Sommergewitter in der Ferne
An Zebrastreifen scheiden sich die Geister luxemburgischer Autofahrer, wie mex inzwischen weiß. Doch so langsam lebt sie sich in die Gepflogenheiten ein…
Moin und ein sonniges Hallo aus meinem kleinen skurrilen liebenswerten Ländchen. :)
Jetzt, da mein PC die Abwehrhaltung aufgegeben hat, kann ich wieder einige Geschichten vom „Luxemburger an sich“ erzählen. ;)
Zum Beispiel über seinen Umgang mit Autos. Ein Auto ist nach zwei Jahren alt, eine vierköpfige Familie hat durchschnittlich fünf Autos (wer fährt die eigentlich?) und Luxemburg ist das Land mit den meisten Neuzulassungen pro Jahr. In diesem Gewimmel von Autos werdet Ihr mich auch sofort erkennen: Ich bin der Mensch der so zögerlich auf den Zebrastreifen tritt, denn diese Nation teilt sich beim Thema Zebrastreifen in zwei Typen: Der „deutsche Typ“ bremst sehr zeitig und beachtet den Zebrastreifen genau. Der „französische Typ“ sieht den Zebrastreifen als Zeichen an, dass der Mensch, der ihn betritt, lebensmüde und suizidgefährdet ist und hilft ihm dann auch gleich, sein Leben zu beenden, indem er auf das Gaspedal tritt. Tja und an dem Punkt heißt es, Abwägen... An sich rollt der Verkehr hier aber um einiges entspannter. :)
Ich habe mich aber auch so lange nicht gemeldet, weil ich zwischendurch auf einem Veganercamp war. Zwischendurch kam auch schon die Frage, ob ich denn wenigstens Vegetarier sei, damit sie mich dort nicht meucheln. Nein, bin ich nicht. Genau das führte auch zu einigen Problemen mit den Hardcore-Veganern oder wie ich sie liebevoll nenne „Kampfveganern".
Dieses Camp sollte zehn Tage (vom 17. bis 27. Juli) dauern, wurde aber am neunten Tag abgebrochen, da sich das Wetter gegen uns verschworen hatte. (Ist es vielleicht gegen die vegane Weltverschwörung?) Es regnete neun Tage lang. Am ersten Tag bahnte sich ein Fluss den Weg durch unser Versorgungszelt und im Haupt-/ Schlafzelt bildete sich ein See. Tags darauf gruben wir erstmal einen Burggraben um das Hauptzelt.
Die Tage darauf verbrachten wir Karten spielend, Kleider bemalend und nähend. Daher besitze ich jetzt einige neue Kleidungsstücke, vor allem einen wunderschönen neuen selbstgenähten Rock :) Der Lichtblick (im wahrsten Sinne des Wortes) waren die Deutschen. Denn immer, wenn wir anfingen zu kochen, begann es auch zu regnen. Katharina schien aber ein natürliches Gespür dafür zu haben, wann es Essen gab und wenn sie kam, schien auch immer die Sonne. Fuhren sie wieder, begann es auch wieder zu regnen! Jedenfalls bemerkte ich, dass veganes Essen sogar schmecken kann, aber alle Veganer sind auch süchtig nach Schokolade!
Ich habe auf diesem Camp einige sehr liebe Menschen getroffen, mit denen ich unbedingt in Kontakt bleiben will. Obwohl die sehr wenigen Fleischesser schon sehr aneinander hingen (es gab auch immer nur zwei). Lustig war, dass die meiste Zeit beide Lydi hießen und immer den Abwasch machten.
Vielleicht hätte bei all den guten Eindrücken bei mir ja wirklich ein Denkprozess stattgefunden: „Sollte ich nicht auch vegan leben?" Aber der Kampfveganer Marcel verhinderte dies glorreich, indem er mich (mit Nachdruck) als „Fressfaschisten“ bezeichnete! Die Erklärung folgte: Toleranz gegenüber Fleischfressern sei wie Toleranz gegenüber Nazis - die gebe es nicht! Danke.
Habt ihr eigentlich schonmal vom Begriff „Spezisismus" gehört? Ich bis dahin auch nicht. Das ist Rassismus gegen Tiere. Also nix mehr mit „Du Sau". Ich muss hier aber nochmal betonen: Nicht alle Veganer sooo durchgeknallt.
Hmmm, und dann am 26. Juli wurde endlich mein größter Wunsch erfüllt: eine riesige Badewanne voll heißem Wasser! Drei Stunden später entstieg ich ihr SAUBER und mal nicht frierend. Es gab auch wieder ein richtiges Klo *immernoch verzückt guckend*. Außerdem habe ich ganz tollen Besuch bekommen: Mex. *grins* Dann wurde erstmal mit viiiel Liebe gekocht - mein Magen nahm das aber nicht so liebevoll auf. Mir war so übel - hab aber auch Fleisch gegessen nach zehn Tagen Veganercamp.
Seitdem sind auch alle meine Sachen hier. Die nächsten Tage verbrachte ich damit, Schränke zu bauen, eine Matratze zu finden und und und. Das neueste Projekt habe ich gestern begonnen: mein Zimmer streichen. Dabei habe ich mal wieder gemerkt, wie sehr ich meine WG mag.
Jetzt freue ich mich auf mein erstes ruhiges Wochenende hier. Einfach mal nichts machen - von Freitag bis Sonntag. Bitte bitte bitte. Damit meldet sich die Station Luxemburg ab.
Sonnige Grüße aus Luxemburg an den Rest der Welt. Ciao, Lydi