Weihnachten kommt immer näher
Der Heimfahrt einen Schritt näher, Verjüngung in der Ludothek, Reunion auf dem Straßbourger Weihnachtsmarkt
Montag, 23.11.2015
Heute beschäftige ich mich mit der Organisation der Heimfahrt an Weihnachten. Nach einigem Hin- und Herüberlegen bin ich nämlich zu dem Schluss gekommen, dass ich Weihnachten und Silvester gerne zu Hause verbringen würde. Zum einen fährt M. Auch nach Hause, sodass ich ganz alleine an Weihnachten zu Hause sitzen würde worauf ich nicht sonderlich große Lust habe, zum anderen würde ich meine Familie und meine Freunde sehr gerne sehen. Und so kommt es, dass ich eine neue Bahncard beantrage, durch den Dschungel des Internetbankings hindurch finde und schließlich meine Fahrkarte in den Händen halte. Auch, wenn es beinahe noch einen ganzen Monat dauert bis ich schließlich wieder zu Hause bin, freue ich mich jetzt schon riesig.
Ich werde an einem Freitag direkt nach dem TAP mit dem Bus nach Genf und von dort aus weiter nach Hause fahren. In den frühen Morgenstunden dürfen mich dann meine Eltern vom Bahnhof abholen. Letzteres ruft einen enorme Euphoriestimmung hervor.
Dienstag, 24.11.2015
In der Reunion heute wird uns offenbart, dass am 15. eine Kommission von der oberen Etage kommen wird. In der Abkürzung – alles, wirklich alles hat hier Abkürzungen. Die ganze Abkürzerei endet darin, dass keiner mehr so wirklich den Überblick hat, was genau da nun eigentlich abgekürzt wurde. - wurden irgendwie die Worte „Sicherheit“ und „Hygiene“ verwurstelt. L. Klärt uns darüber auf, dass die Kommission immer ein paar Mal im Jahr Versammlungen in den Gebäuden von FOL74, unserer Mutterorganisation, abhält und diese Versammlungen nutzt um zu überprüfen, ob in den Centres alles stimmt. Mit ganz besonderem Hinblick auf die Sicherheit und die Hygiene am Arbeitsplatz. Besonders wichtig scheinen hierbei auch die Festangestellten zu sein, die von L. Noch eine Sicherheitseinweisung erhalten werden. Man weiß ja schließlich nie. Vielleicht fragt einer aus der Kommission etwas. Und wenn darauf dann keine Antwort parat ist, wäre das nicht unbedingt zum Vorteil des Centres.
Um ein einem guten Licht dazustehen, muss allerdings noch einiges aufgeräumt und geputzt werden. Die nächsten Tage werden wir jedenfalls erst einmal beschäftigt sein.
Zusätzlich kommt noch dazu, dass wir die Idee eines Wegweisers realisieren sollen.
Abends bin ich wieder beim Badminton. Das ist schön wie immer. Ich mag die Leute dort total gerne. Alle sind sehr aufgeschlossen und es wird immer wieder durchgemixt, sodass man ständig mit neuen Paarungen spielt. Nur der Aufschlag macht mir noch etwas zu schaffen. Ich weiß nicht wieso, aber entweder habe ich zu wenig Kraft im rechten Arm oder ich habe den ultimativen Trick noch nicht durchschaut. Jedenfalls bekomme ich den Ball gerade so über die eine Feldlinie, sodass die Angabe zählt. Wenn ich nämlich den Aufschlag mit ganz viel Kraft versuche, wird der Federball so hoch geschleudert, dass es für meine Gegner ein Leichtes ist einen Drop zu machen, sodass ich gar keine Chance habe den Ball zu bekommen. Wie dem auch sei: Mein Aufschlag ist ausbaufähig...
