Wie die Zeit vergeht
Es ist November! "Leute wie die Zeit vergeht"
Ich dachte niemals, dass dieser Satz mal aus meinem Mund kommt. Wie die Zeit vergeht. Klingt nach nostaligscher Spießigkeit. Das wollte ich doch nie sein.
"Leute wie die Zeit vergeht"
Ich dachte niemals, dass dieser Satz mal aus meinem Mund kommt. Wie die Zeit vergeht. Klingt nach nostaligscher Spießigkeit. Das wollte ich doch nie sein. Normalerweise kenne ich diesen Satz nur von meinen Verwandten. Oder von älteren Damen die die Köpfe von Kindern tätscheln. Ich denke mir dann immer: Jaja das ist wahr, Zeit vergeht und so, aber warum sagt ihr das immer?
Ich bin jetzt schon 2 Monate und 15 Tage in meiner neuen Heimat. Polen. Und erst jetzt habe ich das Gefühl wirklich angekommen zu sein. Ich gehe durch die Straßen meiner Stadt und merke dass das alles zu mir gehört. Selbst all das Hässliche, der Gestank in den Bussen, das Alte und nicht renovierte. Ich werde mich zwar nie an den Anblick von den vielen Obdachlosen Männern gewöhnen aber es wird irgendwo - ja sagen wir normaler. Nach einigen Befürchtungen wie die Obdachlosen hier den kalten Winter - in dem sogar das Meer zufrieren soll - überleben sollen, habe ich erfahren das es genügend Notunterkünfte gibt die im Winter auch meist genützt werden. Das beruhigt mich.
Und all die schönen Seiten hier. Das Meer, die Menschen die mir stets zusprechen, mich anlächeln und mir das Gefühl geben das ich hier richtig bin.
Es macht mir Spaß die Eigenheiten dieses Landes kennenzulernen. Da wäre z.b der Aberglaube. Stell deine Tasche niemals auf den Boden, es heißt das Geld laufe aus deiner Tasche. Sag nicht Danke wenn dir jemand viel Glück wünscht, das bewirkt das Gegenteil.
Oder die verplante Planung. Ich bin noch nie so oft von Bahnschalter zu Bahnschalter geschickt worden bis ich mein Ticket bekommen hab.
Ein Ereignis das mich hier sehr berührt hat ist Allerheiligen. Es war hier ein wirklich großes Event. Aus dem Stadtfriedhof wurde ein warmes Lichtermeer. Zu schön auf wirklich jedem Grab fand man ein Licht. An jeden wurde gedacht und erinnert. Noch nie hat mcih dieser Feiertag in Deutschland berührt aber hier habe ich gemerkt das es mit Liebe und Respekt zu tun hat den Toten zu Gedenken. Und aus einem Ort des Todes wird ein Ort des Lichtes und der Hoffnung.
Und
Mein Polnisch. Ich tauche immer tiefer ein in Wirren und Schönheiten dieser Sprache. Wie hat sich so etwas verzwicktes nur entwickeln können? Nicht nur das man beispielsweise im Akkusativ, einen der 7 Fällen zwischen belebten und unbelebten Substantiven unterscheidet, nein man teilt auch die weiblichen Genitivsubstantive in "historisch weich","hart", und "weich" ein. Und man hat sich für die komplizierterste Ausprache entschieden. Polnisch soll laut meiner Lehrerin die drittschwerste Sprache nach Chinesisch und Arabisch sein.
Aber ich lerne hier nicht nur die polnische Sprache. Ich lerne auch ohne Sprache zu kommunizieren. Mit meinen Kindern. Ich lerne was es heißt zu vermissen. Meine Stadt vermisse ich nicht. Ich vermissen die Menschen dort die mir wichtig sind. Ich dachte wirklich niemals das das so schwer wird.
Mein neue Heimat. Sie macht es mir manchmal nicht leicht. Deutsche und Russen sind hier ungefähr gleich unbeliebt. Wenn ich mit Freunden unterwegs bin die aus anderen Ländern kommen ist das interessant. Bei mir kommt dann ein: "Ah Okay". Nicken. Manchmal wenn man sich gerade in einem Pub befindet wird auch die Vergangenheit angesprochen. Aber darauf gehe ich nicht gerne ein. Es ist sinnlos über irgendetwas zu diskutieren wenn man gemeinsam eine gute Zeit haben will. Aber es ist ein Thema. Die Vergangenheit begegnet hier einem überall. Ist klar, sie hat ja auch Auswirkungen auf die Zukunft.
Ich lerne zu vertrauen das der Weg richtig ist. Und das wünsche ich euch: Egal wie fremd oder unwohl ihr euch vielleicht einmal fühlt, der Weg wird weitergehen. Nicht nur der äußerliche sondern auch der innerliche. Man kann nur lernen von alldem was man erlebt. Das Leben ist eine einzige Chance!
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