Von Sekt über Palinka bis Wein
Angefangen hat es Freitagabend mit weltbekanntem Sekt aus Pécs, weiter ging’s Samstagmorgen mit ungarischem Schnaps, der einem den Hals brennen lässt, bis zu(m) Wein(trauben) bei der Ernte Samstagvormittag. Somit hat Julia nun alle wichtigen alkoholischen Getränke Ungarns kennen gelernt. Nach diesem feuchtfröhlichen Wochenende startete der Ernst des Lebens wieder mit etwas Stress im Projekt.
Hallo alle miteinander, ich hab’s mal wieder ins Internet geschafft. Wir hatten echt die ganze Woche jeden Abend Programm und ich freue mich mittlerweile so darauf, endlich mal wieder zu Hause zu sein und nichts zu machen. Nun gut, heute Abend geht es noch zum Volunteersclub hier in Pécs und am Wochenende sind wir zum Essen eingeladen. Aber ansonsten freue ich mich auf ein bisschen Zeit nur für mich alleine. Aber jetzt der Reihe nach.
Letzten Freitagabend waren wir im Sektkeller von Pécs. Hier wird weltbekannter Sekt gemacht und das haben wir uns angesehen und danach haben wir verschiedenen Sekt probiert. War wirklich nicht schlecht. Da wir den aber auf leeren Magen getrunken haben, waren wir etwas lustig und ziemlich hungrig. Also haben wir beschlossen, in eine Galerie zu gehen, wo eine Ausstellung eröffnet wurde. Dort gab es nicht nur echt schöne Fotos und Bilder zu sehen, sondern obendrein noch ein bisschen was zu Essen und leckeren Wein. Danach war unser Hunger aber noch nicht gestillt, so dass wir noch in eine kleine Pizzeria eingekehrt sind. Dort war leider kein Tisch mehr frei, also wurde kurzerhand einer aufgebaut und zwar mitten im Gang, so dass die Kellner die Pizza und Spagetti immer über unsere Köpfe hinweg balancieren mussten. Aber, wie wir ja schon mal festgestellt haben, machen sich die Ungarn über solche Sachen keine Platte. Es war ein superschöner Abend und ich hab eine Menge neue ungarische Wörter gelernt.
Wir wollten uns dann mit ein paar Ungarn zum Kino verabreden. Ich hab die also gefragt, ob sie nicht mit ins Mizo kommen wollten. Aber sie haben mich nur verdattert angeguckt, bis mir jemand netterweise mal sagte, dass Mozi Kino heißt und Mizo eigentlich eine Milchfirma ist. Naja, das wäre sicherlich auch lustig geworden, aber der Kinobesuch am Sonntag war dann schon um einiges besser. Wir haben uns ‚Schultze gets the blues’ angesehen. Das ist ein deutscher Film mit ungarischen Untertiteln gewesen. War wirklich nicht schlecht, aber die deutschen Klischees wurden echt ausgebeutet. Naja, jetzt weiß ich wenigstens, warum alle Ausländer denken, dass wir alle Gartenzwerge im Garten stehen haben ;-)
Am Samstag waren wir noch zur Weinernte. Der Tag begann damit, dass wir überpünktlich(!) abgeholt worden sind. Man hatte uns gesagt, dass wir nicht frühstücken sollen, also hatten wir auch nichts gegessen. Wir fuhren dann ungefähr 30 Minuten und waren dann mitten in den Weinbergen auf einem kleinen Grundstück. Bevor es dann Frühstück gab, sollten wir erstmal mit Palinka anstoßen. Palinka ist ein typisch ungarischer Schnaps und verdammt stark. Den hatten wir in Hollókõ schon ausprobiert und den ganzen Abend brannte uns dann der Hals. Also haben wir dankend abgelehnt. Aber das hat die Ungarn nicht davon abgehalten, eben unsere Portion an Schnaps gleich mitzutrinken. Das schaffen auch wieder nur die Ungarn....
Das Frühstück war echt eines der besten Frühstücke, die ich je hatte. Ganz ungarisch natürlich. Es gab nur deftige Sachen - megalecker. dann hat uns die Mama von unserer Chefin, der das Grundstück gehört, noch ganz stolz ihre Paprika gezeigt, die im eigenen Garten wachsen, und die die leckersten von ganz Ungarn sind, und dass wir sie doch unbedingt probieren sollten. Da konnte auch ich nicht nein sagen. Und wer mich kennt, der weiß, dass ich Paprika eigentlich nicht ausstehen kann. Aber hey, was tut man nicht alles rein aus Höflichkeit. Letztlich muss ich sagen, dass die wirklich lecker waren und ich gleich zwei verdrückt habe. Das Ende vom Lied ist nun, dass wir einen ganzen Beutel voll Paprika zu Hause haben und es bald nichts anderes mehr gibt, wenn wir denn mal zu Hause sind.