Mittwoch, 25.11.2015
Da es am Wochenende nicht nur bei uns, sondern natürlich auch auf den Bergen in der Umgebung geschneit hat, hat T.s Auto beschlossen, dass es nicht anspringen möchte. Er wohnt nämlich etwas weiter weg und hat sich am Morgen etwas verkalkuliert. Das Autoproblem führt darum dazu, dass er ankündigt sich für unbestimmte Zeit zu verspäten. Den Bus, mit dem er heute eigentlich fahren sollte um die eine Kinderfuhre abzuholen, übernimmt darum E.
Als sie und ich die Kinder schließlich alle ins Centre gebracht haben, ist T. Aber glücklicherweise doch schon da. Ich habe mir schon ausgemalt, dass ich heute die Animation ganz alleine machen darf. Wobei heute gar nicht so viel Bespaßung ansteht, da wir einen Ausflug in die Ludothek in Lyaud machen. Für alle, die es nicht wissen: Eine Ludothek ist im Prinzip das Gleiche wie eine Bibliothek, allerdings für Spiele. Unser Besuch basiert jedoch nicht darauf, dass wir uns Spiele ausleihen, sondern darauf, dass wir die Spiele vor Ort direkt ausprobieren.
Ich bin auf jeden Fall sehr froh, dass es T. Doch noch pünktlich geschafft hat.
Nach einer etwas kürzeren temps calme mache ich mich mit sieben Kindern und dem Camion auf den Weg Richtung Lyaud. Nachdem wir abgeladen wurden, dreht der Camion wieder eine Runde zum Centre um die nächste Ladung Kinder einzusammeln.
Bis die zweite Gruppe zu uns gestoßen ist, testen wir die ganzen Spiele, die im Gemeindesaal ausgestellt sind. Besonders zu faszinieren scheint meine Kinder ein Geschicklichkeitsspiel (Welches ich im Übrigen auch sehr gerne einmal ausprobieren würde. Geht aber leider nicht, da es ständig von den Kindern in Beschlag genommen wird.) und ein Magnet-Tischkicker zu finden. Als die andere Gruppe schließlich auch eintrifft, stellt sich heraus, dass wir primär aber gar nicht wegen der Spiele, sondern wegen eines Workshops in Lyaud sind. Momentan findet die Woche der Müllreduktion statt. Da das Centre sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit legt, machen wir bei dieser Woche natürlich auch mit. Thematisch an die Woche angeknüpft, bastelt wir mit den Kindern nach einer kurzen Märcheneinheit – schließlich muss die Fantasie und Vorstellungskraft der Kinder gefördert werden... BAFA lässt grüßen. - aus alten Plastikflaschen und Gummibändern Gitarren. Anfangs tun sie sich alle etwas schwer, aber nach einer gewissen Zeit haben wir den Trick raus und am Ende ist jedes Kind mit seiner eigenen Gitarre ausgestattet. Es folgt ein von T. Angeleiteter Airguitare-Contest. Dann ist die Zeit in Lyaud für uns aber auch schon wieder vorbei.
Als ich im Centre mit der ersten Gruppe ankomme, versuche ich den Kinder begreiflich zu machen, dass es nun gilt den Goûter schnell vorzubereiten. Wir sind nämlich mal wieder in Verzug. T. Hat es nicht so mit dem Timing. Das Problem daran ist allerdings, dass unser Chef möchte, dass alles bis um spätestens 17 Uhr wortwörtlich gegessen ist. So müssen die Eltern dann nicht unnötig warten.
Als dann auch der Goûter gemeistert ist, wird es etwas entspannter. T. Gibt mir schließlich auch noch seine SIM Karte. Danach bin ich nämlich immer noch auf der Suche. Bis jetzt vergeblich. Mit seiner Karte habe ich aber sowohl einen Vertrag, als auch eine französische Nummer. Genial also! Zu Hause stelle ich dann allerdings fest, dass die Karte bei bestem Willen nicht in mein Handy passt. Da kann ich noch so viel zuschneiden wie ich will. Schade eigentlich. Ich hatte mich schon so gefreut endlich ein bisschen französischer geworden zu sein.
