Sprachlos - Zwangsprostitution neben unserer Haustüre
Ein paar Straßen neben der Einkaufsmeile in Stuttgart prostituieren sich junge Osteuropäerinnen zu unmenschlichen Bedingungen und gezwungenermaßen. Deutschland als der Markt Europas, denn Prostitution ist hier ja legal.
Es ist fast nicht vorstellbar. Eben bummelt man noch in der Innenstadt Stuttgarts zwischen H&M, Promote und wie sie alle heißen umher und zwei Straßen weiter führen Frauen aus dem Ostblock Europas ein menschenunwürdiges Leben, wie man es sich nicht vorstellen kann, das es in Deutschland existiert.
Frauen aus Rumänien und anderen Osteuropäischen Ländern kommen aus strukturellen Notsituationen nach Deutschland, mit der Hoffnung hier durch Prostitution Geld für ihre Familie zu verdienen. Häufig werden sie auch von Männern, sogar Brüdern oder Vätern, dazu gezwungen, um sich in Deutschland zu verkaufen. Doch auch, wenn dies nicht der Fall ist, sind diese Frauen keineswegs aus freien Stücken Prostituierte. Sie haben keine andere Wahl und versuchen dadurch verzweifelt ihr Leben zu verbessern. Dass dies nicht funktioniert, im Gegenteil, ihre Lebenssituation noch verschlimmert, müssen sie bald bitter erfahren.
Die Frauen leben in Zimmern im Rotlichtmilieu, die sie am Tag unverschämte 150 € Miete kosten. Diese Preise sind jedoch variabel, was bedeutet, der „Vermieter“ kann jeden Tag kommen und den Preis heben, wie es ihm beliebt. Häufig kann sich eine Frau kein Zimmer leisen und muss die 15 Quadratmeter mit „Kolleginnen“ teilen. Das abschreckende an der Sache ist, dass dieses Zimmer nicht nur der Wohnraum sondern auch gleichzeitig der Arbeitsplatz der Frauen ist. Von der eh schon unwürdigsten „Arbeit“ die es überhaupt gibt, haben die Frauen also gar keine Chance Abstand zu nehmen. Wenn Sie sich das Zimmer teilen, müssen sie sich logischerweise mit ihren Freiern abwechseln, was noch dazu den ohnehin schon knappen Schlaf weiter reduziert.
Für einen Freier verlangen die Frauen einen Festpreis von nur 30€. Und diese 30€ beinhalten eine halbe Stunde „all inclusive“. Jetzt kann man sich ausrechnen, wie viele Freier eine Frau pro Tag nehmen muss, um alleine die Tagesmiete zu zahlen. Dann ist aber noch kein Essen, keine Medikamente, und schon gar kein Geld für die Familie zu Hause verdient.
Hinzu kommt, dass der Trend dazu neigt, dass die Freier nach Leistungen ohne Kondom verlangen. Folglich sind viele der Frauen krank. Jedoch können sie hier in Deutschland keinen Arzt aufsuchen, da sie in das Gesundheitssystem nicht integriert sind und keinerlei Leistungen bezahlt bekommen. Natürlich versuchen die Frauen Kondome zu verwenden. Aber lockt einer der Freier mit 20 € mehr, wenn der Verkehr ohne Kondom stattfindet, sagen die sich in einer so großen Notlage befindenden Frauen wohl kaum nein.
Sich für Rechte einsetzen oder auszusteigen ist schon alleine wegen der großen Sprachbarriere fast ein Ding der Unmöglichkeit. Die Frauen sind meist gerade 18 oder Anfang 20, wenn sie nach Deutschland kommen. Sie haben in ihrer Heimat meist ein ärmliches Leben auf dem Land geführt und vielleicht mit ihrem Ehemann Sex gehabt. Nun sollen sie sich Stunden in kühlen Klamotten im Rotlichtmilieu Stuttgart anbieten, noch dazu unter enormen Gelddruck.
Die Frauen sind eingeschüchtert, traumatisiert und gebrochen. Wie kann es sein, dass es so etwas Grausames direkt neben unserem Alltagsleben gibt und wir einfach wegschauen. Noch schlimmer, Männer aus unserer Gesellschaft fördern dieses Verbrechen, ja halten es am Leben.
Das Gesetz für Prostitution, dass verabschiedet wurde um Prostitution zu legalisieren und Prostituierten einen Arbeitsvertrag, Krankenversicherung,… zu ermöglichen ist kläglich gescheitert. Nun ist Prostitution bei uns in Deutschland legal, und die Preise für die Dienste gehen durch die Öffnung zum Ostblock und die damit verbundene legale Einreise der osteuropäischen Zwangsprostituierten extrem zurück. Deutsche Prostituierte, die ihre Dienste mal zu Hunderten von Euro angeboten haben, können nun nicht mehr mithalten.
Als ich all dies von einer Organisation erzählt bekam, die den Frauen hilft, indem sie ihnen im Rahmen eines Cafés kostenlos Essen, ein offenes Ohr, Hilfe bei sämtlichen Angelegenheiten, Kondome, Tabletten und gynäkologische Untersuchungen bietet, war ich extrem geschockt. Gut, dass ein paar Menschen die Augen aufmachen und helfen. Doch ist es für unvorstellbar, wie ein solch grausames, ausbeutendes und entwürdigendes „Geschäft“ existieren kann.