Cluj vrea democratie!
Viszlát, Dóra. Und hallo, Revolution...
Hey, Freunde der Sonne! Jól vagytok? Ich hab schon wieder einen weiteren Monat hinter mir gelassen. Gruselig, wie schnell das geht.
Und die Hälfte des Februars habe ich im Halbschlaf verbracht. Ich bekomme im Moment einfach viel zu wenig Schlaf. Meine Schuld, meine und Johannas, denn wir machen immer erst gegen Mitternacht wenigstens das Licht aus.
Kommt natürlich nicht gut, wenn man Frühschicht hat, aber für eins lohnt es sich doch: Floris, der jeden Morgen schon gegen halb acht kommt, löst sich von der Erzieherin und rennt in meine Arme; sobald ich den Raum betrete. Es beunruhigt mich ein bisschen, wie sehr er an mir hängt. Oft will er gar nicht mit anderen Kindern interagieren und nur bei mir bleiben, und wenn ich ihn mal für was zurechtweisen muss wird er ganz katatonisch und fragt (noch öfter als sonst) nach Mama.
Montag habe ich mit den Kindern einen Hindernisparcour aufgebaut. Die Drillinge liebten es natürlich, die haben ja eh Energie für zehn, und Tudor freute sich auch, da durchkrabbeln zu können. Dienstag gab ich meine wöchentliche Musikstunde, endlich mal wieder mit Gitarre. Ah, und Mittwoch wurde unsere Ungarischstunde schon wieder abgesagt. Diese ganze Sprachensituation frustriert mich im Moment so sehr, dass ich gar nicht ins Detail gehen möchte.
Sziá...
Tassi, Petru und Dóra fehlten diese Woche, und ich vermisste sie tatsächlich. Dafür wurde uns ein neues Kind vorgestellt, Tobiás, ab nächster Woche “ersetzt” (ja, mein Chef hat es wirklich so ausgedrückt) er Dóra, die nun nicht mehr kommt.
Freitag kam sie zum letzten Mal kurz zum Verabschieden. Mann, das tat weh, noch mehr als erwartet. Mir kommen schon wieder die Tränen während ich das schreibe, und auch als sie da war, saß ich nur am Tisch und versuchte (erfolglos), nicht zu weinen. Auch wenn ich weiß, dass sie wundervolle Eltern hat, bei denen sie gut aufgehoben und geborgen ist. Juliana und Csilla waren völlig gefasst, ich hingegen komplett aufgelöst.
Ich musste daran denken, dass Dora in den ersten Wochen noch dachte, mein Name wäre "Okay", weil ich das Wort so oft gesagt habe. Als sie sich gegen ihr Karnevalskostüm gewehrt hat weil es nicht rosa war, als sie so versucht hat Freunde zu finde indem sie allen Kindern "Geschenke" aus der Kita gab, und als sie sich so schließlich mit "Perrtu" (Petru) und "Loriiiiiis" (Floris) anfreundete. An die Worte "Lenaaaa, segitstek!" sechsmal am Tag und wie sie immer komplett eskalierte vor Freude, wenn ich sie schnell auf dem Fahrrad herumfuhr. Dass sie eins der ersten Kinder war, die mich akzeptierten. Und nun ist sie gegangen. Das ist also Liebe, tolle Sache.
It is in Lukas
Hm, zum Glück ist das Leben außerhalb der Kita nicht ganz so deprimierend… wobei, doch, manchmal schon! Montag wollte ich zum ConvoClub Französisch gehen, und niemand öffnete mir die Tür. :D War wohl irgendwas kaputt.
Dienstag ging der Genderworkshop weiter, mit nur vier Leuten. Wir mussten ein Improv-Rollenspiel in Form einer Talkshow darstellen, und oh Gott, ich habe Tränen gelacht. :’D Lara spielte einen Priester und zitierte die ganze Zeit ausgedachte Bibelstellen. “It is in. uh… Lukas… two seven.”