Donnerstag, 26.11.2015
Als ich heute beschwingt aufwache, ist das Wetter perfekt. Perfekt um mit meinen drei Lieblingstieren einen Spaziergang zu machen. Das Klingeln bei A.-M. Bringt allerdings nicht viel. Es scheint keiner da zu sein. Ganz ohne Bescheid zu sagen möchte ich die drei Hunde aber nicht mitnehmen. Darum mache ich mich auf die Suche nach A.-M. Und B. Irgendwo werden die zwei schließlich sein. Und siehe da: Ich finde sie am Rande des Wäldchens. Sie sind gerade dabei den Zaun zu reparieren. Leider kann ich die Hunde aber nicht mitnehmen, da donnerstags und sonntags hier immer Jagd ist. Das wäre dann etwas suboptimal, wenn Jacques mal wieder die Lust verspürt ein Reh nach zu machen.
Auf der Arbeit widmen sich M. Und ich dem Basteln des Wegweisers. In den Untiefen der Rumpelkammer unter dem ehemaligen Schwimmbad tauchen wir ab in die Suche nach Holz und werden sogar fündig.
Im Tap wagen wir ein waghalsiges Experiment mit den Kindern. Bereits gestern habe ich einen Plastikbecher mit Wasser ins Eisfach unseres Kühlschranks gestellt. Besagten Becher steckt sich M. Nun in seine Jackentasche, damit die Kinder unsere Überraschung nicht direkt sehen, wenn wir ankommen.
Im Laufe der Stunde rücken wir mit unserer coolen Überraschung heraus. Die Kinder sind von dem Eis für einige Zeit in den Bann gezogen. Zunächst ist es total faszinierend, dass wir Eis mitgebracht haben. Und auch das Anfassen der besagten Materie ist für die Kinder ein Highlight. Als das Eis dann langsam beginnt zu schmelzen, sind die Kinder im siebten Himmel. Ich versuche noch einen kurzen Exkurs zum Klimawandel. Jedoch bin ich mir nicht so ganz sicher, ob die Parallele zum Schmelzen der Polkappen aufgrund des Klimawandels bei den Kindern so ganz ankommt. Aber probieren geht ja bekanntlich über studieren.
Beim Flagfootball ist es dies Mal wirklich sehr kalt. Es sind gerade Temperaturen um den Gefrierpunkt. Und das merke ich dann doch. Anfangs war ich von der Tatsache, dass das Training immer draußen stattfindet, etwas abgeschreckt. Mittlerweile weiß ich es aber zu schätzen. So wird der Kopf nämlich richtig schön durchgelüftet.
Freitag, 27.11.2015
Mein Tag beginnt mit dem Aufräumen meines Zimmers und dem anfänglichen Packen für meinen Ausflug nach Straßbourg, der bereits morgen ansteht. Ich freue mich schon unglaublich. Endlich sehe ich drei der anderen Freiwilligen wieder und kann mich etwas austauschen. Und ganz nebenbei wird dann Straßbourg noch unsicher gemacht.
Im Centre angekommen, widmen sich M. Und ich wieder dem Wegweiser. Wir sägen eifrig das Holz (ins Fitnessstudio muss ich heute nicht mehr. Das Zurechtsägen von insgesamt fünf Wegweisschildern und anschließendes Schmirgeln gibt mir das Gefühl, als hätte ich bereits zwei Stunden Hanteln gestemmt.). Nach einer ausgiebigen Schmirgelaktion, bei welcher ich in meiner schwarzen Hose immer mehr und mehr mit Sägemehl bedeckt werde, haben wir den ersten Arbeitsschritt zu unserem Wegweiser gemeistert.
Außerdem sind auch noch die neuen Flyer für die Weihnachtsferien angekommen, die es gilt zu sortieren. Für jede Schule und jede Klasse bereiten wir einen Stapel Flyer vor. Ein bisschen erinnert mich das Ganze an das Briefefalten, welches ich mit Freunden immer um Ostern herum gemacht habe. Je länger man am Sortieren ist, desto mehr habe ich das Gefühl, dass ich maschinenartige Formen annehme. Spaß macht es mir aber trotzdem. Und diese Freude kann auch nicht durch die heute sehr lebhaften Kinder beim Tap zerstört werden.
