Karneval in Madrid
Madrid gilt als „die Stadt, die niemals schläft“ und wird ihrem Ruf während der Karnevalszeit mal wieder gerecht. Auch wenn das offizielle Karnevalsprogramm der Stadt sich lediglich auf vier Tage verteilt, machen die Madrileños es bereits davor, während und nach den Festtagen zu etwas Besonderem.
Obwohl Madrid bereits einmal den Titel der Kulturhauptstadt Europas erlangt hat - den Titel der größten Karnevalskultur muss es in Spanien an Cádiz und Santa Cruz de Tenerife abgeben. Diese beiden Städte haben es geschafft, ihren Karneval weltbekannt zu machen. In Cádiz, Andalusien, bedeutet die Faschingszeit eine Woche ausgelassener Feierei, geistreicher Kostüme und vieler Festwagen mit oft politisch-satirischen Botschaften. Teneriffa begeistert jedes Jahr mit seinen prachtvollen Festumzügen und der Vielzahl an kreativen und wunderschönen Kostümen. Es ist bunt, laut und heiter, vor allem dann, wenn die traditionelle Krönung der Karnevalskönigin stattfindet.
In der Größenordnung und der Bedeutung des Karnevals kann sich Madrid vielleicht nicht mit Cadiz und Santa Cruz de Tenerife messen, dennoch kreiert die Hauptstadt in diesen Tagen ein ganz eigenes und einzigartiges Spektakel. Bereits einige Tage vor der offiziellen Eröffnungsfeier am Samstag laufe ich im Zentrum Spiderman, Cruella de Vil, Harry Potter und anderen Berühmtheiten über den Weg. Die Kostümierung der Personen funktioniert generationsübergreifend - Kindern mit ihren Eltern, Gruppen von Jugendlichen oder Erwachsene verkleiden sich gleichermaßen. Trotz Regen und Kälte sammelten sich diesen Samstag tausende Regenschirme an der Strecke zwischen dem Parque Retiro und dem Plaza Cibeles im Zentrum Madrids. Vor Beginn des Zuges ließen sich noch die letzten Proben der Faschingsgruppen beobachten. Diese letzten Durchlaufe der Choreographien verliefen jedoch recht entspannt und vergnügt, denn die Schritte saßen allemal und viel mehr als um die Perfektion der Performance, ging es schließlich um den Spaß dabei.
Bunt, laut und ausgefallen
Der diesjährige Karneval in Madrid trägt das Thema Renaissance/Barock anlässlich des 400-jährigen Todestages des berühmten griechischen Künstlers Domínikos Theorokópoulos, besser bekannt als „El Greco“, der 1614 in Toledo verstarb. Aus diesem Grund verwunderte es nicht, dass der Festzug von einer prunkvollen Pferdekutsche mit einem Kutscher im Barockstil angeführt wurde. Ausgefallen daran war jedoch, dass der Kutschwagen die Form eines Drachen besaß, ein chinesisches Element inmitten dieses aristokratischen Bildes. Die nachfolgenden Festwagen bildeten sich sowohl aus Kostümen im Stil des Velazquez oder des „El Greco“, Figuren aus dem Morgenland, Clowns, überdimensionalen Insekten und natürlich den vielen Karnevalsgruppen. Besonderen Eindruck auf das Publikum machten die aufwendig gestalteten Insekten, die von einem Menschen mit Pedalen gesteuert wurden und deren Bewegungen sehr real nachempfunden wurden, aber auch die „Menschenpferde“, die beinahe schwebend durch die Straßen galoppieren zu schienen. Die Karnevalsgruppen bilden vor allem südamerikanische Gruppen, die mit ihren traditionellen peruanisch-bolivianisch und chilenischen Trachten, Musik und Tänzen das Publikum für sich gewinnen konnten.
Der Umzug sollte bloß der Auftakt für eine lange Faschingsnacht in Madrid sein. Am Plaza Cibeles spielte das erste Symphonie Orchester mit E-Guitarren, begleitet von einem großen Feuerwerk. In anderen Teilen der Stadt ging die Feierei es ebenso heiter weiter -mit Faschingsattraktionen in den einzelnen Stadtteilen, großen Kostümwettbewerben, zum Beispiel im italienischen Generalkonsulat, Konzerten wie der „Carneval Pop 2014“ oder Mottoparties in den unzähligen Diskotheken Madrids.
Der gesamte Samstag mit den farbenfrohen und einfallsreichen Kostümen, Festwagen und Masken bot vor allem etwas für das Auge. Das Programm am Sonntag gestaltete sich etwas ruhiger, aber nicht weniger heiter. Am historischen Plaza Villa begannen mittags die humoristischen Darbietungen von Musikgruppen bei strahlender Sonne. Darunter trat zum Beispiel ein Männerchor in Nonnenkostümen auf und sang sarkastische Stücke über das Leben oder die politisch wirtschaftliche Situation in Spanien, und brachte damit die zahlreichen Schaulustigen zum mitjubeln und mitklatschen.
Mit dem diesjährigen Karneval hat Madrid wieder seine Lebhaftigkeit und seinen Humor bewiesen. Mit den Maskenspielen, den kreativen Karnevalsgruppen und den kulturellen Darbietungen der lateinamerikanischen Vereinigungen zeigt es auch, dass es eine Stadt von und für alle ist. Im Vergleich zu Deutschland kann man vom Karneval in Madrid nicht sagen, dass es eine „fünfte Jahreszeit“ bildet, es werden auch keine Bonbons von den Festwagen geworfen und ganz so verrückt wie im Rheinland geht es in Madrid zur Karnevalszeit bestimmt nicht zu. Aber das bedeutet nicht, dass Madrid zu dieser Jahreszeit nicht noch einmal mehr eine Reise wert ist!