Grenzgeschichte(n)

Als ich dieses Land zum ersten Mal besucht habe, hieß es noch nicht Tschechische Republik so wie jetzt. Das war 1988, Europa hatte den Kalten Krieg noch nicht ganz überstanden, Deutschland wurde von einer traurigen Mauer geteilt, Tschechien und die jetzige Slowakei bildeten eine Föderation und wir sind entlang der tschechoslowakischen Grenzpfähle durch den Bayerischen Wald gewandert. Bei unserem damaligen Besuch in Prachatitz habe ich das Wort "pátek" aufgeschnappt und nie wieder vergessen. Was es heißt? Freitag, ganz einfach. An der Grenze mussten wir Geld tauschen, DM in Kronen.

Die Faszination für beide Länder ist geblieben, und das Interesse durch die Sommerschule in Olomouc (CZ) und mein ERASMUS-Semester in Banská Bystrica (SK) weiter gestiegen.

Nicht nur an Freitagen...

...sondern auch an einem Sonntag wie gestern.

Mit einem voll bepackten Auto bin ich gegen 22 Uhr nachts an den ehemaligen Grenzübergang gekommen, und musste mir noch wie letzte Woche eine Autobahnvignette kaufen.

Von meiner ersten Fahrt wusste ich, dass es möglich ist, diese in beiden Währungen zu erstehen. Irgendetwas hat mich allerdings so in Gedanken versinken lassen, dass sich folgender Dialog entwickelte:

Ich: Entschuldigen Sie, ich kann die Vignette doch sowohl in (tschechischen) Kronen, als auch in DM zahlen?

Verkäuferin: Nein, wir nehmen nur Kronen oder Euro.

Ich: Wie? Sie nehmen keine DM?

Verkäuferin: Nein, wir nehmen nur Kronen oder Euro, keine DM...

Ich: Ok, dann würde ich bitte gerne in Euro zahlen...

(...)

Als ich im Auto saß, fiel es mir dann endlich, endlich auf, WARUM mich die freundliche Frau so verwundert angesehen hatte... Ich habe keine Ahnung, warum ich so verwirrt war. Vielleicht weil ich kurz vorher an die dunkle Wechselstube an der Grenze bei Phillipsreuth denken musste?

Aber das ist lange her. Dieser eine Freitag in einer anderen Zeit. Dieser eine Freitag in einem anderen Europa. Ein Freitag, der glücklicherweise immer noch pátek heißt...