Lebenszeichen
Weitere Einblicke in meine alltägliche Arbeit und ein paar Unternehmungen aus dem Oktober
Tjena, ich lebe tatsächlich noch ;)
Während ich gerade schreibe, befinde ich mich auf der achtstündigen Zugfahrt nach Göteborg, um meinen Bruder Tobias und seine Gastfamilie von seinem Schüleraustausch für ein Wochenende zu besuchen. Anschließend fliege ich dann für knapp drei Wochen zurück nach Deutschland, um die Weihnachtstage und Silvester zuhause zu verbringen (die meisten Bewohner vom Staffansgården sind dann auch zuhause bei ihren Familien).
Um an den letzten Blogbeitrag anzuknüpfen, kann ich echt nur sagen: Langeweile ist bisher überhaupt nicht aufgetreten, stattdessen hatte ich wieder reihenweise toller Aktionen, aber auch einfach viel Spaß bei meiner alltäglichen Arbeit. In den letzten zwei Monaten habe ich sehr viel in der Tischlerei gearbeitet, da wir dort ziemlich viel zu tun hatten. Wir haben für einige Geschäfte in schwedischen Großstädten und zwei Weihnachtsmärkte viele Dinge hergestellt (siehe Fotos), unter Anderem zwei verschiedene Ljusstaker (hölzerner Kerzenhalter für 4 Kerzen für die Adventszeit), Enhästar (einzelne Holzpferde mit Kerzenhalter auf dem Rücken), Kerzenhalter für die Wände, Holztraktoren, Holzklötze zum Bauen, Seifenhalter, Sortierungskisten und Stifthalter. Bei der Arbeit in den Werkstätten liegt der Fokus dabei immer darauf, dass die Bybor (wörtlich: Dorfbewohner, ich schreibe aber Bewohner, weil das kürzer ist) möglichst viel selber machen, immer etwas zu tun haben und sich dadurch wichtig und gebraucht fühlen. Ansonsten liegt vor allem die Stressreduzierung durch ziemlich exakt gleichen Tagesabläufen für die Bewohner durch beispielsweise die Mahlzeiten strukturiert wird (frukost (7:10Uhr), fika (10:30Uhr), lunch (13:00Uhr), fika (14:00Uhr), middag (17:30Uhr), (kvällsmat esse eigentlich nur ich, weil ich später am Abend wieder hungrig werde und mir die zweite warme Mahlzeit nicht reicht, weil sie so früh ist (middag), während die meisten Bewohner zwischen 7 und 8 Uhr schlafen gehen)). Kindliches Verhalten vieler Bewohner ist auch häufig: so sind Kinderfernsehen, -bücher, -hörspiele und -filme sehr beliebt, der Aufmerksamkeitsbedarf ist tendenziell erhöht und am wichtigsten ist wahrscheinlich, dass sie sehr offen mit Gefühlen umgehen und ihre Zuneigung direkt zeigen. Dies sorgt dafür, dass mir die Bewohner schon jetzt alle extrem ans Herz gewachsen sind und ich mir manchmal wünsche, dass sich generell weniger Menschen andauernd hinter einer Fassade verstecken würden.
Neben der Arbeit, die mir sehr viel Spaß macht, hatte ich natürlich auch noch Zeit für andere Dinge: So waren Sophia und ich zusammen mit sechs andere Freiwillige, die bei Gävle (150km südlich von Delsbo) in Projekten arbeiten, für ein Wochenende in Sundsvall (110km nördlich von Delsbo). Wir hatten zwei sehr schöne Tage dort, die wir mit dem Erkunden der Stadt und einer ersten Schneeballschlacht verbracht haben, wobei wir in einem gemütlichen Vandrahem untergekommen sind (übersetzt Wanderheim, vergleichbar mit moderner Deutscher Jugendherberge, aber mit Selbstversorgung, also Küche etc.).
Die letzten noch etwas herbstlichen Tage im Oktober haben wir dann für eine etwas abenteuerliche Fahrradtour in der Umgebung von Delsbo genutzt. Dabei sind wir allerdings, bei dem Versuch eine Abkürzung durch den Wald zu finden, einem Trampelpfad von Elchen/Rehen oder so gefolgt, der durch viele umgestürzte Bäume (am Tag zuvor hat es heftig gestürmt) blockiert wurde, so dass wir letztendlich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und vollständiger Dunkelheit knöcheltief im Wasser irgendwo im Wald standen. Glücklicherweise waren wir in Schweden und nicht in Deutschland, wodurch wir auch am AdW im Wald noch LTE hatten und uns mithilfe von Google Maps auf den nächstgelegenen Weg (immerhin noch zwei weitere Kilometer durch sumpfige Trampelpfade) retten konnte, wo mein Kette dann natürlich noch rausspringen musste. War dennoch eine witzige Erfahrung, aus der ich auf jeden Fall gelernt habe, dass es nicht unbedingt empfehlenswert ist, in unbekanntem Gelände nach einer Abkürzung zu suchen :D
Damit dieser Beitrag nicht zu lang wird und endlich mal wieder was in meinem Blog zu lesen ist, folgen meine Erlebnisse aus November und Dezember in Kürze. Ich wünsche Euch allen schonmal ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!