Wieder zu Hause geht das Packen in die heiße Phase. Morgen früh wird es um halb sechs in der Früh runter zu Bahnhof gehen. Ergo werde ich morgen keine Zeit mehr haben zum Packen. Wobei... Großartig Packen brauche ich eigentlich nicht. Schließlich bin ich nur zwei Tage da. Gerade einmal 24 Stunden.
Samstag, 28.11.2015
So früh wie heute bin ich lange nicht mehr aufgestanden. Um halb fünf klingelt mein Wecker. Ich suche schlaftrunken den Weg aus meinem Bett, mache mich fertig und suche meine Sachen zusammen. Aus praktischen Gründen habe ich mich dazu entschieden nur meinen Rucksack mit zu nehmen. Viel brauche ich ja wie gesagt auch nicht. Mein Abendkleid lasse ich ausnahmsweise mal zu Hause und auch auf den großen Schminkkoffer werde ich zwei Tage mal verzichten können. Bettwäsche muss ich glücklicher Weise auch nicht mitnehmen, da diese von unseren Hosts von airbnbn gestellt wird.
M. scheint noch halb im Träumeland zu sein, als er mich runter zum Bahnhof fährt. Das ist nämlich das große Minus an unserer Lage. An sich gefällt es mir hier sehr gut. Einziger Knackpunkt ist die Tatsache, dass es zum Bahnhof ziemlich weit ist und es dorthin auch keinen Gehweg gibt. Und die Option alleine eventuell mit einem Koffer durch den dunklen Wald in Richtung Bahnhof zu laufen, finde ich nicht so verlockend. Netterweise hat sich M. Aber wie gesagt dazu bereiterklärt seinen Schlaf für mich zu unterbrechen.
So stehe ich schließlich noch halb schlafend um kurz vor halb sechs am Bahnhof. Es sind erstaunlich viele andere Leute um mich herum. Damit hätte ich jetzt so nicht gerechnet.
Die Zugfahrt verläuft ganz gut. Meine Züge haben keine Verspätung, sodass ich alle meine Anschlusszüge bekomme. Ab Lyon sitze ich in einem Zug, der bis nach Deutschland fährt. Genau genommen in einem Zug, der bis zu mir nach Hause fährt. Das ist irgendwie komisch. Zum einen, da sehr viele deutschsprachige Passagiere an Bord sind, zum anderen ist das Wissen merkwürdig, dass ich – vorausgesetzt ich würde einfach zwei weitere Stunden stur auf meinem Platz sitzen bleiben – wieder zu Hause wäre. Zu Hause in Deutschland. Zu Hause bei meiner Familie.
Obwohl die Versuchung groß ist, alle zu überraschen, steige ich in Straßbourg aber aus. Mit den anderen wollte ich mich vor dem Bahnhof treffen. Nach einem kurzen SMS Wechsel, finden wir uns auch. Ich freue mich unglaublich die anderen drei zu treffen. Besonders mit M. Und M. Hatte ich in Narbonne viel zu tun. Eigentlich wollten noch ein paar andere nach Straßbourg kommen. Das hat dann aber doch nicht geklappt.
Wir schlendern über die diversen Weihnachtsmärkte. Es ist eine sehr schöne Vorweihnachtsstimmung. Die gesamte Stadt ist mit viel Liebe zum Detail geschmückt. Überall hängt Weihnachtsdekoration. Schneeflocken, Weihnachtsmänner. Nach einer kurzen Stärkung, bei der wir feststellen, dass M. „Choucroute“ aka Sauerkraut überhaupt nicht schmeckt, A. Dieses im Gegensatz zu ihr aber liebt, machen wir uns auf den Weg zum Münster. Auf dem Weg kommen uns immer mehr Menschenmassen entgegen. Woher kommen nur die ganzen Leute? Beinahe ist das Publikum mit dem Heidelbergs vergleichbar.
