brücke nach Skye, die, wie uns Greg erzählte, Haggis Adventures eine ganze Menge Geld gekostet hat. Die Brücke wurde auf Kommando der Regierung gebaut, da gerade Wahljahr war und sie hofften durch diese Brücke Unterstützung von den Ansässigen zubekommen, doch die Bewohner der Region protestierten gegen den Bau der Brücke, da sie mit ihrem Fährensystem sehr zufrieden waren.
Dadurch wurde die Fertigstellung der Brücke verzögert und die Firma, die für den Brückenbau verantwortlich war, ging bankrott und verkauften die Brückenrechte an die Bank von Amerika, welche den Bau beendete, ihre Kosten aber durch enorme Zollbetraege wieder ausgleichen wollte.
£4 pro Auto oder £42 pro Bus und das nur für einen Weg. Wer also von der Insel kam und Arbeit auf dem Festland hatte, steckte in einem kostspieligen Dilemma. Haggis Adventures hat der ganze Spaß über die Jahre ca. £300.000 gekostet. Vor ein paar Jahren wurde der Zoll abgeschafft.
Am Abend machten wir es uns im Hostel "Saucy Mary's" gemütlich, kochten, tranken und genossen die Live-Musik, die von einer lokalen Band gespielt wurde. Eine andere Reisegruppe gesellte sich zu uns und es dauerte auch nicht lange, bis die ersten anfingen ihr Tanzbein zu schwingen. Mich ließ die Musik auch nicht regungslos auf dem Hocker sitzen und so wurde zwei bis drei Stunden durchgetanzt, bis es Zeit war völlig verschwitzt und müde ins Bett zu fallen.
Die Folgen meines übermotivierten Tanzengagements wurden mir erst in den darauffolgenden Tagen bewusst…
Fortsetzung folgt!
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