Weihnachtszeit ist Reisezeit, Part 2
Wie ich Teil der Jury im Wettbewerb um die schoenste Weihnachtskrippe in Huila wurde
Alles begann damit, dass ich im Herbst eine andere Freiwillige in ihrem Projekt in Villa de Leyva besuchte. Sie arbeitet dort in einem Kloster namens "Ciudad de Dios", also Stadt Gottes, wo sie auch wohnt und wo wir sie getroffen haben. Generell gefallen mir Kirchen oder Kloster schon wegen ihrer einzigartigen Atmosphäre ziemlich gut, aber diese Ciudad de Dios stach darin noch besonders hervor. Ich fühlte mich so richtig wohl, geborgen, zu Hause. Ich bekam Lust, längere Zeit in einer derartigen Einrichtung zu verbringen. Daher nahm ich Kontakt zu den Nonnen auf und wurde nach einigem Hin und her sehr herzlich nach Ospina Perez eingeladen, einem mikroskopisch kleinen Dorf im Department Huila.
Die Anreise kam mir wie eine kleine Weltumrundung vor. Vom Terminal de Bogota nahm ich für 6 Stunden einen klapprigen Direktbus nach Neiva, der Landeshauptstadt, wo immer verlässliche 30 Grad aufwärts herrschen, auch als ich morgens um 6 Uhr dort ankam. Von dort stieg ich dann in einen noch klapprigen Sammelbus, einen colectivo,ein, der in ein etwa 40 Minuten entferntes Dorf namens Palermo fuhr, von wo ich daraufhin abermals eine Stunde in einem dreiraedrigen Mototaxi nach Ospina gebracht wurde. Dieser letzte Schritt war notwendig, weil es in diese Bergregion keine öffentlichen und regelmässigen Verkehrsmittel gibt und abgesehen vom Mototaxi nur die Chiva, ein bunter Bus, der aussieht wie ein Lastwagen, eine nennbare Option wäre. Da sie aber nur zwei Mal am Tag fährt, nämlich morgens aus Ospina raus und abends wieder zurück, fiel mir diese Möglichkeit auch weg.
So war ich also vergnügt in Ospina angekommen. Auf dem Weg passierten wir einen kleinen Fluss, der ganz regul#r und wie selbstvestaendlich über die Strasse floss. Das Dorf lag sehr versteckt zwischen dunkelgrün bewachsenen Kaffehügeln und der eng gewundenen carretera. Es gab 2 Lädeb, wo man, typisch fuer Kolumbien, alles bekommen konnte, von frischen Brötchen zu Schnürsenkeln zu einzelnen Tabletten fuer kleinere Beschwerden zu Schmuck fuer Haar, Pferd und Auto. Daneben gab es eine wirklich unverhaeltnismaessig grosse Kirche und noch eine handvoll Haeuser. Ringsherum lag der lichte Wald und einige Bananen-, Kaffee-, oder Yuccaplantagen. Die Haeuser, die sich dort, fern vom Dorf, zu kleinen Grueppchen zusammenrotten, nennt man vereda. Dazu spaeter mehr...
Die CdD lag in eben so einer vereda. Ein Fussweg von etwa 10 Minuten ueber einige Weiden verband sie mit dem Dorf. Sie hatte insgesamt eher weniger mit dem Kloster aus Villa de Leyva gemein, sondern aehnelte vielmehr meiner Fundacion in San Francisco. Wegen der Weihnachtsferien waren auch dort alle Kinder ausgeflogen und so war es dort ganz wunderbar still, ausser die Dorfkinder kamen taeglich vorbei.