Die Weinernte an sich war wirklich lustig. Auch wenn ab und zu auch mal der Finger unter dem Messer leiden musste. Die Weintrauben, die wir geerntet haben, waren megasüß, so dass die Hälfte sowieso gleich bei uns im Bauch landete. Die andere Hälfte wurde gleich zu Saft gemacht und in Fässer gefüllt, die dann in den eigenen Weinkeller kamen.
Den ganzen Tag lang hatte es genieselt und überhaupt war die Woche ganz schön verregnet, aber als wir dann nach Hause fuhren, riss plötzlich der Himmel auf und man konnte den Sonnenuntergang sehen. Das war echt ein schöner Abschluss für einen solch schönen Tag.
Abends waren wir dann noch im RAK: das ist der größte Club hier in Pécs. War superlustig, auch wenn es echt voll war und man kaum Platz zum Tanzen hatte. Den Leuten, die uns angequatscht haben, mussten wir leider eine Absage erteilen, weil wir kein Ungarisch verstanden. Auf der anderen Seite hatte man so immer einen guten Grund, nicht auf jedes Gespräch einzusteigen.
Die Woche nach dem Wochenende war dann wirklich anstrengend, weil wir jeden Tag was zu tun hatten. Pfadfinder aus Deutschland waren nämlich hier und für die haben wir gekocht. Das heißt eigentlich hat unsere Chefin Gitta den ersten Abend gekocht und wir den Zweiten, weil sie keine Zeit hatte, aber schon alle eingeladen waren. Also haben Jule und ich Langos gemacht. Echt ungarische Spezialität von den deutschen Freiwilligen. Dafür waren sie allerdings echt gut. Na ja, man kann eigentlich auch nicht so viel falsch machen. Anders ist das bei dem Apfelkuchen, den wir am Mittwoch noch fürs Tagesheim gebacken haben. Da hätte eine Menge schief gehen können, ist aber nicht und so haben wir recht viele Komplimente für unsere Backkünste bekommen. Das Rezept dafür stammt von meiner Uroma, wenn die jetzt wüsste, dass ihr Apfelkuchen in Ungarn ist.....
Heute war dann der erste Tag, an dem ich mein Projekt verfluchen wollte. Wir haben in den letzten Tagen echt viel gemacht und sind teilweise zwölf Stunden im Projekt geblieben und haben geholfen. Heute war es dann so, dass der Sportkurs, der in einer anderen Schule ist, ausgefallen ist. Wir sollten also ein bisschen Sport machen. Das wäre auch kein Problem gewesen, nur wussten wir nicht, dass wir dafür in die Schule fahren sollten. Das wurde uns dann so kurz vor Schluss gesagt und wir mussten praktisch alles stehen und liegen lassen. Das Schlimmste war noch, dass zwei der Betreuer dort uns noch ausgelacht haben, als wir dann echt im Stress waren. Dann sind wir also los, kamen in der Sporthalle an und merkten, dass sich die anderen Betreuer einfach so verdrückt haben, weil sie einfach früher aus dem Bus ausgestiegen sind. Das ist echt unglaublich. Also standen wir zwei Freiwillige dann mit zehn Behinderten da, die eigentlich alle Einzelbetreuung brauchen, und sollten mit denen eine Stunde Sport machen. Das auf die Beine zu stellen, war eigentlich nicht schwer, weil wir ja kreativ sind ;-), aber wir haben uns so überlegt, dass, wenn was passiert, dann haben wir keine Ahnung, was wir tun sollen. Wir kennen die Leute nicht richtig, wir sprechen kein Ungarisch, wissen nicht, wen wir anrufen sollen, aber wir haben erstmal die Verantwortung für zehn Behinderte. Das hat uns schon ganz schön geschockt. Da war ich echt glücklich, dass heute ein Päckchen von Zuhause ankam, in dem unter anderem auch Milkaschokolade war. Also reine Nervennahrung, denn ohne die hätte ich das nicht überstanden.
Dann werden normalerweise alle vom Sportkurs abgeholt. Das hat auch geklappt, aber was, wenn nicht? Die übergeben uns hier eine Verantwortung, die wir eigentlich echt nicht tragen können, weil wir dazu in keiner Weise qualifiziert sind. Und ich denke, dass wir da auch noch etwas sagen werden, denn das wollen wir nicht wirklich. Vor allem, dass wir Überstunden schieben dürfen und die anderen Betreuer sich einen schönen Nachmittag machen. Na ja, wir werden sehen.....
Das hat man nun davon, wenn man zu jeder Aufgabe, die man bekommt, ja sagt. Wahrscheinlich müssen wir das echt machen, dass wir manche Aufgaben einfach nicht auf unsere Schultern nehmen, weil es dann auch einfach zu viel für uns wird. Na ja, aus Erfahrung lernt man....
Also dann, ich werd mich dann mal nach Hause machen und mein freies Wochenende genießen, denn das nächste sind wir schon wieder in Budapest. Bis dahin.
Love Julia