Von deinem Seelenfrieden...
... und dem, was ein Jahr umringt von Mauern, zwischen Checkpoints unter Besatzung in Palästina mit sich brachte.
Ich, ich bin das Kind, das dir schlaflose Nächte bereitet.
Dem du alles versprechen würdest, würde es doch bloß zuhause bleiben.
Ich bin die Schwester, die an deinem Geburtstag fehlt und gelegentlich über FaceTime anruft,
so weit weg als wäre sie bloß eine Ausgeburt deiner Fantasie.
Ich bin die Tochter, die eines Tages mit einem Lächeln auf den Lippen verschwindet.
Die Tochter, die dich aus deiner Komfortzone zwingt und alles, was du je zu wissen glaubtest in Frage stellst.
Ich bin die Freundin, die all diese komplizierten Dinge über Politik weiß, die du nicht ganz verstehen magst und deren Lebenszeichen mehr beunruhigen, als erleichtern.
Die Freundin, deren andere Freunde in Camps leben, Steine werfen und im Gefängnis saßen.
Ich bin das Mädchen, von dem du dir sicher bist, dass es es mal weit bringen wird, aber lieber beim Kaffeeklatsch über ihre beeindruckenden Fotos redest, als dich ernsthaft mit dem auseinanderzusetzen, was sie zu sagen hat.
Ich bin die, von der du nicht genau weißt, wo sie eigentlich ist, aber dir sicher bist, dass sie in Gefahr ist.
Die, der man lieber einmal mehr besorgt sagt, sie solle auf sich aufpassen.
Ich bin die, die es hasst über sich selbst zu schreiben und ihren E-Mail Verteiler allein dafür nutzt über das Unrecht eines Krieges zu schreiben, den du nicht verstehen willst.
Die, die dir mit ihren Nachrichten den schönsten Sommertag vermiest.
Ich, ich bin das Mädchen, das statt Blumen Tränengasgranaten auf dem Fensterbrett stehen hat.
Die, die in dem Land lebt, von dem sie sagen, dass es nicht existiert.
Ich bin die, die bei den Terroristen lebt und behauptet sie wären keine.
Ich bin die, mit dem verschleierten Gesicht auf ihrem Facebookprofilbild, das dich sorgsam stimmt und du überlegst, ob sie jetzt wohl auch "so eine" ist.
Die, von der du denkst sie spräche die Sprache aller Muslime und Araber dieser Welt.
Ich bin die Ausländerin, deren von der Sonne gebleichten Haare dir keine andere Wahl lassen, als sie unangebracht lange anzustarren und ihr hinterherzupfeifen.
Ich bin die Ajnabiyye, deren Lippen deine Worte formen, als wären es die ihrigen.
Ich bin die, die es wagt, dir, dem uniformierten Helden deines von Gott geschenkten Landes nichts, als Verachtung zu schenken und die Lügnerin, die deine Fragen mit mit einem Schulterzucken abtut.
Und ich bin die, die sich im selben Moment vor Angst vor all dem was du mir nehmen könntest fast in die Hose macht.
Ich bin die Unnachgiebige, die du mangels Argumenten anschreist.
Das 18-jährige Mädchen, dem du drohst.
Und ich bin die Frau, die dich -sobald du außer Sichtweite bist- unter Tränen der Angst verflucht.
Ich bin die, die jedes ihrer nichts als Leid bringenden Geschosse am Ton unterscheiden kann und bei jedem Feuerwerk den Atem anhält.
Ich bin die Demonstrantin, die nicht schnell genug rennt und die blinde, nach Luft ringende Ausländerin mitten im Tränengas.
Ich bin die Köchin, die kein Nudelsieb besitzt, weil sie lieber stundenlang Weinblätter rollt.
Die Frau, deren Kurven von Olivenöl und Kichererbsen stammen, statt von Gummibärchen und Schokolade.
Ich bin die Müde, die nachts aus Sorge um ihre Lieben kein Auge zumacht und die Unausgeschlafene, die sie jeden Sonntagmorgen mit ihren Kampfjets wecken, wenn sie sich doch eigentlich nichts mehr wünscht, als bei Hummus und Kaffee Fairouz zu lauschen.
Ich bin die Klavierspielerin, deren Finger sich danach sehnen wieder über die Tastatur zu fliegen, doch bloß rastlos über die des Laptops huschen, in der Hoffnung auch nur ein einziger Mensch würde lesen, was sie zu sagen hat.
Die Schriftstellerin, deren bewegende Worte man aus Selbstschutz lieber schnell wieder vergisst.
Ich bin die Frau, die andauernd diese ungehörigen Dinge schreibt, die so gar nicht mit dem übereinstimmen, was man zuhause sagt.
Die Frau, von der du weißt, dass sie etwas zu sagen hat und die, der du kein Gehör schenkst, weil taub sein deinen Seelenfrieden wahrt.
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