Wenn Schottland zur Heimat wird
Ein Vierteljahr Schottland hat bei Trine dazu geführt, dass sie sich nun zu Hause zu fühlen beginnt. Obwohl inzwischen von der Besetzung her in Braendam einige Veränderungen vonstatten gegangen sind und Umbaumaßnahmen noch im Gange sind.
Wow, nun ist tatsächlich schon 2005 und ich bin schon vier Monate in Schottland... Ich beginne, mich eingelebt zu haben. Es ist nicht mehr alles neu für mich. Dadurch ist zwar auch alles nicht mehr so beeindruckend, aber auf der anderen Seite fühle ich mich jetzt hier ein Stück zu Hause. Und das gibt mir so eine Wärme, die es mich aushalten lässt, von meinem Freund, meinen Freunden, meiner Familie getrennt zu sein.
Nun, mein letzter Bericht ist gut einen Monat her, also, was ist in der Zwischenzeit geschehen… Stays hatten wir seit dem nur einen, den über Weihnachten. Die Familien waren alle super lieb. Leider war die Zeit mit ihnen kürzer (sie waren nur sechs anstatt neun Tage hier), wodurch man nicht so wirklich tiefe Gespräche führte oder so... Aber es war trotzdem ein schöner Stay. Und vor allem war es, denk ich, ein super Weihnachten für die Familien, die ohne uns vermutlich Fish und Chips unterm Weihnachtsbaum gegessen hätten.
Durch Spenden haben wir Unmengen an Geschenken für die Familien gehabt. Meiner Meinung nach viel zu viele; besonders, weil einige von ihnen zu Haus auch noch Geschenke bekommen haben. Aber im Nachhinein denk ich einfach, dass wir ihnen durch den Rest des Weihnachtsfestes auch den symbolischen Charakter von Weihnachten näher gebracht haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die sich alle am Weihnachtsmorgen in den Arm genommen hätten, wenn wir nicht damit angefangen hätten. Und solch ein gutes Essen, dass sie hier bekommen haben, bei dem die ganze Familie zusammenkommt, hätten sie vermutlich auch nicht gehabt. Mir hat der Stay gefallen. Und nun freu ich mich darauf, Ende Januar endlich wieder Familien hier zu haben.
Derzeit haben wir nämlich eine einzige Baustelle hier in Braendam. Die haben das Badezimmer neben dem Wohnzimmer vergrößert, um es behindertengerecht einzurichten. Außerdem tauschen wir die Teppiche in einigen der Räume aus und streichen ganz viel. Nächste Woche kommt dann noch jemand, um den Holzfußboden neu aufzuarbeiten. Zwei Wochen werden wir also noch Arbeit rund ums Haus erledigen. Aber auch das macht mir Spaß: praktische, körperliche Arbeit. Bauen, streichen, polieren, was auch immer. Und es war geplant, dass das Haus leer ist. Insofern hat Brian auch eine Liste mit Jobs, die wir zu tun haben. Nicht so wie letztes Mal, als wir uns langweilten. Soviel zur Arbeit. Was ist sonst passiert...
Ich war mit Katarina kurz vor Weihnachten in St. Andrews am Meer (es war total schön, mal wieder am Strand spazieren zu gehen und Muscheln zu sammeln, auch wenn’s kalt war. Ich vermiss das Meer irgendwie) und in Edinburgh für ein Kabarett oder so. Das war eine mehr oder weniger unprofessionelle Show von mehrheitlich Studenten, die in ihrer Freizeit alle jonglieren, Akrobatik machen, singen, oder was auch immer. Nannte sich „Circus of Fools“ und war echt super nett. Nette Atmosphäre und nette Leute. Dort habe ich dann Mattias aus Schweden kennen gelernt. Ein Student, der in Edinburgh seit vier Jahren oder so lebt. Mit ihm hab ich mir dann ein bisschen gemailt und dann hat er mich zu Silvester nach Edinburgh eingeladen.
