Auf nach Galiny! – 5.11.2006
Per aspera ad astra, hieß es schon bei den alten Römern. Die Anreise nach Galiny war ziemlich hart: nass und eiskalt. Doch das Hotel, in dem weltenbuerger dann landete, entschädigte sie für alles.
Wer jetzt nicht weiß, wo das ist, dem geht es genauso wie mir, als ich aus dem Bus ausstieg, es schneite und die 25 cm annähernd erreicht wurden, meine Schuhe nass waren, der Schnee in das Gesicht wehte, ich keine Ahnung hatte, wohin ich gehen soll, die Hände fast vor Kälte abfielen, mein Rücken durch den Reiserucksack etwas beansprucht wurde, inzwischen meine Füße in einem Meer waren… und dann soll ich mich noch mit der spannenden Frage auseinandersetzen, wo wir hier eigentlich ausgestiegen sind.
Das allererste, was wir sehen, ist der Friedhof. Na, wie aufbauend. Nach der dritten Pfütze kann man meine Schuhe völlig vergessen, nach der achten Pfütze sind wir dann endlich da – und positiv überrascht. Das Hotel war nicht etwa nur so eine billige Absteige, sondern richtig toll. Ein Zimmer für vier Personen, ein großes Zimmer, auf die alte Art wiedererbaut, mit Holzbalken und Trockenblumen, mit einem Bad und einer Toilette, mit alten Türgriffen, mit einem suuuperbequemen Bett… Und das war erst das Zimmer! Unten, Foyer kann man das einfach nicht nennen, dafür war es zu gemütlich, war ein riesiger Kamin mit riesigem Holztisch und natürlich Gustafa, eine Katze, die den Vorteil hatte, so niedlich auszusehen, dass alle Gäste sie ständig knuddelten. Alles in allem macht das Hotel die beschwerliche Anreise 100%ig wieder wett und wer mal in der Nähe von Galiny ist, muss auf jeden Fall in diesem Hotel übernachten, das ist einfach der HAMMER!
Man sieht mal wieder so die anderen, die in anderen Teilen der Rzeczpospolita Polska wohnen und so wird das ein ganz lustiges Wiedersehen. Wir setzen uns alle in einen Stuhlkreis und erzählen, wie es uns so in dem ersten Monat ergangen ist.
Von vielen Problemen… – 6.11.2006
Heute sollen wir in Einzelgesprächen doch auch mal das Negative erzählen, nachdem gestern alles so positiv war. Ich lege endlich einmal unsere Wohnungssituation dar, weil es dort erhebliche Probleme gibt. Eine halbe Stunde rede ich auf Deutsch und auf Polnisch und danach ist alles geklärt. Auf eine bessere Zukunft! Eigentlich sollten diese ganzen Gespräche nur zwei Stunden dauern, aber bei 18 Leuten hatte sich da doch etwas aufgestaut und so machten wir erst am Abend damit weiter, weswegen wir eigentlich hier sind: mit dem Workshop Projekte schreiben. Wir fangen langsam an und suchen erst einmal Gründe, warum wir anderen Leuten Geld geben, wobei wir herausfinden wollen, aus welchen Gründen Sponsoren uns für unser Projekt Geld geben wollen.
…zu vielen Papieren… – 7.11.2006
Heute stehen Projekte auf dem Tagesplan, das heißt, dass wir Organisationen vorstellen, die Projekte unterstützen und vielleicht auch uns unterstützen können. Außerdem bekommen wir den Aufbau eines typischen Projektantrags gezeigt, der ja so ziemlich das Wichtigste ist, weil ohne ihn kein Projekt. Unser Tagesablauf sieht folgendermaßen aus: Morgens von 8 bis 9 Frühstück, danach von 9 bis 13 Uhr Arbeit, natürlich mit Kaffeepause, von 14.30 Uhr bis 18 Uhr wieder Arbeit und Schluss. Super, dass man den Abend frei hat! Ansonsten gestaltet sich das Ganze interessanter als erwartet, weil man das echt auch noch mal für später gebrauchen kann.
Mein Bett ist ja wirklich der Hammer: Zwar nur ein Kopfkissen, aber dennoch schläft man wie auf Wolken… Traumhaft!
…zu eigenen Projekten – 8.11.2006
Wir bilden Gruppen und arbeiten den ganzen Tag zusammen an einem Projekt. Ich arbeite mit einer Polin und zwei Russinnen an einer Restauration eines Denkmals in Goldap, welches verfallen ist, weil es von der lokalen Bevölkerung nicht wahrgenommen wird. Wir wollen das mit einem Hinweisschild und einem Flyer für die Touristeninformation ändern. Es macht Spaß, sich etwas in der Gruppe zu überlegen und gemeinsam an einer Idee zu basteln.
Auswertung – 9.11.2006
Die Hälfte des Tages schreiben wir noch an unseren Projekten, danach werden die ausgewertet, was in meiner Gruppe Olga übernimmt. Man sieht so auch die Projekte von den anderen, von Adventsbasteln bis Mauerrestaurierung ist alles dabei.
Meine Omi hatte gestern Geburtstag und ich habe es nicht vergessen, wozu hängt zu Hause in Olsztyn eine Geburtstagsliste über meinem Bett. Aber in Galiny, so schön es auch ist, hat man kein Netz, ist also am Ende der Welt, in the middle of nowhere. Das ist eben doof, wenn man von zu Hause weg ist und ich muss echt sagen, dass ich zum Anrufehasser geworden bin. Wenn ich die Stimmen höre, muss ich immer heulen, bei Briefen ist das nicht so. Bin eben nah am Wasser gebaut…
Was machen wir wohl heute? – 10.11.2006
So richtig hatte ich keinen Plan, was wohl heute wird und war dann doch überrascht, dass wir mit unserem Projekt in so fern weiter gemacht haben, dass wir heute Sponsoren suchen, via Internet. Ja, Internet gibt es hier, das kann man über die Telefonkabelbuchse quasi anzapfen. Wir reflektieren auch fleißig, wie uns das Ganze gefallen hat und bekommen eine Teilnehmerbescheinigung, dass wir bis zum Ende durchgehalten haben. Am Abend ist noch Grillen und das allabendliche vor dem Kamin und Gustafa streicheln, wie immer. So endet unser Seminar vom inhaltlichen her und ich stelle mich auf die letzte Nacht ein. Ich bin bei so was immer so sensibel, ach Gott, wenn das die letzte Nacht ist…
Koniec! – 11.11.2006
Heute ist der offizielle Schluss, das heisst, das wir Sachen packen, was bei mir gut funktioniert, weil ich EXTRA wenig mitgenommen habe! Schade, dass wir schon gehen müssen, das Hotel war echt klasse! Zuvor bekommen wir aber noch eine Führung, bei der sich herausstellt, dass Die Räume, in denen wir geschlafen haben, die Dienstbotenunterkünfte waren und das eigentliche Anwesen gerade restauriert wird. Heute noch verfallen, kann man sich gar nicht vorstellen, das hier mal eine Fußbodenheizung und ein Bridgeraum sein soll (Wer braucht denn bitte einen extra Raum zum Bridge spielen?) Wie teuer das Ganze ist, will er uns nicht verraten und ich glaube, eine Nacht würde mein gesamtes Jahresgehalt in Anspruch nehmen, deswegen bin ich froh, dass wir doch nur bei den Dienstboten geschlafen haben…
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