Meine Rolle als LGBT activist war ganz gut umsetzbar, ich musste einfach spontan ein paar sprachliche Mittel und Reden zusammenbasteln, zumindest sah ich das so… aber mit meinem neugewonnenem Selbstbewusstsein wird mir langsam klar, dass das vielleicht doch nicht etwas ist, das jeder kann. Worte beherrschen, mit wenig viel sagen und vieles auch nicht plump sagen und stattdessen mit Stil zu implizieren. Rückblickend bin ich ziemlich stolz auf die Reden, die ich dort unvorbereitet in Sekundenschnelle abgefeuert habe.
Cluj vrea democratie!
Mittwoch ging ich demonstrieren. Ich denke, ihr wisst wofür, denn das Thema hat internationale Aufmerksamkeit bekommen - und das will was heißen, normalerweise ignoriert die Welt ja alles östlich von Österreich. Während alles auf Trump schaute, hat die regierende Partei, die PSD, undemokratisch und über Nacht im Grunde Korruption bis zu einer gewissen Geldsumme legalisiert und Haftstrafen für Schuldige aufgehoben. Passt natürlich gut in die Kram, dass die PSD so einige Parteimitglieder aus dem Knast geholt hat. So etwas wäre überall abstoßend, aber hier? Wo der Kommunismus erst knapp 25 Jahre her ist? Also bin ich selbstverständlich zur Demonstration gegangen.
Und es war… nicht gut, natürlich nicht. Gut wäre, wenn diese Demonstrationen nicht notwendig wären. Aber es war elektrisierend, und inspirierend. Piata Unirii und die Straßen herum waren voll mit Protestschildern, Gesängen, Geschrei und Menschen. Menschen aller Art, aller Herkünfte und Altersklassen - besonders so viele junge Leute. Die Luft war geladen mit Wut, aber auch Energie und Hoffnung, und Einigkeit, den ganzen Marsch lang.
Gut so. Clujul nu doarme!
Safe spaces
Donnerstag ging ich nicht protestieren, denn der Workshop ging weiter, auch wenn ich wirklich in Betracht zog, ihn sausen zu lassen. Zu viele interessante bzw. Angebote Donnerstagabend… der ungarische ConvoClub, alle Csemete-Mitarbeiter gingen in die Oper, und natürlich die Demo. Letztendlich bin ich doch hingegangen, da ich schließlich schon die nächsten zwei Termine verpassen werde. Und es war witzig, viele neue Leute, und diese ganzen Spiele schubsen mich wirklich mit Brutalität aus meiner Komfortzone (gut so!). Gegen Mitte kamen zwei Kerle vorbei, die die Atmosphäre - für mich zumindest - drastisch verschlechterten. Der Typ Mann, dem ich draußen in der “echten Welt” aus dem Weg gehe, den ich aber als nervige Norm akzeptiert habe. Der Typ Mann, der meiner Meinung nach nichts in so einem safe space verloren hat. Sexistische Witze in jedem Satz, macht sich über die ganze Thematik lustig, die “Mach-mal-kein-Drama-daraus”-Rhetorik, und unterbricht Frauen ganz selbstverständlich wann immer er was sagen möchte. Ich kann nicht sagen, dass ich Männer hasse, aber diese häufig vorkommende Sorte verabscheue ich definitiv.
Nunja. Geht vorbei.
Theater
Freitag war irgendeine Art Inspektion oder Treffen in der Kita, Erzieher aus aller Welt kamen und sahen sich den Verlauf an. Erinnerte mich ein bisschen an die Qualitätsanalyse in der Schule, alles war natürlich eine große Show. Ich fotografierte den ganzen Tag, was auch kein Ding war, denn es waren nur vier Kinder in unserer Gruppe.
Abends mussten wir dann noch zur Konferenz mit den ganzen Erziehern. Es war alles auf ungarisch und Emoke saß weit weg von mir und konnte somit nicht übersetzen. Ein bisschen verstand ich, wenn ich mich sehr konzentrierte, aber nach zwei Stunden lässt die Konzentration wohl bei jedem nach.
So, und jetzt geht es auf Reisen. Baia Mare, Iasi, Bukarest, Craiova, Targu Jiu. Ehrlich gesagt kann ich eine Csemete-Pause gut gebrauchen, um meinen Kopf wieder zu klären.
Wir hören uns… und sehen uns auch, denn nächste Woche mache ich das Instagram-Takeover bei youthreporter. Bis dann!
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