Also bin ich mit Nils recht spontan, am 31.12. nach Edinburgh gefahren und hab Silvester in einer WG aus lauter Verrückten gefeiert. War absolut lustig. Es waren zwar meist nie mehr als 20 Leute in der Wohnung, aber ich glaub im Endeffekt hab ich über 100 neue Leute gesehen, weil die immer rein und raus kamen und ständig wechselten. Um ein Uhr nachts sind wir noch in einen Club gegangen, aber das war mir zu elektronisch, was die an Musik gespielt haben, also sind wir wieder zurück gegangen.
Wir haben dann noch drei Tage in Edinburgh verbracht und sind dann am dritten Januar wieder nach Braendam zurückgefahren. Nils war insgesamt elf Tage hier (war total schön, ihn endlich wieder zu haben), von denen es, glaub ich, zehn Tage geregnet hat. Das Wetter war jetzt wirklich mal grausam, und es hat sich auch erst vor ein paar Tagen beruhigt.
Ich denke mal, viele von Euch haben von den Stürmen hier gehört. Wir haben zwar soweit keine Schäden davon getragen, aber eine Nacht war so stürmisch, dass Marcin in seinem Caravan fast seekrank geworden ist. Und geregnet hat es ohne Ende. In Calander hatten die einen Tag die Straße nach Norden sperren müssen, weil der Fluss bis an sie herankam, wodurch wir nicht mehr zu Tesco fahren konnten...
Na ja, aber seit ein, zwei Tagen ist es ruhiger und vor allem ist es super warm hier. Ich war die letzten beiden Tage in York für mein „Midterm-Training“ und dort hat es nachts gefroren. Als ich nun hier heute Morgen vor die Tür ging, war es da genauso warm wie im Haus, obwohl ich Kälte erwartet hab.
Nun ja, mein „Midterm-Training“: Das war eigentlich super nett. Erstmal ist York wunderhübsch und wir haben zum Glück etwas Zeit bekommen, uns umzuschauen, obwohl das nicht vorgesehen war. Und ja, das Training war auch echt nett. Wir haben die gleichen Leute getroffen, mit denen wir auch schon auf dem „On-Arrival-Training waren. Es war schön zu hören, was die alle so machen und wie sie sich so machen. Manche haben ihr Projekt gewechselt, einer ist sogar wieder nach Haus gefahren, weil’s ihm nicht gefiel. Na ja, und ich hab halt mal wieder festgestellt, wie glücklich ich mit meinem Projekt bin. Die Themen, die wir bearbeitet haben, waren zum einen, wie wir so zurechtkommen, was gut war und was nicht gut war und so. Und dann haben wir Informationen über leben, studieren und arbeiten in Groß-Britannien bekommen und zum Schluss noch einen Workshop zum Future Capital gemacht. Das war echt interessant, und ich denk, ich werd versuchen, diese Chance zu nutzen, irgendetwas Interessantes zu machen.
Ich glaub das war’s soweit erstmal wieder... Obwohl nein. Hier hat sich natürlich so Einiges geändert. Katarina ist kurz vor Neujahr abgereist und für sie ist am zweiten dann Lucia aus Italien gekommen. Super liebe Frau. Ende Februar verlassen uns dann auch Toni und Dawn, aber vorher heiraten sie hier noch am 26.02. – für sie kommt als Ersatz Till aus Deutschland. Da bin ich mal gespannt, wie er so ist...
Und da der Ersatz für Toni und Dawn halt männlich ist, muss er auch in den Raum, in dem die beiden derzeit sind, da er sich ja nicht den Raum mit Melis teilen kann. Na ja, und das bedeutet, dass ich nicht meinen Lieblingsraum bekommen werde. Dafür bin ich nun in Katarinas Raum umgezogen, habe nun also mein eigenes Reich. Das ist echt total angenehm und gibt einem noch mehr dieses „zu Hause“-Gefühl. Macht’s mal alle gut und haltet die Ohren steiff.
Ich lass bald wieder von mir hören!