Auf dem Kirchplatz treffen wir eine sehr lange Schlange an. Da wir uns aber als Gruppe sehen, dürfen wir die Spezialschlange benutzen und sind schwuppdiwupp im Inneren der Kirche. Eigentlich wollen wir aber auf den Kirchturm. Das Wetter ist nämlich sehr gut und so erhoffen wir uns eine fabelhafte Aussicht. Als wir aber nachfragen ob wir auf den Turm können, wird uns mitgeteilt, dass besagtes Objekt aufgrund der Terrorgefahr geschlossen sei. Enttäuscht machen wir den Rundgang durch die Kirche, wundern uns warum die gleichen Kerzen einmal ein und einmal zwei Euro kosten, und nehmen dann den Ausgang. Draußen angelangt bewundern wir den Turm wenigstens noch ein bisschen von außen. So sieht er auch ganz schön aus.
Da meine Blase doch irgendwann beginnt etwas zu drücken, halten wir Ausschau nach einer Toilette. Prompt stoßen wir auf die kostenlose öffentliche Toilette. In mir kommen Erinnerungen an meine Französisch-Kariere in der Schule hoch. Gemeinsam mit meinem Französischkurs und meiner liebenswürdigen Lehrerin Frau L., haben wir uns in der zehnten Klasse auch auf den Straßbourger Weihnachtsmarkt gestürzt. Gemeinsam mit einer Gruppe Mädels habe ich damals die Gegend unsicher gemacht. Und wie das mit Mädchen immer so ist, haben wir uns relativ früh auch auf die Suche nach einer Toilette gemacht. In besagter Toilette befinde ich mich heute auch wieder. Alt Bewährtes eben.
Nach diesem kurzen Abstecher, schlendern wir entlang an den vielen Buden ins Viertel „La Petite France“. Alles ist mit viel Liebe dekoriert. Überall sind Weihnachtsmänner drapiert, bei denen ich allerdings etwas Angst habe, dass sie abstürzen und einem der deutschen Touristen auf den Kopf fallen. Wir überqueren eine Brücke und ich fühle mich an Annecy erinnert. Einen See gibt es hier zwar nicht, aber die l'Ill kommt nah an den Fluss in Annecy ran.
Es ist ziemlich kalt und so liegt bald die Idee eines Kaffees nahe. Es ist aber gar nicht so einfach ein Café zu finden, welches uns gefällt, in unser Preisbudget passt und vier freie Plätze zu bieten hat. Nach einer Tour durchs „Petite France“, landen wir schließlich wieder auf dem Kirchplatz. Da sämtliche Konsumläden hier aber unglaublich überteuert sind – man bezahlt für den Blick aufs Münster eben mit... -, zieht sich die Suche noch etwas in die Länge. Völlig verfroren lassen wir uns schließlich in einer Bierbar (existiert so etwas überhaupt? Es handelt sich um eine Bar, in der hauptsächlich Bier angepriesen wird. Etwas unpraktisch, dass wir dort Kaffee trinken wollen... Zusätzlich wird auch noch Fußball übertragen, wodurch vor allem M. Auf seine Kosten kommt. Championsleague. Die Szenerie bringt ihn ins Schwärmen. Die Deutschen seien ja so gute Fußballspieler. Ich mit meinem nicht sonderlich ausgeprägten Fußballinteresse, muss ihn in der Diskussion mit nicht vorhandenem Fachwissen etwas enttäuschen. Durch die Liveübertragung des Fußballspiels, wird mir die Nähe zu Deutschland auch wieder vor Augen geführt.) mit Kaffee und heißer Schokolade verwöhnen.
