Von Solidarnosc und Möwen

Manchmal schenkt einem das Leben einen dieser klaren Augenblicke. Die Möwen kreischen, als wären sie Marktschreier. Der Sand zwischen meinen Zehen. Die Abendsonne spiegelt sich im Meer. Und ich sitze hier. Mein Kopf ist leer, in ihm nur das ewige Rauschen der Wellen. Mir wird bewusst, dass dies hier meine neue Heimat ist.
Beheimatet sein, daheim fühlen. Die erste Woche war ich dauernervös. Alles in mir war angespannt. Jetzt beginnt sich alles zu lösen. Mein Abenteuer hier kann beginnen!

Apropos beginnen, meine Arbeit hat auch begonnen! Und was ich nach sieben Arbeitstagen sagen kann, ist, dass sie mir sehr gut gefällt. Meine Kinder - sie sind zwischen sieben und zehn - sind solche Engel! Sie sind sehr geduldig mit meinen Sprachschwierigkeiten. Ein Junge - Matteusch - sagte zu mir: "Pani Lena, Polnisch ist schwer, aber Chinesisch ist schwerer!"

Oh ja das hat mich aufgemuntert! Dziekuje bardzo :)

Jeden Tag versuche ich, eine Stunde zu pauken. Es macht mir Spaß, diese wunderschöne Sprache zu lernen aber manchmal werde ich auch entmutigt. Wenn die Kinder schon einfache Sätze aufgrund meiner schlechten Aussprache nicht verstehen. Wenn ich ihre einfachen Sätze nicht verstehe. Es ist schwer - "trudny" - aber ich werde es schaffen.

Meine Aufgabe in der Arbeit ist bis jetzt eigentlich nur, die Kinder zu betreuen, ihnen manchmal zu sagen: Spokoi - beruhige dich! Oder auch mit ihnen zu kickern. Oder beim Kochen helfen. Aber ich habe schon viele Ideen - wenn ich endlich polnisch spreche, möchte ich mit ihnen vieles basteln, eine Schnitzeljagd veranstalten, ein Länderquiz, einen Fotoworkshop, Bastelnachmittage und und und!!! Außerdem hab ich zweimal in der Woche Theaterunterricht mit den Kindern! Das ist so genial. Wer weiß - vielleicht spielen wir ja als Abschlussveranstaltung ein deutsches Märchen? :)

Auch mein "Social Life" außerhalb der Arbeit wird besser und das tut mir so verdammt gut. Lea, eine Französin die mir sehr ähnlich ist, und Ester, ein Mädchen aus Island. Wir lernen und kennen, beschnuppern uns. Ester und ich werden nächstes Wochenende nach Poznan fahren. Danach geht es für mich weiter nach Warschau - zum On-Arrival-Training!
Heute war ich mit Lea im Solidarnosc-Museum in Danzig! Es war so beeindruckend! Ich hab noch nie ein so gutes Museum gesehen. Es hat mich sehr berührt zu merken, dass Menschen, wenn sie eine Idee, eine Vision haben und zusammenhalten - solidarisch sind- soviel bewirken können. Und letztendlich ein menschenunwürdiges System zum Fall bringen. Ich war - und bin immer noch berührt.

Zum Abschluss ein wunderschönes Zitat das ich in diesem Museum gelesen habe:

"May your Spirit descend and renew the face of the earth , this earth. (John Paul II)