Dort, in dieser schoenen, ruhigen und besinnlichen Macchu Picchu-Umgebung lernte ich Geminsa kennen, eine sehr nette ehemalige Nonne, und Herz der Fundacion. Zu zweit, begleitet von einigen Hunden, Katzen und Kuehen, und einer staendig wechselnder Besetzung an Besuch lebten wir am ruhigsten vorstellbaren Ort. Mit Anyela und Esperanza, zwei ehemaligen Bewohnerinnen der CdD hatten wir einige lustige Filmabende und Deutschlehrstunden. Der Besuch aus Neiva, Jon, Diana und Juan Pablo, blieb etwas laenger und zauberte uns ein koestliches Weihnachtsessen [Indien meets Medellin] und gemeinsam machten wir einen Tagesausflug in die Wüste"Desierto de Tatacoa". Auf der Ladeflaeche eines Pick-ups verbrachten wir die vierstündige Fahrt, vorbei an Ananas- und Wassermelonenfeldern. Angekommen mussten wir erstmal die Hängematten , dort wo wir zu Mittag gegessen hatten, Haengematten austesten,und nach einer ausgedehnten Siesta im Schatten der Hitze machten wir sogar noch einen kleines Ausritt auf geliehenen Pferden.
Was mich an der Wueste am meisten überraschte, war ihre Farbenfroehlichkeit. Es war wirkich bunt. Der Sand, der auf der einen Haelfte der Wueste von roter Farbe, auf der anderen von eher grauer Farbe war, das gedaempfte Gruen der zahlreichen Sukkulenten und Kakteen und der azurblaue Himmel...das war ein wahrer Augenschmaus.
Aber was habe ich dort eigendlich gemacht, wenn ich nicht am Reisen war? Die Antwort: Ich habe gegessen :D Die Ueberschrift deutet es ja an, aber ich muss wohl noch etwas weiter ausholen...
In Kolumbien gibt es eine besondere Weihnachtstradition, naemlich die Novena. Das ist eine Art Gottesdienst, der in Famile oder Gemeinschaft an den letzten neun Tagen vor dem 24. durchgefuehrt wird, mit eigenen Gebeten, Gesaengen und dem Brauch, das am Schluss etwas zu essen geteilt wird. Aber eine Novena braucht einen ganz besonderen Ort, wo sie abgehalten wird, und zwar die Krippe, das pesebere. Wer nun an eine kleine Holzhuette mit der Heiligen Familie darin denkt, der irrt sich. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine ganze Kripenlandschaft, die neben 50 gehueteten Schafffiguerchen und einem Fluss mit echtem Wasser auch gut und gerne bei der Tiermenge, die das Jesuskind bestaunt, einen Pinguin, einen Dinosaurier und ein Rennauto beinhalten kann, wie es bei uns in der Fundacion in San Francisco der Fall war.
Wie gesagt, jede Vereda hatte also eine Krippe aufgebaut, und der katholische Pastor, der Padre, zwei seiner Begleiter und ich, durften jeden Nachmittag zu verschiedenen Veredas gehen, dort die Novena abhalten und im Anschluss, die Weihnachtskrippe, die Gemeinschaft und das Essen bewerten. Eine interessante und koestliche Erfahrung. Vormittags war ich meistens auch mit der katholischen Dreierkombi unterwegs, und wir besuchten Menschen zu Hause, um sie zur nachmitaglichen Novena einzuladen, um ihre Haeuser zu segnen oder um mit ihnen ueber Gott zu sprechen. Klingt missionarisch, war es auch, und ehrlich gesagt hat mir das von allem am wenigsten gut gefallen. Das Schoenste war, dass wir manche Haueser erst richtig in den Bergen suchen und uns querfeldein einen Weg dorthin bahnen mussten, durch Palmenwaelder und Plantagen, weil dorthin keine Strassen fuehrten. Auch, dass manchmal echt gute Gespraeche beim Wandern oder Segnen rumgekommen sind hat mich sehr gefreut.
Wenn ich mit Geminsa und unserem Besuch unterwegs war, lernte ich immer viele neue nette Menschen kennen, die uns meist, gastfreundlich wie sie sind, zu sich nach Hause zum Mittagessen einluden und mit denen wir eine echt schoene Zeit verbrachten.
Die Weihnachtstage, also die offiziellen, naemlich den 24. und den 25. Dezember, verbrachten wir in der ruhigen Besinnlichkeit der CdD mit herrlich kitschigen Weihnachtsfilmen und jeder Menge Essen.
Einige Details, an die ich mich automatisch erinnere, wenn ich an dieses Weihnachten zurueckdenke, sind der Riesenmangobaum mit der Schaukel daran, die gemuetliche Kapelle oder auch die 30 Mueckenstiche, die ich in dieser Zeit angesammelt habe.
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