Nach diesem kleinen Aufwärmen, geht es im Gänsemarsch wieder weiter. Und wohin? Natürlich auf den Weihnachtsmarkt. Das muss man schließlich ausnutzen, wenn man den schon unmittelbar vor sich hat. Von einem liebevoll hergerichteten Teestand werden wir magisch angezogen. Weihnachtsgeschenke muss jeder von uns noch kaufen. Da eignet sich Tee ja auch ganz gut. Aber eigentlich nehmen wir den Geschenkekauf nur als Vorwand, um noch mehr Zeit an dem Teestand verbringen zu können. Der Stand besteht aus einzelnen Boxen, in denen der lose Tee „ausgestellt“ wird. Diese Boxen sind im Rechteck um den Stand aufgestellt, sodass man immer Teerunden drehen kann. Ich rieche an jedem Tee vier Mal. Es handelt sich um die Qual der Wahl. Auch, wenn ich doch eher in die Richtung von grünem oder schwarzem Tee tendiere, duftet „Cherry Christmas“ auch sehr verführerisch. Beinahe mache ich Gebrauch von dem einmaligen Angebot fünf Teepackungen zu kaufen, aber nur für vier zu bezahlen. Rechtzeitig kann ich mich dann aber noch bremsen: Wer soll das denn alles trinken? Und vor allem: Wie soll ich das alles nach Hause transportiert bekommen? Mein Rucksack ist jetzt ja schon voll. Wie sollen da noch sechs Teepackungen ihren Platz finden? Also kaufe ich nur zwei der Teesorten. Beschwingt und etwas benebelt von dem ganzen Teeriechen, schlendern wir weiter in Richtung andere Weihnachtsmarktabteilung.
M., M. Und ich versuchen mit A. Schritt zu halten, der los sprintet um den Stand mit dem billigsten Glühwein zu finden. Nach einer Viertelstunde Dauersprint finden wir uns schließlich vor einem Stand ein, der zu meiner großen Freude auch ein großes Sortiment an O-Saft zu bieten hat. Allerdings scheint warmer Fruchtsaft nicht in ganz Europa seinen sicheren Platz auf dem Weihnachtsmarkt zu haben. Wir wärmen uns an den Getränken auf. Denn irgendwie ist es etwas kalt geworden. Meine Mütze habe ich natürlich ganz tief unten im Rucksack. Meine pelzige Kapuze macht es aber auch. Als wir die Weihnachtsgetränke ausgeschlürft haben und die Becher als Andenken verstaut haben (an dieser Stelle sollte gesagt werden, dass ich natürlich Pfand gezahlt habe), laufen wir den Weihnachtsmarkt wieder etwas hinauf und herunter. Wer nun den Eindruck bekommt, dass wir uns eigentlich die ganze Zeit nur in der weihnachtlichen Touriwelt befinden, liegt gar nicht so falsch. Schließlich müssen wir es ja auch ausnutzen, dass wir uns in Straßbourg befinden. Apropos Touriwelt: Auf unserer Geschenkejagd landen wir auch in einem sehr auf rustikal gemachten Laden, der mit Weihnachtsdekoartikeln voll gestopft ist. Als ich mich schließlich von den Engeln losreißen kann, werde ich Zeuge einer sehr lustigen Situation. Ein Kunde, der sich ein Stockwerk weiter unten befindet, teilt seiner Tochter mit, dass die Dame, die da an der Ecke steht, bereits bei seinem Besuch vor zwanzig Jahren in diesem Laden gearbeitet habe. Er ist völlig gefesselt von der Anwesenheit dieser Frau und ersinnt mit seiner Tochter den Plan, dass man ja ein Erinnerungsfoto machen könnte. Der Knackpunkt an diesem Plan ist allerdings, dass die Verkäuferin kein Deutsch kann (Der Herr und seine Tochter können nämlich zufällig Deutsch. Generell sprechen hier unglaublich viele Leute Deutsch. Das ist einerseits komisch, da ich es gar nicht mehr gewohnt bin, dass die Menschen in meinem Umfeld des Deutschen mächtig sind, andererseits ist es aber auch sehr lustig, da ich alles verstehe. Wobei verstehen auch relativ ist. Wenn die Schwaben oder Bayern hier mit ihrem Dialekt richtig loslegen, bin auch ich mit meinem Latein bzw. Deutsch am Ende.). Glücklicherweise spricht die Verkäuferin, die neben der besagten Oldie-Dame steht, Deutsch. Und so gibt es dann am Ende doch noch das lang ersehnte Erinnerungsfoto.
