Bei Alice im Frühlingswunderland
Spanien erwacht aus dem Dornröschenschlaf: die Leute beginnen die Strandkörbe heraus zu räumen, den Grill zu entstauben und die Terrasse zu putzen. Und verschreiben sich Diät und Fitnessstudio, sehr zum Erstaunen von Chouchette.
Sonnige Grüße sende ich euch!
Da, wo einst die Weinberge und -felder hier in der Gegend noch trocken, kalt und grau in der dunklen Abendsonne vor sich hin ihren Staub verprusteten, bäumt sich heute ein gewaltiger Berg an Blumen, gigantischen Disteln, riesigen mannshohen Grashalmen und rosablühender Mandelbäume herauf.
Noch vor ein paar Wochen war das alles anders. Es gab den ersten Schnee seit zehn Jahren und die Welt blieb für zwei Tage zumindest in Barcelona komplett stehen.
Doch schon kurz darauf erwachte die Welt aus ihrem Dornröschenschlaf und die Leute begannen die Strandkörbe heraus zu räumen, den Grill zu entstauben und die Terrasse zu putzen.
Selbst die Fenster wurden blank poliert (was sonst bei Spaniern eher seltener vorkommt) und überall prangen große bunte Plakate, die für die Ferien- und Sommercamps lauthals einladen.
Doch es gibt noch eine Besonderheit, hier im sommerlich angehauchten Spanien, welche mich persönlich ziemlich überraschte.
In jeder Werbeanzeige, in jedem Werbeclip im Fernsehen und selbst in den Zeitungen gibt es kein Retten mehr. Diät! Schlankheitswahn!
"Jaja, wir schreiben uns im Sommer dann immer im Fitnessstudio ein! Damit wir dann am Strand gut aussehen und uns das nicht peinlich sein muss!", lachte jetzt mal mein Kumpel Dani, als ich ihn verwirrt danach fragte. Aber es stimmt wirklich!
Da glaubt man, die Spanier werden als halbgötter auf die Welt gebracht und sind alle schokobraun gebrannt, bis man feststellt, wenn man nach Barcelona kommt, dass die meisten Leute alle noch viel weißer sind als wir und auch nicht gerade die sportlichsten Körperformen haben.
Zudem war ich immer von der Offenheit - um nicht zu sagen Freizügigkeit - der Spanier überzeugt, bis ich von einem Deutschschüler eines Besseren belehrt wurde.
Grund: mein weißes Top, mit Spitze und kaum Ausschnitt.
"Du bist aber noch nicht lange hier!", rief der mir zu, als ich die Klasse betrat und ließ mich gleich verwundert stehen.
Warum? - frage ich.
"Weil die Leute sich in fremden Ländern immer an die Kultur da anpassen und weil hier niemand so ein Top anziehen würde."
So ein Top?
"So offen!", meint er wieder.
Ähnliches geschah beim kürzlichen Treff mit Freunden.
Das Thema war (unerklärlicherweise) Sauna.
Als ich berichtete, dass man diese nackt zu betreten pflegt, schlägt mir vollstes Entsetzen entgegen.
"Waaas? Das ist doch unmöglich!", sagen sie alle.
Na das ich nicht lache!
Wir werden ja sehen, wer am Strand die bessere Figur macht!
Und ich möchte hinzufügen, dass ich es nicht gerade angenehm finde, sich von den Stolz am Ufer entlang stolzierenden aufgeblasenen, bemuskelten Hähnen die Sicht aufs Meer verderben zu lassen!
Und außerdem geht man ja eigentlich ans Meer, um dort baden zu gehen, sich im Sand zu wälzen und Eis zu schnurpsen, nicht wahr?
Gut, wahrscheinlich auch nicht alle.
Ich jedenfalls werde mir die Celulitiscreme und jahreskarte im Fitnessstudio lieber sparen und stattdessen in köstliches Mangoeis investieren. Das hat Vitamine und macht die Haut angeblich auch von innen prall! Na dann...
Lieber auf ins Blumenland!
Alice wartet schon!
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