Knoblauch, Honig und Pálinka
Über ungarische Haus- und Allheilmittel.
Wieder zurück in Ungarn hat mich nach zwei wundervollen Wochen Heimurlaub erst mal eine dicke Erkältung erwischt. Ich freute mich jedoch auch schon riesig auf Samstagabend, als wir den Geburtstag meiner Mitbewohnerin im Büro feiern wollten und ging trotzdem hin. Auch ein Großteil der Gäste auf der Party waren erkältet. Das wird dann wohl eine kurze und ruhige Party, dachte ich mir noch. Doch da kennt man die Ungarn schlecht.
„Erkältet? Da musst du Knoblauch, Honig und Pálinka nehmen.“
„Alles gleichzeitig?“, fragte ich skeptisch.
„Das willst du nicht? Na gut, von mir aus auch nacheinander. Aber am besten selbstgemacht.“
„Den Knoblauch auch?“
„Am besten natürlich aus dem eigenen Garten. Aber wenn du keinen hast, tut es auch der aus dem Supermarkt.“
So oder so ähnlich verliefen alle Gespräche, nachdem ich erwähnte, dass ich ein bisschen angeschlagen bin. Selbstgemachtes ist in Ungarn – vor allem in ländlicheren Regionen – gang und gäbe. Und weil der Ungar an sich ein sehr fürsorgender und mitfühlender Zeitgenosse ist, wurde auch immer dafür gesorgt, dass man die „Medizin“, zumindest den Pálinka, sofort zu sich nahm. Vorsorgend wurde auch immer gleich einer mitgetrunken.
Was hat es also mit den ungarischen Hausmittelchen auf sich?
Pálinka ist eigentlich ein ungarischer Obstbrand. Wer ihn aber einfach nur als Schnaps bezeichnet, kann sich hier auf einen langen Vortrag gefasst machen. Pálinka ist eine Medizin, die einfach gegen alles hilft – glaubt der echte Ungar. Ein Allheilmittel. „Meine Oma trinkt jeden Morgen ein Gläschen und ist schon über 90“ ist ein nicht selten gehörter Satz.
Hergestellt wird er aus verschiedenen Früchten, von Aprikosen über Trauben bis hin zu Äpfeln. Eine ungarische Redensart besagt, aus jeder Obstsorte, aus der man Marmelade machen könnte, kann man genauso gut Pálinka herstellen.
Rechtlich wurde mit der Pálinkaverordnung 2002 und dem Pálinkagesetz 2008 genau definiert, was sich Pálinka nennen darf:
# Alle Früchte müssen aus Ungarn stammen, der Schnaps muss in Ungarn gebrannt und abgefüllt werden.
# Es dürfen keine Zusatzstoffe wie etwa Zucker, Farbstoffe oder anderem zugefügt werden.
# Der Alkoholgehalt muss bei mindestens 37,5 % liegen.
Getrunken wird das ungarische Nationalgetränk übrigens zu jedem Anlass.
Honig hingegen ist ein wichtiger Bestandteil des ungarischen Exporthandels. Ungarn ist der zweitgrößte europäische Hersteller. Besonders bekannt und berühmt ist der Akazien-Honig.
Seinen guten Ruf hat er der Geldnot der Imker zu verdanken. Antibiotika oder andere chemischen Hilfsstoffe konnten sich Anfang des 20. Jahrunderts die Meisten jedoch nicht leisten. Und so arbeiten auch heute die meisten Imker noch ohne Zusatzstoffe und Chemikalien.
Stellt sich nur noch die Frage, was den Knoblauch in Ungarn so beliebt macht. Vielleicht ist es ja die geografische Nähe zu Transsilvanien, dem Land der Vampire?
Aufgewacht bin ich heute Morgen erstaunlicherweise nicht mehr ganz so krank. Ob das wohl an den drei Wunderheilmitteln liegt oder nicht - wer weiß.