Pizza, Polen, Przemek.
Wir sprechen nicht, wir kommunizieren.
Vor unserem ersten Treffen weiß ich noch nicht viel über Przemek. Er ist ein Lehrer an dem Gimnazjum in Stettin, in dem ich die nächsten 11 Monate arbeiten werde. Sein einziges Fach ist Religion. Trotzdem ist er der Grund, wieso ich jetzt vor der Schule warte. Schließlich war er es, der mich und zwei weitere Freiwillige an diese Schule in Stettin geholt hat, zwei Deutsche und eine Ukrainerin, die von nun an Kreativität und Internationalismus mit in das Schulleben einfließen lassen sollen.
Als wir die Schule betreten, kommt ein kleiner Mann auf uns zu. Er hat eine Glatze, ist ungefähr 40 Jahre alt und hat ein Lächeln auf den Lippen. Wir begrüßen ihn mit „Dzień dobry!“, zwei der wenigen polnischen Wörter, die ich kenne. Im Vorfeld wusste keiner so genau, ob Przemek Englisch spricht. Er wechselt ein paar Worte mit der Koordinatorin meiner Organisation und wendet sich schließlich an uns: „Jak się masz?“ Er schaut in unsere unsicheren Gesichter, nach einer Woche Polen und einer Sprachstunde stoßen wir bereits jetzt an unsere Grenzen des polnischen Sprachkosmos. Wir fragen ihn, ob er Englisch spricht, diesmal ist er derjenige, der verunsichert aussieht. „Parlo Italiano!“ , antwortet er. Keiner von uns spricht Italienisch.
In der Schule treffe ich Przemek jeden Tag. Sein Klassenzimmer ist direkt neben dem kleinen Raum, der uns zugeteilt wurde. Er gibt mir die Hand, ich sage „Cześć!“ und wir lächeln uns an. Auf diese kleine Interaktion beschränkt sich unsere Kommunikation größtenteils. Wenn er mir etwas sagen möchte, sagt er es erst auf Polnisch, bemerkt meine Verzweiflung und ruft schließlich den nächstbesten Schüler, der dann übersetzt. Trotzdem haben wir nie Probleme miteinander.
Als unser erstes Evaluationstreffen ansteht, fahre ich gemeinsam mit Przemek mit der Straßenbahn zu dem Büro unserer Organisation. Ich habe mir ein paar Minuten vorher ein paar Sätze auf Polnisch zurecht gelegt, um wenigstens ein kleines Gespräch während der 20-minütigen Fahrt führen zu können. Nachdem ich meine Sätze über die Arbeit in der Schule und das Wetter abgearbeitet habe, versucht er mit mir zu reden. Ich verstehe einige Wörter, allerdings nicht den Sinn des Gesagten und er fängt an, seinen Satz in sein Handy einzutippen. Schließlich zeigt er mir die Übersetzung. Ich antworte ebenfalls mithilfe meines Handys und so sitzen wir nebeneinander in der Bahn und zeigen uns gegenseitig unsere Displays mit kurzen, fehlerdurchzogenen Sätzen. Wir unterhalten uns so über seine Lieblingsstadt Rom, den Vatikan und natürlich Pizza, die er über alles liebt. Weil wir noch etwas Zeit und Hunger haben, lädt er mich auf Paszteciki ein, frittierte Pasteten, wahlweise mit Fleisch oder Pilzen und Käse gefüllt. Nachdem wir glücklich und satt in dem kleinen alten Lokal sitzen, zeigt er mir erneut sein Display. „Taste of my childhood“, steht dort in der Zeile vom Übersetzer.
Ich lerne nur langsam polnisch und für ein richtiges Gespräch wird es wohl niemals reichen. Manchmal finde ich es schade, dass ich mich nicht mit dem Koordinator meines Projektes unterhalten kann. Er ist immer gut gelaunt, besonders wenn er von seinem Lieblingsland Italien schwärmt, ich ein „Bella Italia“ einwerfe und wir gemeinsam lachen. Obwohl wir nicht die selbe Sprache sprechen, ist er eine der wichtigsten Personen in meinem Freiwilligendienst. Kommunikation ist eben nicht nur Sprache.