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Spiderman, Schmetterlinge, Blumen und Gynäkologen - ein himmlischer erster Arbeitstag.
Ich mag Tiere. Ich mag sie wirklich. Und ich mag Hunde, solange sie mir nicht zu nahe kommen. Aber der Hund, der letzte Nacht beschlossen hat seinen Block lautstark zu verteidigen, den mag ich nicht. Früh um halb 7 quälte ich mich nach 3 Stunden Schlaf - dank des Hundes und der laufenden Heizung - aus dem Bett.
Ich habe alle Fenster weit offen, ansonsten hält man es im Zimmer vor Hitze nicht aus. Die Stadtverwaltung oder so hat natürlich jetzt, wo es wieder wärmer wird, beschlossen die Heizungen aufzudrehen (Greenpeace hätte hier so viel zu tun.) Wie dem auch sei, geh ich schnell kalt duschen (Wasser kann die Stadt aber erst ab 9 warm laufen lassen) und zieh mir noch ein starken schwarzen Kaffee rein und dann schnell zum Bus, damit wir ins Krankenhaus gehen können. Keine Sorge, wir sind nicht krank (aber vielleicht sind wir es jetzt) jedoch brauchen wir das, damit wir auch wirklich 10 Monate hier bleiben können und wir sind erst bei Tag 11 von 294 (wenn meine Finger und mein Taschenrechner das richtig ausgerechnet haben.). Gut dann mal los.
Krankenhäuser riechen schon mal anders als in Deutschland. Irgendwie nicht so sauber, aber es hilft ja alles nix. Raum 1. Kopie des Reisepasses vorlegen (was mir peinlich ist, da ich auf der Rückseite diverse Spiele mit Cezar gespielt habe) noch einmal sagen, dass man deutsch ist und raus. Raum 2. Bitte Jacke ausziehen und Pullover hochkrempeln. Blutabnahme. Krankenschwester sucht mal eben 5 Ampullen, die aussehen als ob man sie füllen kann. Beruhigt bin ich erst wieder als wenigstens die Nadel noch verpackt ist. So schnell mal Blutziehen und irgendein Wattezeug drauf. Und was ist mit einem Pflaster? (Ich zitiere nun die einzigartige Sindy) Wie jetzt? Gibt keins, einfach den Arm mit der Hand auf der Schulter ein paar Sekunden halten und fertsch. Fertsch mit den Nerven ist auch Yasmin und kurz vorm umkippen ist Catalina. Verstärkung muss her. Olga kommt. Raum 3. Röntgen? Nicht wirklich oder. "Machen sie bitte ihren Oberkörper frei und kommen sie mit." Yeah, Strippen vor 2 alten Frauen, die gaffen, als suchen sie sich grad die perfekte Oberweite für ihre bevorstehende Brust-OP aus. Muss man wohl durch.
Dann geht es in den Raum neben an. Und es ist wirklich Röntgen. Ohne Lendenschutz. Ich trage noch allen Schmuck, den ich habe. Wenn ich keine Kinder bekomme, weiß ich, wen ich verklagen muss. Raum 4. Abfahrt, in den Raum gehen wir nicht rein. Wir reden auf Olga ein, dass sie das ja mit Geld irgendwie hinbekommt. Nur weil die Ärzte unsere Oberweite bestaunen können, heißt das noch lange nicht, dass sie mehr zu sehen bekommen.
Irgendwie schafft es Olga sie mit 20 Lei zu besänftigen. (Das ist 1,25€ entspricht fast 7 Minibusfahrten oder 10 Trolleybusfahrten). Raum 5. Irgendeine Analyse des Urins. Eigentlich. Aber auch hier kommen wir dran vorbei. Fertig. Noch einmal den schönen Krankenwagen bestaunen (Ja, dort steht Krankenwagen drauf und an der Seite Polizeiruf 112) und dann muss ich auch schon auf Arbeit.
Ja, es ist mein erster Arbeitstag und ein bisschen mulmig ist mir dabei schon. Weil ich einfach immer noch nicht viel rumänisch kann. Aber erst einmal in das Büro von Amici dei Bambini (ja, das ist italienisch) und erst einmal 45 Minuten warten, denn die Leute hier gehören nicht zu den pünktlichsten (und ich bin immer überpünktlich), dann wird noch eine viertel Stunde Ausmalbilder nachgemalt, da der Kopierer ein wenig spinnt und dann ab in den Bus, um eine fast 2-stündige Fahrt anzutreten. Irgendwann landen wir in einem Dorf welches ca. 150 Kilometer südwestlich von Chisinau liegt (Danke an meine Eltern und googlemaps).
Auf dem Weg dorthin sieht man Weinberge über Weinberge, Gänse und Hühner, denen man ausweichen muss, Kühe und Pferde sowie Ziegen einfach so am Wegrand stehen und alte Wagen an Pferde gespannt. Es kommt einem vor wie in einem schönen alten Kinderfilm. Und als wir dann endlich das Dorf erreicht haben, stehen schon alle Kinder am Tor, weil sie nur darauf gewartet haben. Schnell in die Arbeitsuniform (weißes T-Shirt mit irgendeinem Aufdruck (fragt mich in einem Monat was das heißt) und dann geht auch schon das Spielen los. Malen, Puzzeln, Twister spielen, Schach, Memory und, und, und.
Die Kinder kann man eigentlich mit allem begeistern. Doch am schönsten ist natürlich ein bemaltes Gesicht. Da mein rumänisch mehr als schlecht ist, male ich einfach mit Kinder an. Und dabei hab auch ich was gelernt. Jetzt weiß ich was Schmetterling und Maus und Schlange und Herz auf rumänisch heißt. Außerdem kann ich auch die Grundfarben. Aber die meisten wollten Spiderman oder Vampir sein. Und die Mädchen eben Schmetterlinge. Und so hab ich die ersten richtigen 2 Arbeitsstunden damit verbracht Kindern das Gesicht vollzukrizeln. Und es hat Spaß gemacht, denn die fanden es voll witzig, dass ich immer nur genickt und gelächelt habe. Was hätte ich auch sonst machen sollen. Gegen halb 4 geht es dann wieder nach Hause. Noch ein kurzer Zwischenstopp um ein Picknick zu machen. (Ich kann die Wurst hier einfach nicht sehen, ich glaub, ich werd Vegetarierin, seit dem ich hier bin habe ich kein Fleisch mehr gegessen.) Obwohl wir alle ein wenig geschafft sind, muss man noch unbedingt laut mit den Backstreet Boys mitsingen bis dann Bryan Adams (heißt der so?) das Mikro übernimmt und uns mit Liebesliedern quält. (Ja das ist nicht ganz so mein Musikgeschmack.)
Schließlich sind wir zu Hause, ich bekomme noch meine Arbeitszeiten für den nächsten Tag gesagt und schon mach ich mich auf den Weg Richtung Wohnung. Yasmin hat mir schon geschrieben, dass sie gekocht hat. Nach einer Busfahrt in Schrittgeschwindigkeit öffnet sich dann endlich die Wohnungstür und der Duft von Reis kommt einem entgegen. Doch irgendwie haben wir heute beide nicht weiter Lust irgendetwas zu machen. Also nennen wir es einen schönen ersten Arbeitstag, aber am Rumänisch muss gearbeitet werden.