Bummeln macht hungrig. Darum halten wir mittlerweile bereits nach einer Möglichkeit Ausschau, wo wir abends essen könnten. Gestern haben die drei anderen bereits in einer Brasserie gespeist, die ihnen eigentlich ganz gut gefallen hat. Aber noch einmal in das gleiche Lokal gehen, ist irgendwie langweilig. Also suchen wir eifrig alle Straßen ab. Wir treffen einen Studenten, der eine Sixpack Bier mit sich herumschleppt, und quetschen ihn nach einem Essenstipp aus. Um es einfach zuhalten, läuft er mit uns ein Stückchen des Weges zu seinem empfohlenen Viertel. Es geht die Straße entlang, über die Brücke – Straßbourg bei Nacht ist wunderschön. Die Häuser am Ufer sind alle total schön beleuchtet. Das bringt zwei positive Nebeneffekte. Erstens: Es sieht schön aus. Zweitens: Man kann gut in die Häuser schauen und den Bewohnern beim Teetrinken zu schauen. -, über die Ampel. Zunächst versuchen wir unser Glück an einigen Booten, auf deinen man auch die Möglichkeit hat etwas zu essen. Drei Boote liegen vor uns. Das erste hat heute zu, das zweite liegt nicht in unserem möglichen Budget, das dritte hat nur Getränke auf der Speisekarte. Nach einigen weiteren Recherchen, finden wir glücklicherweise gegen neun noch ein Plätzchen in einem Flammkuchenhaus. Dort sitzen wir ziemlich lange. Teilweise, da der Kellner uns scheinbar vergessen hat – zumindest treffen unsere drei Flammkuchen und die Getränke erst nach einer beachtlichen Wartezeit ein -, teilweise, weil wir eifrig am Diskutieren sind und die Zeit vergessen.
In unserer Diskussion analysieren wir eifrig die Vorurteile, die man gegenüber anderen Ländern hat. Insbesondere wir Menschen aus den Westeuropäischen Ländern haben doch viele Vorurteile gegenüber den östlich von uns gelegenen Ländern. Wie praktisch, dass ich heute Abend diesen Vorurteilen auf den Zahn fühlen kann. Tragen in Polen alle Trachten, ist die rumänische Infrastruktur überhaupt vorhanden, und wo genau lag noch einmal Mazedonien? Und stimmt es, dass der „Osten“ die Region von illegalen Geschäften ist?
Nachdem jeder von den landestypischen Vorurteilen berichtet hat, machen wir eine große Erörterungsrunde, was davon nun alles stimmt. Nach und nach lichtet sich bei mir langsam der große Einheitsbrei der osteuropäischen Ländern. Erdkunde war noch nie meine Stärke und da sich im Osten doch immer grenzen- und namenstechnisch viel geändert hat, blicke ich da nicht mehr so ganz durch.
Als Abschluss des Abends machen wir noch einen kurzen Abstecher zu dem riesigen Weihnachtsbaum, versuchen noch ein Gruppenbild zu machen (als Selfie etwas schwierig. M. Hat etwas Angst, dass der von uns erkorene Fotograf plötzlich mit ihrem Handy die Fliege macht. Darum versicher ich, dass ich zu Not bereit wäre zu rennen. Darum heißt es vor jedem Foto nun:“N., are you ready [to run]?“.) und verpassen dann direkt die Bahn. Etwas später finden wir uns in Hoenheim (die Franzosen sprechen diesen Stadtteil als Öneim aus. Dies hat anfangs zu einigen Verwirrungen geführt...) ein. Unsere Airbnb-Unterkunft ist sehr schön. Hell und relativ groß. Und ein eigenes Bad haben wir auch. Müde und mit dem Plan im Hinterkopf, dass wir am nächsten Morgen um halb neun wieder weiter wollen, schlafe ich sehr schnell ein.
