Europa für die Jüngsten
Auch im zuweilen etwas verschlafenen Lublin ganz im Osten Polens fühlt man sich europäisch. Das beweist ein buntes Straßenfest, das die Stadtverwaltung zusammen mit lokalen Vereinen auf die Beine gestellt hat. Anlass war der Europatag am 9. Mai.
Sogar das Wetter hat mitgespielt. Bei Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen war der Europatag vor dem Rathaus in Lublin ein Erfolg. Der Schwerpunkt der Veranstalter war geschickt gewählt. Statt langweiliger Reden und steifen Gesten war vor allem an die Jüngsten gedacht. Auf der Bühne gaben sich Schulchöre und Jugendbands die Klinke in die Hand. Animateure sorgten mit Jonglage sowie Akrobatik für sportliche Betätigung. Und ein kulinarischer Zuckerbäckerwettbewerb rundete den bunten Tag ab. Der 9. Mai war in Lublin überhaupt ein Tag des Wettstreits.
Etwas abseits vom Trubel zeichneten die Schülerinnen Agnieszka und Ania vom örtlichen Gymnasium Nr. 7 eifrig "Lublin als europäische Stadt". Dies war gleichzeitig der Titel eines Schulwettbewerbs aus Anlass des Europatages. "Wir malen nun schon seit zwei Stunden. Etwas heiß ist es hier mitten in der Sonne schon", so die Mädchen, die trotz der Umstände mit Spaß dabei waren.
Auf der Bühne hatte Andrzej Skórski vom Regionalen Europainfozentrum alle Hände voll zu tun, die Gewinner des Wettbewerbs 'Meine Schule in der EU' auszuzeichnen: "Wir haben Gymnasiasten der Lubliner Region eingeladen, einen Aufsatz über die ersten fünf Jahre Polens in der EU zu verfassen. Über 30 Beiträge sind eingegangen und die besten nehmen nun an der landesweiten Etappe teil", berichtet der Organisator nicht ohne Stolz.
Europa überall. Und die kommenden Wahlen? Haben Kandidaten, Parteien und NGOs die Chance des Straßenfests genutzt um auf die Wahlen zum Europaparlament am 7. Juni aufmerksam zu machen? Kaum. Die vereinzelten Wahlkämpfer eines der lokalen Kandidaten gingen im Gewühl eher unter. Und der Infostand der Stiftung Nowy Staw, einer der aktivsten Befürworter der Europäischen Integration in Lublin, war belagert von Kindern und kritisch beäugt von älteren Herrschaften. Erstere verlangten nach Seifenblasen, letztere nach einem Sündenbock. Eine Dame nutzte es besonders schamlos aus, dass die Freiwilligen hinter dem Infostand nicht entfliehen konnten: "Glaubt ihr selbst an eure europäische Propaganda? Bei uns haben doch alle größeren Betriebe zugemacht. Wo soll man noch arbeiten? Uns hat man alles geklaut!", ereiferte sie sich, während sie die Infobroschüren durchwühlte. Ohne Kommentar.
Es zeigt sich: Alle die Europa unterstützen, müssen auf die junge Generation setzen. Warum nicht durch ein buntes Straßenfest?