Schiff Ahoi- Grenzerfahrung am Kreuzfahrtschiff
Wer träumt nicht einmal davon, mit einem luxuriösen Kreuzfahrtschiff umherzureisen, fremde Länder kennenzulernen und so in neuartige Kulturen einzutauchen?
Ich durfte das "Abenteuer Kreuzfahrtschiff" einmal von der anderen Seite kennenlernen und schlüpfte für 3 Monate in die Rolle einer Rezeptionistin auf einem amerikanischem Großseedampfer. Mwoegere über eine unvergessene Grenzerfahrung:
Es rumpelt. Es kracht.Unsanft werde ich aus dem Schlaf gerissen. Was ist das? Ich befinde mich im untersten Abteil eines amerikanischem Kreuzfahrtschiffes, unter dem Zimmer meiner deutschen Kollegin und mir ist nur mehr der Maschinenraum.
Der Boden bebt. Meine Familienfotos, die ich mühevoll aufgestellt habe, fallen von der Kommode. Das "Erdbeben" wird immer stärker, bis es plötzlich verstummt. Ich seufze. Wir sind im nächsten Hafen angekommen und außer meiner Kollegin und mir bekommt niemand diese laute Ankunft mit.
Es ist drei lange Wochen her, als ich vollgepackt mit zwei schweren Koffern die unterirdischen Katakomben dieses gigantischen Kreuzfahrtschiffes betrete. Auf der Suche nach meiner Kabine werde ich von mindestens 30 philippinischen Crew-Mitgliedern angesprochen: "Are you lost?"
Ein extrovertierter junger Philippino holt mich dann endgültig in die Realität, sieht sich meine Zimmernummer auf dem Schlüssel an und stellt ernüchternd fest: "Oh, Room 10242, if the ship sinks, you are the first who will die." Sehr beruhigend.
Mit der Zeit lerne ich den sarkastischen Humor meiner philippinischen Crewmitglieder und ihre kulturellen Eigenheiten näher kennen. Das beginnt schon beim Frühstück, das um fünf Uhr mit Reispfannen, überbackenden Brötchen und Fischsuppe beginnt. Nach einigen Tagen merke ich keinen Unterschied mehr zu Frühstück, Mittag und Abendessen.
85 % des Personals kommt aus den Philippinen. Der Arbeitsalltag mit einer sieben Tage Woche bei einem 12- monatigen Vertrag ist hart und ich frage mich, wie gerade das Putzpersonal diesen Druck standhält, ohne ihre Familie zu sehen. Housekeeper David, der für die Personalkabinen zuständig ist, erklärt mir, dass er keine andere Wahl habe, er auf diesen Job angewiesen sei und sonst seine 6 Kinder (im Alter von 2 bis 13 Jahren) in der Heimat arbeiten gehen müssten. Dies macht mich nachdenklich. Viele meiner philippinischen Kollegen haben spezielle Kredite aufgenommen, um ihr touristisches Studium überhaupt finanzieren zu können und werden diese erst in einigen Jahren abbezahlt haben.
Diese Einstellung finde ich bemerkenswert: Wie oft jammern wir über unser Studium oder unsere Arbeitsstelle, die meist eine 5-Tage Woche mit geregelten Arbeitszeiten und Überstundenentlohnung bereithält?
Das Arbeiten unter philippinischer Personalführung ist sehr anspruchsvoll. Jeder Gästewunsch sollte schnell und ordentlich ausgeführt werden, bei Problemen gibt es sofort "Bananas*" vom jeweiligen Vorgesetzten.
In den nächsten Wochen lerne ich, dass philippinische Männer und Frauen sich oft getrennt voneinander bewegen und ernte böse Blicke, als ich mich dazu entschließe, bei den Männern, die die eindeutig unterhaltsameren Gespräche führen, meine Mahlzeiten einzunehmen.
Ich lerne, dass "verbotene Crewpartys" trotzdem bei philippinischen Kollegen stattfinden und rieche durch die Kabinentür meiner philippinischen Kollegen immer die "verbotene Pizza"( Es ist nicht erlaubt, selbst Essen in seiner Kabine aufzuwärmen, wegen eventueller Brandgefahr)
Das Arbeiten am Schiff hat mein Leben eindeutig bereichert, auch eigene Wertvorstellungen haben sich im Laufe der Zeit verändert. Als angehende Erfahrungs- und Reisejournalistin war dies die beste Möglichkeit, bisher fremde Kulturen kennenzulernen und in eine Welt einzutauchen, die abseits von den romantischen Vorstellungen und Illusionen einer Kreuzfahrtreise ist und die wirkliche Arbeitswelt des Crewpersonals authentisch aufzeigt.
Für eine Reisejournalistin unbezahlbare Erfahrungen.....
* "Bananas" wird in diesem Fall als humorvolle Bezeichnung für "Standpauke" oder "klärendes Gespräch" verwendet.