Sonntag, 29.11.2015
Wir stehen früh auf. Schlaftrunken wird eine Banane mit Joghurt gefrühstückt. Dann geht es im Schweinsgalopp quer durch „Öneim“ zur Straßenbahnstation. Bei Tag sieht das alles ganz anders aus als gestern Nacht. Was so ein bisschen Dunkelheit doch verändern kann. War diese Brücke gestern Abend auch schon da? Wie gesagt: Bei Dunkelheit sieht vieles doch ganz anders aus...
Mit der Straßenbahn fahren wir Richtung Stadtzentrum und kommen dabei am Europaparlament vorbei. Wie gerne würde ich mich dort mal umschauen (Anmerkung der Autorin: Seit ich mit der Schule fertig bin, interessiere ich mich ganz plötzlich für Politik. Vielleicht liegt das daran, dass ich mich damit nicht mehr beschäftigen muss. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass mir während unseres EVS-Seminars in Narbonne klar geworden ist, welche Möglichkeiten wir haben. Wir leben in einem Land mit Meinungsfreiheit. In einem Land, mit einer demokratischen Regierung. Natürlich gibt es auch hier das ein oder andere, was ausbaufähig ist, aber im großen und ganzen haben wir hier viele Chancen die politische Landschaft mitzugestalten.). Meine ehemalige PoWi-Lehrerin wäre stolz auf mich. Leider ist das Parlament aber aufgrund der großen Terrorgefahr geschlossen. Generell merkt man, wie sehr die Terrorangriffe das alltägliche Leben beeinflussen. Bereits am Bahnhof in Lyon fielen mir die vielen Sicherheitsleute auf. Aber nicht nur die. Auch viele bewaffnete Soldaten patrouillieren mit Gewehr im Anschlag durch die Straßen. In Straßbourg ist das nicht anders. Überall, wo wir hinkommen, fallen uns die Tarnfarben tragenden Soldaten ins Auge.
Da M. Auch nach unserem kleinen Frühstück noch Hunger hat, beginnen wir mit der Suche einer Zweit-Frühstück Alternative. Obwohl Straßbourg relativ groß ist, läuft uns der perfekte Laden nicht über den Weg. Dazu kommt, dass an einem Sonntag um zehn noch nicht so viele Geschäfte auf haben. Eine Stunde später - nach einem Umweg über den Weihnachtsmarkt um ein paar Andenken zu erstehen und einem kurzen Ausflug in einen kleinen Tante-Emma-Laden – beschließt M., dass Subway doch eine gute Wahl sei. Und so kommt es, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Sandwich/Burger zum Frühstück esse. Gut, es ist auch gleichzeitig mein Mittagessen. Gewöhnungsbedürftig ist es allemal.
Ein allerletztes Mal schlendern wir noch einmal über den Weihnachtsmarkt, schnuppern an den gebrannten Mandeln und bestaunen die vielen Lebkuchenkreationen. Im Anschluss geht es wieder in Richtung Bahnhof, da es für M. Und mich nun schon wieder Abschied nehmen heißt. Wir zwei stellen fest, dass wir zumindest zu Beginn die gleiche Verbindung nehmen werden. Blöd nur, dass man im TGV direkt eine Sitzplatzreservierung hat. Wir zwei haben unsere Plätze natürlich nicht im selben Abteil.
Als ich einsteige, warten die anderen beiden noch vor dem Fenster bis der Zug abgefahren ist.
Nach einigem Umsteigen und acht Stunden später, sammelt mich M. Schließlich in Thonon am Bahnhof ab. Reisen ist schön. Nach Hause kommen aber auch.
Die letzten zwei Tage saß ich etwas mehr als 16 Stunden im Zug. Und das ganze um die anderen drei für noch nicht einmal 24 Stunden zu sehen. Klingt etwas viel. War es auch. Aber das war es mir wert. Es war schön die anderen wieder zu sehen. Und wer weiß, vielleicht schaffen wir es ja auch unsere Reisepläne zusammen zu verwirklichen.